Suesser Als Blut
schnellste Lösung zu sein. Selbstverständlich habe ich Inspector Crane von meinen Sorgen in Kenntnis gesetzt.« Er wischte einen unsichtbaren Fussel von seinem Ärmel. »Aber unglücklicherweise ist die
Dame noch neu und unerfahren und außerdem höchstwahrscheinlich mehr daran interessiert, eine potenziell explosive Situation zu entschärfen, als die Wahrheit herauszufinden.
Explosiv war gut.
»Und was war mit diesem irren Franzosen, den Sie gestern Abend im Schlepptau hatten?«
»Eine Fehlkalkulation meinerseits.« Abermals zupfte er seine Manschetten zurecht, drehte einen herzförmigen Manschettenknopf richtig herum. »Westman ist zwar ein ausgezeichneter Anwalt, aber seit Louis und er sich, nun, ineinander verliebt haben, ist er nicht mehr ganz bei der Sache. Und was unseren ausländischen Gast betrifft: Sein Interesse an Inspector Crane hat mich ebenso überrascht wie alle anderen.« Er lächelte bedauernd. »Ich hoffe, dass dieser Vorfall unsere Beziehung nicht trübt.«
Ich verlagerte mein Gewicht auf mein anderes Bein, um meinen Wadenmuskeln eine Pause zu gönnen. Zwölf Zentimeter hohe Absätze sind nicht dazu geeignet, längere Zeit zu stehen. »Sie wissen doch hoffentlich, dass die Polizei keine Spuren von Magie an dem Mädchen gefunden hat, oder?«
»Nun, das hat Inspector Crane mir freundlicherweise mitgeteilt. Aber sie ist nicht nur ein Mitglied der Polizeikräfte, sie ist außerdem eine Hexe.«
Ja, ja, da waren wir wieder: die Vertrauensfrage.
»Selbst wenn ich diesen Zauber finden sollte«, begann ich, »ist es mir unmöglich festzustellen, von wem er stammt. Wie wollen Sie also einen weiteren Vorfall wie diesen verhindern?«
»Das Wichtigste ist erst mal, den Zauber zu finden, meine Liebe. Alles Weitere ergibt sich.«
Ich musterte ihn mit schmalen Augen. »Kannten Sie Melissa?«
»Sie hat hier gearbeitet.« Wieder diese teilnahmslose Miene. »Natürlich haben wir uns irgendwann einmal unterhalten.«
»Wussten Sie, dass sie Faeling war?«
»Wie gesagt, wir haben das eine oder andere Wort gewechselt, aber gekannt habe ich sie nicht.«
»Haben Sie sie getötet?«
»Nicht dass ich wüsste.«
Da blieb mir doch der Mund offen stehen. »Na, haben Sie oder haben Sie nicht?«
»Unglücklicherweise ist es immer möglich, dass ich durch ein unbedachtes Wort oder eine unbedachte Geste zu ihrem Tod beigetragen habe.« Er zuckte die Schultern. »Wie Sie sehen, ich bin ganz ehrlich.«
Ich fragte mich, wie ehrlich er tatsächlich war – auch wenn er nicht direkt log; alte Vampire wie er taten das nicht. Sie glauben noch an »Ehre« und den ganzen Unsinn. Aber selbst ich konnte Worte so hinbiegen, dass sie nicht gelogen, aber dennoch nicht die Wahrheit waren. Und der Earl hatte mir gut achthundert Jahre Gerissenheit voraus. Ich bezweifelte, dass seine Ehrlichkeit zu der Kategorie »Die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit« gehörte.
Ganz abgesehen davon, dass meine Bullshit-Antenne zuckte wie ein Vampirjunkie mit einer Überdosis.
Ich schürzte die Lippen. »Können Sie mir noch irgendetwas sagen, das mir behilflich sein könnte?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich denke nicht.«
Ich beugte mich vor und schaute ihm durchdringend in die Augen. In meinen hohen Absätzen war ich fast genauso groß wie er. »Nicht mal, welchen Vampir Sie im Verdacht haben?«
Er lächelte. »Ich habe nie behauptet, dass ich jemanden verdächtige, meine Liebe.«
»Brauchen Sie gar nicht.« Ich richtete mich wieder auf, beide Arme in die Seiten gestemmt. »Es ist kein Geheimnis, dass Mr. Hinkley glaubt, Melissa sei von einem anderen Vampir getötet worden. Ein Vampir, der Magie gebrauchte. Ebenso wenig ist es ein Geheimnis, dass er mich angeheuert hat. Sie haben soeben bestätigt, dass Sie seiner Meinung sind.«
Genauso wie Declan, als ich ihn im Bloody Shamrock besuchte. Offenbar glaubte niemand – außer der Polizei – daran, dass Melissa an etwas anderem gestorben war als an einer Art Zauber.
Ungeduldig mit dem Fuß wippend fuhr ich fort: »Dies ist der einzige Grund für unser kleines Tête-à-Tête. Hier kann sich keiner verstecken und uns heimlich belauschen. Und wenn Sie nicht mehr von mir wollen, als diesen Zauber für Sie zu finden, dann müssen Sie eine ziemlich gute Vorstellung davon haben, wer dahintersteckt.« Ich schürzte meine Lippen. »Mit Ihrer Einladung, mir Ihre Bronzesammlung zu zeigen, können Sie niemanden täuschen.«
»Obwohl sie tatsächlich ganz außergewöhnlich ist.« Er
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