Suesser Als Blut
sie hoffnungsvoll vor.
»Wozu dann der Rummel?«, brummte ich, »wenn man ihn doch bloß zu fragen braucht?«
Toni schnaubte. »Leonora ist scharf auf Finn. Und weil sie dich als Konkurrentin fürchtet, hat sie diese verquere Psychomasche mit dir abgezogen. Sie denkt, dass dich das mit der Sexwette abstößt. Womit sie ja auch Recht hat.«
»Verrückt.« All diese Manipulationen. Davon schien es jede Menge zu geben. Und das brachte mich wieder auf die Vampire, Bobbys selektives Erinnerungsvermögen und unseren Zwangsausflug in die kurze, gemeinsame Vergangenheit. Hatte er Melissa getötet, ohne sich daran erinnern zu können, weil sein Meister es nicht zuließ? Oder war es nur ihr Tod, den man aus seinem Gedächtnis gelöscht hatte? Spielte es überhaupt eine Rolle? Nun, vielleicht erfuhr ich ja mehr, wenn ich seinem Meister einen Besuch abstattete. Ich presste meine Hand auf mein wild pochendes Herz. Nichts bringt den Kreislauf besser in Schwung als die Aussicht auf einen Besuch bei einem der Oberhäupter der vier Blutclans von London. Vor allem, wenn man ohnehin schon unter G-Zav steht.
»Und noch was«, unterbrach Toni meine wandernden Gedanken, »Leonora glaubt, sie kann Finn dazu kriegen, mit ihr über den Besen zu springen.«
Die Bürotür schwang auf, und Constable Wischmopp kam hereinspaziert, noch immer dieses höhnische Grinsen auf dem Gesicht. Sie ging zunächst zum Wasserspender.
Ich sagte scharf: »Keine Chance!«
»Natürlich nicht.« Toni schnaubte. »Ich meine, da hab ich ja noch mehr Chancen, und ich bin vom anderen Ufer. Was ich noch fragen wollte, hat dich dieser Schreiberling, dieser Freund von Stella, erreicht?«
»Hm«, brummelte ich zerstreut.
Constable Wischmopp kam mit ihrem Pappbecher zu mir und stellte ihn auf Hughs Schreibtisch. Dann nahm sie einen seiner Riesenkulis und begann damit herumzuklicken.
Ich starrte den Wasserrand an, den ihr Becher auf Hughs makellosem Schreibtisch gemacht hatte.
»Hör zu!«, quiekte Toni, die jetzt so richtig in Fahrt zu geraten schien, »du errätst nie, wessen Vater der ist! Er ist der Daddy von diesem Vamp, der in allen Zeitungen steht!«
Ich nahm einen Papieruntersetzer aus Hughs rosa Ständer, ergriff ihren Becher und stellte ihn demonstrativ darauf. »Ja, Toni, ich weiß.«
Constable Wischmopp bedeutete mir mit Hughs Kuli, dass ich mich beeilen sollte.
»Das weißt du?!« Tonis Erregung war spürbar. »Und was wollte er von dir?«
»Nichts Besonderes.«
Die Polizeibeamtin warf demonstrativ einen Blick auf ihre Uhr.
»Komm schon, Genny«, bettelte Toni, »quäl mich nicht, du weißt, dass ich’s nicht aushalten kann, wenn ich nicht alles erfahre!«
»Ich erzähl’s dir morgen, Toni.« Ich zupfte mir einen Fussel von der Hose. »Ich hab hier was Wichtigeres zu tun.« Ich verabschiedete mich und ließ mein Handy in meine Tasche plumpsen. Dann lehnte ich mich zurück.
Constable Wischmopp warf den Kuli auf den Schreibtisch, wo er klappernd landete und noch ein Stück weiterschlitterte. »Auf ein Wort.«
Was hatte ich ihr bloß angetan, dass sie derart sauer auf mich war? Ich musterte sie gleichgültig. »Nur eins?«
Ihre Lippen verzerrten sich. »Bloß schade, dass dieser Vampir Sie nicht vollständig ausgesaugt hat«, fauchte sie.
»Wo wir so rüde unterbrochen worden sind?«, sagte ich freundlich. »Gut Ding will Weile haben.«
Sie verzog verächtlich das Gesicht. »Hugh ist ein prima Kerl.« Sie nahm ihren Becher. »Hilfsbereit, freundlich, gutmütig.« Sie kippte sich das Wasser in den Schlund, als ob es sich um einen Schnaps handelte. »Manchmal zu gutmütig. Und gewisse Leute nutzen das aus.«
Aha . Jetzt wusste ich, worauf sie damit hinauswollte. Ich lächelte, aber nur mit den Lippen. »Ach ja?«
» Sie wissen natürlich Bescheid über diese Kids, denen er hilft.« Sie zerknüllte den Becher in der Hand und warf ihn über die Schulter in einen Papierkorb.
Abermals sah ich etwas Rosarotes an ihrem Handgelenk aufblitzen, dann schob sich ihr Ärmel wieder darüber.
»Diese Straßenkids, Ausreißer und andere.« Sie strich mit ihren Wurstfingern über ihre Oberschenkel, zupfte an ihrer zu eng sitzenden Uniformhose herum. »Er versucht, sie vom Stehlen abzubringen, von den Drogen, vom Anschaffen, was weiß ich.«
Ich trommelte mit den Fingern auf die Lehne meines Stuhls.
»Ich weiß, dass Sie eine von denen sind und dass Hugh glaubt, er hätte Ihnen geholfen.« Hektische rote Flecken erschienen auf ihren Wangen. »Nicht
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