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Suesse Versuchung

Suesse Versuchung

Titel: Suesse Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Vera
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fand er die Fensternische bereits von einer jungen Frau besetzt, die
    mit gesenktem Kopf und mit dem Rücken zum Raum am Fensterbrett lehnte und
    abwechselnd an ihrem Fächer und ihrem Ridikül herumzupfte. Edward wollte schon
    kehrtmachen und sich ein anderes Versteck suchen, als sie den Kopf wandte, und er ihr
    Profil sah.
    Für einige Augenblicke stand er starr vor Verblüffung da, dann stieg eine
    unerwartete, heftige Freude in ihm hoch, und er machte zwei schnelle Schritte auf das
    Mädchen zu. Sie hörte ihn kommen, drehte sich hastig weg und gab vor, aus dem
    Fenster zu sehen.
    Er blieb dicht hinter ihr stehen. „Einen wunderschönen Abend, Bengelchen.“
    Sie fuhr herum. Weitgeöffnete Augen, volle, zu einem Ohhh geformte Lippen. „Sie
    …“ Ihre Stimme erstarb.
    „Ja, ich. Der dreckige Sassenach “, fügte er hilfreich hinzu. Er war nicht dazu
    gekommen, sich in den vergangenen Tagen nach seiner neuen Bekannten umzuhören
    oder sich auf die Suche nach ihr zu begeben, da er sich um Familienangelegenheiten
    hatte kümmern müssen. Und nun stand sie vor ihm, und er konnte kaum den Blick von
    ihr lösen. Sie kämpfte sichtlich mit sich selbst, machte den Mund auf, klappte ihn
    wieder zu, während ihre Augen funkelten, aber dann wandte sie sich zu seiner
    Enttäuschung auf dem Absatz um, kroch unter den Pflanzenblättern durch und eilte
    davon.
    Oh nein, dieses Mal ließ er sie bestimmt nicht wieder verschwinden, ohne dass er
    wusste, wo er sie finden konnte. Edward schlenderte ihr unauffällig nach, bis er sie in
    der nächsten freien Fensternische gestellt hatte.
    Sie wollte abermals entwischen. Er trat einen Schritt näher, streifte leicht mit der
    Hand ihr Kleid – und zwar genau dort, wo sich unter den Röcken diese hinreißende
    Kehrseite befand – und hatte das Vergnügen, sie herumwirbeln zu sehen. Dabei
    verrutschte das Tuch über dem Dekolleté und gab ihm, bevor sie es hastig
    zurechtzupfte, eine recht unverhüllte Einsicht preis. Edwards Blick ruhte zuerst auf

    den vollen Hügeln, der tiefen Spalte und dann – mit Bedauern – wieder auf dem
    züchtigen Tuch. Jedenfalls hatte er recht gehabt. Sie war keine Bauerntochter. Und
    vermutlich hatte sie auch nichts mit den Leuten zu tun, die hauptsächlich des Nachts
    Marian Manor frequentierten. Was sie dort zu suchen gehabt hatte, würde er schon
    noch rausfinden.
    Seltsam war allerdings, dass dieses Mädchen bei diesem Fest so alleine in der Ecke
    stand. Als er in dem Alter dieser jungen Männer gewesen war, wäre sie genau
    diejenige gewesen, die er unter all den weiblichen Gästen herausgesucht hätte. Sie war
    zwar nicht gerade ein Ausbund an Eleganz, aber ihre Haltung, die Art, wie sie den
    Kopf drehte, wie ihre Augen funkelten, diese schnellen, temperamentvollen
    Bewegungen, die ihre Röcke zum Knistern und Rauschen brachten, waren wesentlich
    anziehender als die gekünstelte Anmut der anderen. Sie war auch nicht so blass. Man
    sah ihr an, dass sie sich viel in der frischen Luft aufhielt. Das war nun zwar auch nicht
    gerade das Merkmal einer jungen Dame, aber Edward gefiel es. Zumindest an ihr.
    „Hören Sie auf, mich so anzustarren und mich zu belästigen“, quetschte sie zwischen
    den Zähnen hervor.
    „Oh, das ist keine Belästigung! Das sei mir fern! So viel Mut brächte ich kein zweites
    Mal auf.“ Er rieb sich bedeutsam sein Kinn.
    Sie richtete drohend den Fächer auf ihn. „Bleiben Sie mir bloß vom Leib. Sonst …“
    „Sonst, was?“, fragte Edward, dabei interessiert den Fächer betrachtend. „Haben Sie
    einen Degen darin versteckt?“
    „Lassen Sie Ihre Hände dort, wo ich sie sehen kann“, zischte sie ihm aufgebracht zu.
    Edward hob beide Hände in Schulterhöhe. „So?“
    „Ja, und jetzt verschwinden Sie.“ Sie sah sich hektisch um, sich der Blicke mehrerer
    anderer Gäste bewusst, die sie beide neugierig beobachteten. „Lassen Sie mich in
    Ruhe. Sie machen meinen Ruf kaputt.“
    Edward war verblüfft. Diese Ansicht hatten bisher nur wenige Frauen geteilt. Im
    Gegenteil, die meisten Mütter und Töchter waren an diesem Abend sogar sehr
    engagiert gewesen, wenn es darum ging, seine Aufmerksamkeit zu erregen.
    „Sie sind ein Wüstling“, klärte seine kleine Schottin ihn auf. „Und ich kann es mir
    nicht leisten, mit einem solchen gesehen zu werden.“
    „Vielleicht habe ich mich Ihnen gegenüber tatsächlich nicht im besten Licht gezeigt,
    aber für einen Wüstling habe ich mich immer noch sehr moderat benommen, das kann
    ich Ihnen versichern.

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