Suesser Als Blut
sich in gegelten Spitzen ihr weißblondes Haar erhob. Sie trug ein rosa Seidennegligé und eine Rubinkette, deren Steine sich wie dicke Blutstropfen in ihren tiefen Ausschnitt ergossen.
»Du hattest recht, sie war’s.« Mick drückte sich an mir vorbei und setzte sich ans Fußende von Fionas Diwan. »Und sie ist ziemlich geladen.«
Fiona streckte eine rosabehandschuhte Hand aus und drückte Micks Schulter. Sie war perfekt geschminkt, doch konnte ihr Make-up weder die schwarzen Schatten unter ihren Augen verbergen, noch die hässlichen roten Adern, die sich wie ein Netz über ihre Brust zogen. Sie wirkte zart und verletzlich, so gar nicht wie ein kaltblütige Mörderin.
Ich ging mit langen, zornigen Schritten über den dicken rosa Teppich zu ihr hin und blieb dicht vor Micks Fußspitzen stehen. Mick zog hastig die Plüschfüßchen zurück.
»Würden Sie mir vielleicht erklären, wieso Sie mir diese Wiedergänger geschickt haben?«
»Ms Taylor« – Fionas Hand zuckte krampfhaft und krallte sich in Micks sommersprossigen Arm – »ich sehe manchmal äußerst verstörende Dinge. Und dann kann ich nicht anders, als zu versuchen, den Lauf der Ereignisse zu ändern.« Auf ihrer Stirn bildeten sich feine Schweißtropfen.
»Na, ich bin auch ganz schön verstört , aber nicht über irgendwas, das in der Zukunft liegt, sondern über das, was gestern Nacht tatsächlich passiert ist!« Ich beugte mich über sie. »Los, nun reden Sie schon. Oder ich sehe mich gezwungen, alles der Polizei zu erzählen!«
»Sag ihr lieber, was sie wissen will«, sagte Mick und tätschelte ihre behandschuhte Hand. Er warf mir einen halb trotzigen, halb ängstlichen Blick zu. »Dann lässt sie uns vielleicht in Ruhe.«
Fiona holte zittrig Atem. »Fragen Sie mich, Ms Taylor.«
Ich richtete mich wieder auf. »Erzählen Sie mir von Melissa und von diesem Zauber, hinter dem alle her sind und an dem sie angeblich gestorben sein soll.«
»Melissa war Declans kleine Spionin. Mit ihrer Hilfe konnte er die anderen Clanoberhäupter im Auge behalten. Und nachdem sie von diesem Zauber hatte reden hören, wollte er natürlich, dass sie mehr darüber herausfand.« Ihre Hand zitterte. »Aber sie wurde zu ehrgeizig und hat Informationen vor uns zurückgehalten. Und dann wurde sie umgebracht. Ihre Mutter fand sie, und sie hat natürlich die Polizei gerufen und nicht uns. Daher hatten wir keinen Zugang zu ihrer Leiche. Declan hat Bobbys Erinnerungen durchforscht und rausgefunden, dass Melissa den Zauber gefunden hatte. Aber das war alles, was Bobby wusste.«
Ich ging zur Frisierkommode und nahm eine vergoldete Bürste zur Hand. »Dann war Alan Hinkleys Geschichte, Melissa sei durch Magie getötet worden, also nur ein Vorwand, um mich dazu zu kriegen, mir ihre Leiche anzuschauen und nach dem Zauber zu suchen?«
»Wir nahmen an, dass man ihr den Zauber gegeben hatte.« Sie ließ ihre Bürste nicht aus den Augen. »Aber wir waren nicht sicher, wie.«
Ich legte die Bürste wieder zurück. »Was ist das für ein Zauber? Was bewirkt er?«
»Weiß ich nicht.«
»Kommen Sie, Fiona«, sagte ich skeptisch, »Declan muss Ihnen doch irgendwas erzählt haben.«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht. Ich erinnere mich nicht.« Sie hörte sich an, als ob sie uralt und todmüde wäre. »Es fällt mir schwer, Dinge im Kopf zu behalten. Zu unterscheiden, was meine Erinnerungen und was die von Fremden sind. Manchmal liegt alles, was ich sehe , in der Zukunft. Diese Gabe ist sowohl Fluch als auch Segen.« Sie runzelte ihre weißblonden
Brauen. »Selbst wenn ich wusste, was der Zauber bewirkt – es ist mir entglitten.«
Mick tätschelte ihre Hand.
Ich trat hinter den Diwan und zog einen Vorhang beiseite. Ich hatte recht gehabt. Es waren keine Fenster dahinter. »Was haben Sie gesehen , als Sie mich berührten?«
Sie verdrehte den Kopf, versuchte, mir ins Gesicht zu schauen. »Ohne Declan könnte ich meine Gabe niemals unter Kontrolle halten, Ms Taylor. Weder Patrick noch Seamus sind stark genug, um mir zu helfen. Ich würde in kürzester Zeit dem Wahnsinn verfallen.« Sie ließ sich erschöpft auf den Diwan zurücksinken. »Als ich Sie berührte, sah ich, dass Declan ihretwegen sterben müsste. Das konnte und kann ich nicht zulassen.«
»Sie fanden also, dass es besser sei, wenn ich sterbe.«
»Das dürfen Sie nicht persönlich nehmen.«
»Ach nein!« Mir riss der Geduldsfaden. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr mich das tröstet!« Ich war mit wenigen
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