Suesse Versuchung
ihr stand. Ausgerechnet bei einem Mann, der nichts anderes im Kopf hatte,
als an ihr herumzutätscheln und sie sogar mit einem Kuss zu erpressen.
Nein, nicht diese englischen Balltänze, meinte er ruhig. Einen schottischen Tanz.
Sophie blinzelte verwirrt. Ja, natürlich.
Weshalb tanzen Sie dann nicht, anstatt zu singen?
Sie sah ihn mit offenem Mund an. Ja
geht das denn?
Lady Summers würde ohnehin kaum etwas verstehen, wenn Sie singen. Und Ihrer
Cousine Augusta kann es schließlich gleichgültig sein, ob sie Sie zum Tanz oder zum
Gesang begleitet.
Aber dazu brauche ich zumindest eine zweite Person, die mit mir tanzt.
Die Sie hiermit vor sich sehen. Warten Sie, das haben wir gleich. Er wandte sich
um und setzte sein charmantestes Lächeln auf. Ladies und Gentlemen, wie mir Miss
Sophie soeben gestanden hat, ist sie heute leider stimmlich indisponiert. Deshalb habe
ich vorgeschlagen, dass sie stattdessen, um unsere verehrte Mrs. Summers, er
verneigte sich vor der alten Dame, die die Hand hinter das Ohr gelegt hatte und freudig
erregt herübersah, zu ehren, einen echten schottischen Tanz darbietet. Und ich habe
das Vergnügen, sie dabei begleiten zu dürfen.
Er verneigte sich leicht vor Sophie. Darf ich bitten?
Die anderen Gäste hatten die Tanzfläche geräumt, und Sophies Lippen zuckten, als er
sie weiter in die Mitte des Raumes führte. Indisponiert? Sagt man hierzulande so
dazu, wenn jemand schreit wie ein heiserer Esel?
Edward konnte nicht anders. Er warf den Kopf zurück und lachte. Dieser Abend
machte ihm wahrhaftig Spaß. Er fühlte sich wieder jung und übermütig, als wären die
vergangenen Jahre, James Tod und die Umstände, die dazu geführt hatten,
ausgelöscht. Er wischte sich noch die Lachtränen aus dem Augenwinkel, als Augusta
schon in die Tasten griff. Der Vehemenz nach zu urteilen war sie wütend. Aber das
war ihm im Moment gleichgültig. Er würde sich später opfern, mit Augusta tanzen und
sie beschwichtigen. Die Aussicht auf einen Kuss von Sophies Lippen war sogar das
wert.
Edward selbst beherrschte diese Tänze nur sehr vage. Aber auf ihn sah ab dem
Moment, in dem die Musik einsetzte und Sophie zu tanzen begann, ohnehin niemand
mehr. Er selbst vergaß fast die Tanzschritte, so groß war der Gegensatz zwischen jener
Sophie, die zuvor noch wie ein verschrecktes und gerupftes Huhn am Rand gesessen
hatte, und derjenigen, die tänzelte und sprang, sich drehte, sich wendete, mit roten
Wangen lachte, die Haare und die Röcke fliegen ließ und dabei stets eine Anmut und
fast königliche Haltung wahrte. Ein Blick in die Runde ließ ihn feststellen, dass zwar
ihre Tante und einige der verknöcherten Damen missbilligend dreinsahen, der Großteil
aber hingerissen war. Vor allem jener Teil, der aus den männlichen Gästen bestand.
Der letzte Takt verklang, Sophie blieb vor Edward stehen und sank in einen Knicks.
Dabei lachten ihre Augen zu ihm empor, dass seine Kehle eng wurde.
Sekundenlang war es still im Saal, aber dann hörte man die alte Mrs. Summers, die
sich erhoben hatte und auf den Stock gestützt auf Sophie zukam. Das Mädchen lief ihr
mit glühenden Wangen entgegen und fand sich in einer herzlichen Umarmung wieder.
Sehr schön, Kindchen. Sehr schön getanzt. In Mrs. Summers Stimme schwangen
Tränen mit. Ach ja, meine Jugend. Wie wäre mein verstorbener Gatte in diesem
Moment mit mir glücklich gewesen. Sie wandte sich an die anderen. Sie müssen
wissen, Mr. Summers war einer der besten Reeltänzer von ganz Schottland und
England zusammen. Was man, sagte sie in Edwards Richtung, von Ihnen leider
nicht behaupten kann, Edward. Aber Sie haben sich große Mühe gegeben, und ich
danke Ihnen für diesen Einfall. Sie haben ein sehr hübsches Paar abgegeben. Schade,
dass Sie keinen Kilt tragen, mein Junge. Edward lachte, und Lady Summers legte die
Hand auf Sophies Arm. So, und jetzt kommen Sie, Kindchen, erzählen Sie mir mehr
von Ihren Eltern und Ihrer Heimat. Und stören Sie sich nicht daran, dass ich nur die
Hälfte davon verstehe. Ihr Gesichtchen anzusehen macht alleine schon Freude.
Sophie begleitete die alte Dame zu ihrem Platz. Einmal wandte sie den Kopf, und als
ihr Blick den von Edward traf, strahlte sie so sehr, dass dieser unwillkürlich nach
seinem Kragen griff. Was hatte dieses Mädchen nur für Augen und für ein Lachen.
* * *
Und warum glaubst du, dass Lord Edward
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