Suesser Als Blut
handelt …
Der Earl drückte seine Hand ein wenig fester gegen meinen Rücken. »Ich würde Ihnen gerne unsere private Bar zeigen, meine Liebe. Ausschließlich für zahlende Mitglieder.« Er lächelte gewinnend. »Dieser Lift gestattet es unserer exklusiveren Klientel, das Gedränge zu vermeiden. Viel diskreter.«
Shit. Ich konnte nur hoffen, dass Katie mit ihrer Vermutung über den Grund für die Einladung Recht hatte und es wirklich nur um das ermordete Mädchen ging und nicht um mich persönlich. Ich holte tief Luft und betrat die kleine Metallbox. Der Boden sackte jäh ab, und mein Magen schloss sich an. Ich trat zur Seite, drückte mich an die Wand.
Der Earl stellte sich mir gegenüber, einen gelassenen Ausdruck in den azurblauen Augen. Die Tür glitt zu und schnitt den Lärm von draußen ab. Die Innenwände des Lifts bestanden aus einem dunkel gemusterten Metall wie ein altersfleckiger
Spiegel. Aus allen Richtungen starrten uns unsere Spiegelbilder entgegen, beobachteten uns in der unheimlichen Stille. Dann wurde mir klar, warum die Stille so unheimlich war: Der Earl atmete nicht; sein Herz schlug nicht. Es war fast so, als würde er nicht existieren. Mein eigenes Herz begann schneller zu schlagen. Brauchte er Blut? Musste er sich nähren? Ich warf einen verstohlenen Blick auf den offen stehenden Kragen seines Hemds, konnte aber nicht mehr erkennen als ein Stück bleicher Haut und dunkelblonde Brusthaare.
Er schmunzelte belustigt, als habe er meine Gedanken gelesen. Zum ersten Mal ließ er dabei seine Fangzähne aufblitzen. »Endlich allein, meine liebe Genevieve.« Er holte einen kleinen, zierlichen Schlüssel hervor, schob ihn in ein Loch in der Liftwand und drehte ihn um. Der Strom fiel aus, der Lift blieb stehen und die Notbeleuchtung ging an, eine einzelne Glühbirne, die schwach über unseren Köpfen leuchtete.
»So, nun können wir sicher sein, dass wir nicht gestört werden.«
Ich umklammerte die silberne Einladung, tippte mir damit ans Kinn, konzentrierte mich auf das leichte Brennen, das die Berührung verursachte. »Gibt es einen besonderen Grund dafür, warum wir nicht gestört werden sollen?« Mein Herz flatterte wie das eines erschreckten Kaninchens, aber wenigstens merkte man das meiner Stimme nicht an. »Oder ist das eine dumme Frage?«
»O bitte, seien Sie nicht beunruhigt, meine Liebe. Dies« – er breitete gleichsam entwaffnend die Arme aus – »ist lediglich eine Vorsichtsmaßnahme, um sicherzustellen, dass unser Gespräch unter uns bleibt.«
Ich musterte ihn mit verengten Augen, ließ mir seine Worte durch den Kopf gehen, versuchte meinen Puls zu beruhigen, was nicht leicht ist, wenn man G-Zav geschluckt hat. »Sie möchten nicht, dass sonst noch jemand von Ihrem Interesse an dem toten Mädchen erfährt?«
Seine Augen blitzten anerkennend auf. »Ganz recht – obwohl mein Interesse nicht dem Mädchen selbst gilt, sondern vielmehr der Art seines Todes.«
Da musst du dich schon hinten anstellen , hätte ich am liebsten gesagt.
»Wie gesagt, ich halte nichts von Lügen.« Er schaute mir offen in die Augen. »Das Mädchen ist durch irgendeinen Zauber gestorben. Dieser Vorfall ist ein eklatanter Versuch, unser öffentliches Ansehen zu beschmutzen.«
»Na, so schlimm kann’s nicht sein, wenn man bedenkt, dass die Leute nach wie vor in Scharen Ihren Club stürmen.«
»Ein einzelner Todesfall lässt sich noch als Unfall abtun«, sagte er mit einer wegwerfenden Geste, »aber ich habe Grund zu der Annahme, dass es kein Einzelfall bleiben wird.«
»Und was hat das mit mir zu tun?«
»Sie wollen sich später noch mit Mr. Hinkley im Polizeirevier treffen. Wenn alles gut geht, werden Sie die Leiche zu sehen bekommen. Ich möchte, dass Sie herausfinden, um welchen Zauber es sich handelt, und mir die Ergebnisse Ihrer Ermittlungen dann mitteilen.« Er rückte seine Manschetten zurecht. »Und bis dahin möchte ich, dass Sie ein paar Ermittlungen hier im Club durchführen. Mit Ihren Erfahrungen auf dem Gebiet der Magie sollte es eigentlich möglich sein, ein wenig Licht in diese Angelegenheit zu bringen.«
Ich versuchte gar nicht erst, ihm klarzumachen, dass ich kein Privatdetektiv war. Das wollte ohnehin keiner hören. »Ist das Ihre Art, mich anzuheuern?«
Er nickte. »Ich hätte Sie natürlich lieber offen kontaktiert, in Ihrem Büro bei Spellcrackers, aber angesichts der Tatsache, dass die Beziehungen zwischen Hexen und Vampiren eher angespannt sind, schien mir dies die beste und
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