Sueße Versuchung
sein, aber ich bin noch so verwirrt. Ich bin Ihnen selbstverständlich sehr dankbar, dass Sie mich gerettet haben, auch wenn es mir sehr überzogen erscheint, mich deshalb gleich als Ihre Verlobte auszugeben.«
»Sie scheinen die Vorstellung, mich gegen Ihren Verlobten in Schottland einzutauschen, nicht zu goutieren.« Ein schwer zu deutender Blick traf sie. »Glauben Sie mir, ich bin selbst verwundert darüber, wie sich die Dinge in der letzten Zeit entwickelt haben. Äußerst verwundert sogar«, fügte er gedankenvoll hinzu.
Ihr Verlobter in Schottland! Phaelas hätte der Schlag getroffen, sie in solch einer Situation zu sehen, und er hätte ihr bestimmt in dieser besserwisserischen, schulmeisterlichen Art Vorhaltungen gemacht. Sie schauderte.
Eine Weile war es still zwischen ihnen, dann meinte Sophie nach tiefgründiger Überlegung: »Es tut mir nur leid, dass ich Captain Hendricks keine ins Gesicht gepflanzt habe.«
Von Edwards Seite kam ein unterdrücktes Geräusch. »Wie viele Brüder haben Sie eigentlich, Sophie?«
»Drei. Weshalb?«
»Nur so.« Seine Stimme klang belegt.
»Um Himmels willen!« Sophie sprang fast vom Sitz hoch, als ihr etwas einfiel. »Wir haben Henry vergessen!«
»Henry? Sollten Sie etwa Ihren Vetter meinen?«
»Ja! Natürlich!«
»Der ist mir allerdings nicht mehr aufgefallen. Ich nehme an, er hat sich davongemacht, als er meiner ansichtig wurde. Und nicht ganz zu Unrecht. Ich denke aber nicht, dass Sie sich um ihn sorgen müssen. Er ist zweifellos in der Lage, allein heimzufinden. Außerdem hat er ja seine Kutsche.«
»Aber die Schuldscheine!«, rief Sophie aus. »Wir müssen zurück, um die Schuldscheine zu holen!« Lord Edwards verständnislos zusammengezogene Augenbrauen ließen sie hinzufügen: »Deshalb war ich doch dort und habe mitgemacht.
Captain Hendricks hat versprochen, mir Henrys Schuldscheine auszuhändigen, wenn ich mitspiele und eine Person erkenne!« Er hatte sie zwar betrogen, aber Sophie gedachte nicht, ihn damit davonkommen zu lassen.
»Und Sie glauben wirklich, Jonathan Hendricks würde darauf eingehen? Außerdem sollte sich Ihr Vetter selbst um seine Schuldscheine kümmern.«
»Wenn er dazu nicht zu dumm wäre, hätte ich doch erst gar nicht hingehen müssen«, versuchte Sophie das ja ohnehin so Offensichtliche zu erklären.
»Vergessen Sie diese Sache. Hendricks lässt Ihren Vetter sicher nicht so einfach davonkommen. Er wollte Sie reinlegen, hat mit Ihnen gespielt, und es ist ihm auch gelungen. Das sollte Ihnen eine Lehre sein. Gewarnt hatte ich Sie ja schon oft genug vor Ihren … hm … unbedachten Ausflügen, welcher Art auch immer.«
Sophie war ehrlich genug, ihm bis zu einem gewissen Grad zuzustimmen. Dennoch konnte sie nicht akzeptieren, dass Hendricks so einfach davonkommen sollte. Aber das war vielleicht kein Thema, über das sie mit einem Mann diskutieren sollte, von dem sie noch gar nicht wusste, inwieweit er selbst in diese ganze Sache verstrickt war. Was allerdings jetzt gelöst werden musste, war die Frage dieser Verlobung. Sie wechselte den Platz und setzte sich neben Lord Edward. »Aber was die Verlobung betrifft …«
Er hob abwehrend die Hand. »Nein, Sophie. Heute kein
Aber
mehr. Ich bringe Sie nun heim. Und jetzt lassen Sie bitte meinen Ärmel los.«
»Trotzdem, irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass es sehr liebenswürdig, aber auch voreilig war, gleich ein Verlöbnis zu erfinden. Ich weiß jetzt wirklich nicht, wie wir da wieder rauskommen. Vielleicht, wenn wir sagen …«
»Sophie, mein Kragen ist nichts, woran man zerren sollte.«
»Na schön, aber …«
Die nächsten paar Meilen unterhielt Sophie sich selbst und Lord Edward mit den haarsträubendsten Begründungen, die sie angeblich zu Captain Hendricks Fest geführt hätten. Das ging so lange, bis Edward, der jeden einzelnen davon als unzureichend oder absurd abgetan hatte, sich zum Zeichen, dass er dieses Thema als beendet ansah, zurücklehnte.
Sophie konnte viel ertragen, aber sie hasste es, wenn man sie ignorierte! Sie begann vehement an Edwards Rock zu zupfen, ihn schließlich am Arm zu packen und zu schütteln, aber die einzige Reaktion war, dass er aufstand und sich ihr gegenüber auf der anderen Bank niederließ und demonstrativ die Augen schloss. Erst daheim angekommen schien er wieder aufzuwachen und begleitete sie sogar ins Haus – Lady Elisabeth und Augusta waren gottlob schon zu Bett – um sich dann mit spöttischer Höflichkeit zu verabschieden
Weitere Kostenlose Bücher