Suesser Als Blut
keuchte er mit geschlossenen Augen.
Ich packte sein Horn, und er stöhnte. Lust oder Schmerz? Ich hatte keine Ahnung.
»Schnell.«
Ich biss die Zähne zusammen und schlitzte mir den Unterarm auf, vom Ellbogen bis zum Handgelenk. Seltsamerweise tat es überhaupt nicht weh.
Ich schaute meinen Arm an. Blut quoll träge aus dem langen Schnitt hervor.
Mein Hüfttattoo begann zu pochen wie ein zweites Herz. Ich sog den süßen Duft des Bluts mit bebenden Nüstern ein. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Der Drang, mit dem Arm über das Tattoo zu wischen, war so stark, dass es mir nur mühsam gelang, mich zu beherrschen. Ich schaute Finn an, die Wunden auf seiner Brust. Gott, ich hätte ein Pferd verschlingen können.
Aber ein Satyr tat’s auch.
Und dieser Satyr konnte sich nicht von der Stelle rühren.
Ich grinste hämisch.
»Bist du fertig?«, flüsterte Finn.
Ich stolperte einen Schritt zurück, entsetzt über das, was ich fast getan hätte.
»Gen?« Sein Horn zog sich in seine Stirn zurück. »Was ist?«
»Nichts.« Ich schaute zu Boden, um mein Gesicht vor ihm zu verbergen, und auch den Hunger, der mir bestimmt anzusehen war. Ich streckte meinen Arm aus und drückte auf den Schnitt, sah zu, wie das Blut auf den Boden tropfte und dort eine Pfütze in der Größe einer Teetasse bildete.
»Gen, erst kommt das Ritual.«
»Das mache ich nicht«, murmelte ich.
»Du musst. Ohne mein Blut funktioniert’s nicht.«
»Doch. Mir ist was anderes eingefallen. Da ist noch jemand,
den ich rufen kann. Jemand, der uns besser helfen kann als Helen.«
»Aber du musst Helen aufsuchen. Du musst zur Polizei.«
»Ich weiß, aber die müssen sich nach den menschlichen Gesetzen richten, Finn. Wir dagegen sind Fae. Die Gesetze der Menschen gelten nicht für uns, nicht in diesem Fall.«
»Sie würde trotzdem kommen«, sagte er voller Zuversicht. »Sie würde mich nicht im Stich lassen.«
»Finn, kapierst du denn nicht? Helen ist Polizistin . Sie muss sich an die Regeln halten, ob sie will oder nicht.« Du siehst ja, was sie mir bereits angetan hat , hätte ich am liebsten gebrüllt, aber ich ließ es bleiben. Geduldig fuhr ich fort: »Die Vamps haben sich, genau genommen, noch nicht strafbar gemacht. Sie kann sich also nicht gewaltsam Zugang verschaffen. Und sie wird den Teufel tun und einen Krieg mit den Vamps anfangen, schon gar nicht aufgrund von Anschuldigungen, die von mir stammen. Und selbst wenn es ihr gelingen sollte, sich doch irgendwie Zugang zu verschaffen, dann wäre es längst zu spät. Zu spät für dich, Finn. Tut mir leid, mein Freund, aber das ist mir zu riskant.«
Er wandte den Kopf ab.
Die Blutpfütze hatte die Ausmaße eines Frühstückstellers.
»Du willst zu diesem Blutsauger, stimmt’s? Zu dem von gestern Abend.«
Und wenn es nicht funktioniert?
» Gen, du musst das nicht tun. Komm, trink mein Blut, und geh zu Helen. Sie wird kommen. Das weiß ich.«
Ich schaute Finn an: gefesselt, alle viere von sich gestreckt. Nein, ich durfte mich ihm nicht nähern. Und zubeißen kam überhaupt nicht infrage. Wenn ich nun in einen Blutrausch verfiel und nicht mehr aufhören konnte?
»Ich dachte, du wärst tot«, flüsterte Finn. »Ich dachte, sie hätten dich umgebracht. Ich wusste nicht, dass eine Sidhe eine solche Eiseninjektion überhaupt überleben kann.«
Mein Herz flatterte. Ohne zu überlegen antwortete ich: »Es ist der menschliche Anteil in meinem Blut.«
Sein Kopf fuhr herum. »Du hast keinen menschlichen Anteil, Gen. Sieh doch nur deine Augen an.«
»Meine Mutter war eine Sidhe, mein Vater aber ein Mensch.« Zumindest früher einmal , fügte ich im Stillen hinzu.
»Dann wärst du Faeling.«
»Bin ich nicht.«
Er schwieg. Dann sagte er: »Sie haben dich reingebracht und angefangen, dich auszusaugen. Sie hat mich gezwungen, dabei zuzuschauen …«
Ich starrte ihn entsetzt an. Mir kam ein fürchterlicher Gedanke. Er hatte doch nicht? Nein, unmöglich. »Was hast du ihr versprochen?«, presste ich hervor.
»Ich durfte das nicht zulassen. Dass sie dir das antun«, murmelte er, und während er das sagte, musste ich an seine vorherigen Worte denken. Ich kann den Blutsauger nicht töten, ich hab’s schon versucht. Ich kann sie spüren, kann spüren, wie sie meine Magie aus mir rauszieht.
»Es ist nicht nur der Zauber, stimmt’s?«, flüsterte ich. Mir blieb fast das Herz stehen. Meine Haut war kalt und klamm vor Schock. »Du bist den Blutbund mit ihr eingegangen. Das ist der Grund, warum sie
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