Suesse Versuchung
kommen.
Womit genau erpresst er dich?, bohrte Sophie nach. Hat er etwa Wechsel deiner
Spielschulden?
Ja, er hat sie an sich gebracht, obwohl ich sie schon längst hätte bezahlen können.
Und er will der Polizei einen Hinweis geben, wenn ich nicht spure, sagt er.
Einen Hinweis. So. Sophies Augen blitzten. Der Mann war gewissenlos, das wusste
sie seit dem Gespräch im Obstgarten. Er sollte sich lieber vorsehen, dass niemand
anderer einen Hinweis über ihn gibt!
Vielleicht hätte sie sofort, nachdem sie Henry und Captain Hendricks belauscht hatte,
mit der Polizei sprechen sollen. Oder gleich mit Sir Winston. Aber da hatte sie noch
nicht gewusst, wie weit und weshalb Henry in der Sache steckte.
Sophie? Henrys drängende Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Sophie, du wirst
doch Mutter nichts sagen, nicht wahr?
Sophie schnaubte abfällig. Wofür hältst du mich? Hast du eigentlich von Anfang an
auch die Wagen mit dem Schmugglergut gefahren?, fiel ihr ein.
Nein, anfangs nicht. Da wollten sie nur, dass ich die Sachen für sie verkaufe.
Damals hat aber nicht Captain Hendricks dich angesprochen, oder?
Nein, das war ein anderer. Den ich nie wieder gesehen habe. Und dann war plötzlich
Hendricks mit von der Partie. Henry dachte nach. Er war es, der die Idee hatte, dass
ich auch mit den Wagen fahren sollte.
Natürlich, meinte Sophie erzürnt. Damit hatte er dich endgültig in der Hand!
Vorher hättest du behaupten können, dass du nicht weißt, dass das Zeugs von den
Schmugglern oder von Piraten stammte. Aber wenn du die Sachen auch noch in der
Gegend herumkutschierst
Sophie sah ihren Vetter kopfschüttelnd an. Du bist
wirklich dämlich, Henry.
Na hör mal!
Ach, sei still. Sie winkte ab. Ich muss nachdenken, überlegen, was wir tun
können, um dich von diesen Leuten loszueisen. Seltsamerweise fiel ihr in diesem
Zusammenhang an erster Stelle Lord Edward ein. Er wüsste sicherlich, was hier zu tun
war.
Henry lachte bitter auf. Loseisen? Glaubst du nicht, dass ich das nicht schon längst
getan hätte, wenn das so leicht wäre?
Das war, bevor ich davon gewusst habe, erklärte Sophie von oben herab. Sie hockte
sich mit unterschlagenen Beinen aufs Bett und stützte den Kopf in die Hand. Henrys
Blässe hatte sich ein wenig gelegt, und so etwas wie vorsichtige Hoffnung glänzte in
seinen Augen. Es war ihm deutlich anzusehen, wie froh er war, sein Problem und seine
Angst endlich mit jemandem teilen zu können.
Abgesehen davon, dass dich jetzt wahrscheinlich die Hälfte der Schmuggler kennt,
und Captain Hendricks ebenfalls gegen dich aussagen könnte, fing Sophie nach einer
Weile an, hat er sonst noch etwas gegen dich in der Hand?
Henry ließ den Kopf hängen. Da ist so ein Buch, in dem sie alle ihre Fässer und
Waren aufzeichnen, den Tag, an dem sie übernommen und an wen sie weitergeliefert
werden.
Das ist ja wie Vaters Buchhaltung, sagte Sophie verblüfft.
Ja, da hängen eine Menge Leute dran, erwiderte Henry. Fast klang etwas Stolz in
seinen Worten mit. Ich bin nicht der Einzige, den sie erpressen. Und es gibt
verschiedene Banden, die zusammenarbeiten und die diese Bücher kontrollieren. Auf
die Art wollen sie verhindern, dass einer den anderen betrügt.
Und da hast du unterschrieben? Sophie klang abfällig.
Nein. Aber mein Name steht bestimmt drinnen, jammerte Henry. Und dann gibt es
ja noch die Schuldscheine, die Captain Hendricks aufgekauft hat.
Sophie maß ihn mit einem sprechenden Blick. Wir müssen also zuerst diese
Schuldscheine in die Hand kriegen!, stellte sie dann fest. Und auch noch das Buch.
Sie sah ihn nachdenklich an. Vielleicht sollten wir doch die Polizei informieren.
Henry erbleichte. Das geht nicht! Dann kommt doch alles heraus! Er fuhr sich
verzweifelt durch die Haare, bis sie nach allen Seiten standen. Was würde Mama
dazu sagen? Sie würde sich zu Tode kränken!
Sophie dachte nach. Sie mochte ihre Tante zwar nicht, aber sie wollte weder ihr noch
Henry schaden. Dann, sagte sie entschlossen, müssen wir selbst etwas tun, um dich
da rauszukriegen.
9. K APITEL
In den nächsten Tagen versuchte Sophie, Henry nicht nur Mut zuzusprechen, sondern
ihn auch dazu zu bewegen, sich gegen Jonathan Hendricks aufzulehnen. Er wurde
jedoch nicht mutiger, sondern immer verzagter, und am Ende verbot er ihr sogar, das
Thema
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