Süßer die Glocken (German Edition)
surreal …!
, dachte Viola staunend.
Aber es sollte noch toller kommen.
Auf einmal traten aus zwei dunkleren Ecken Mareike und Sven und stellten sich nebeneinander auf. Sie hielten brennende schwarze Kerzen in den vor der Brust gefalteten Händen, und sie beide waren so gut wie unbekleidet. Der hagere Sven trug nur ein schwarzes Lederhalsband mit silbernen Nieten und Ringen, und Mareike zeigte ihre etwas rundlichen, aber höchst appetitlichen Formen verziert von einem goldenen Kettchen-Harness. Dazwischen blitzten ihre schokoladenfarbigen Brustknospen hervor.
Beide lächelten ihre nackte Kollegin an und sagten wie aus einem Munde: »Fröhliche Weihnachten, Viola!«
In dem warmen weihnachtlichen »Raum« zog Jolita Braun Viola mit sich und führte mit ihr ein vertrauliches Gespräch.
»… haben von Anfang an geahnt, dass auch du zu uns gehörst. Doch um dich wirklich aufnehmen zu können, mussten wir dich erst einmal einer kleinen Prüfung unterziehen. Von jetzt an wird sich unsere Zusammenarbeit sehr angenehm gestalten, auch die zwischen dir, Mareike und Sven – und darauf lege ich allergrößten Wert. – Aber heute Nacht feiern wir, was das Zeug hält! Keine Sorge, diese Räumlichkeit wurde von mir nur zum Auftakt gewählt. Wir fahren nachher hoch in den 25. Stock, wo nicht nur ein Weihnachtsbuffet auf uns wartet, sondern …«, die neue Chefin lächelte, als sich Viola in ihren Armen erwartungsvoll aufrichtete, »ja, dein Niklas, natürlich. Er freut sich schon auf ein Wiedersehen mit dir. Und vielleicht habt ihr Lust, euch einen scharfen kleinen Film anzusehen, in dem ihr beide die Hauptrollen spielt …«
Ah
, dachte Viola,
ich hab es doch gewusst. Von wegen abgeschaltet!
Und sie erinnerte sich wieder an das ominöse Klicken der Kamera. Ihr leichtes Unbehagen wurde jedoch weggewischt von dem warmen Gefühl, endlich angekommen zu sein. Zu Hause. Bei einer Familie, die ihre Bedürfnisse verstand.
Jolitas kräftige Hände streichelten zärtlich ihre Brüste und ihrenflachen Bauch. Noch nie zuvor war Viola von einer Frau auf diese Weise angefasst worden … nun genoss sie es in vollen Zügen.
Verdammt gut
, dachte sie.
Mit halb geschlossenen Augen lächelte sie in sich hinein. Fast unvorstellbar, dass sie noch vor wenigen Stunden eine vereinsamte, isoliert lebende Controllerin gewesen war. Jetzt fühlte sie sich geborgen und von Wärme durchflutet.
Ja, genau so sollte Weihnachten sein.
O du fröhliche …
Svenja Ros
Tamara lag auf der Couch und zappte durch das Programm. Warum hatten alle Sender an Heiligabend so ein beschissenes Angebot? Zum hundertsten Mal »Der kleine Lord«, die rührselige Geschichte des blonden armen Jungen, der das Herz des alten Misanthropen zu erweichen vermag. Pfarrer Braun, Sissi, Kevin und allerhand dämliche Komödien aus Amerika. Entnervt griff sie zu ihrem halbleeren Glas Rotwein. In der Flasche war auch nur noch ein Rest. Hatte Gerd wenigstens für genügend Vorräte gesorgt? Tamara schlug auf das Kissen ein, das auf ihrem Bauch lag. Gerd, der unbedingt Weihnachten bei seinen Eltern verbringen wollte. Sie hatte dankend abgelehnt, das letzte Jahr war so frisch in ihrer Erinnerung, dass sie die grelle Stimme seiner Mutter noch im Ohr hatte. Sie hatte keinen Augenblick einen Zweifel daran gelassen, dass sie Tamara für die falsche Wahl hielt und die Hoffnung hegte, auch diese Beziehung würde sich früher oder später in Wohlgefallen auflösen. Gerds Vater hatte ohnehin nicht viel zu sagen und hielt sich weitestgehend an seinem Kognakschwenker fest. Auf den trockenen Entenbraten konnte sie gern verzichten und auf den noch trockneren Stollen erst recht. Trotzdem war sie wütend. Hätte er nicht seinen Eltern schonend beibringen können, dass er Weihnachten lieber mit ihr verbrachte? Seit ihr Vater zwischen Weihnachten und Neujahr vor vier Jahren gestorben war, fuhr ihre Mutter mit ihrer Freundin stets in dieser Zeit weg, um nicht zu Hausedaran erinnert zu werden. Also war das auch keine Anlaufstelle für Tamara gewesen.
»Kein Problem«, hatte sie auf Gerds besorgte Miene geantwortet, »ich zieh mir ein paar Videos rein und besaufe mich sinnlos.«
Na, ja, wenigstens von Letzterem war sie nicht mehr weit entfernt.
Als es an der Wohnungstür klingelte, schwappte ein Schluck Rotwein aus dem Glas, das sie gerade zum Mund geführt hatte, auf ihr weißes Pyjama-Oberteil.
»Mist!«, fluchte Tamara und erhob sich vorsichtig. Wer konnte das um diese Zeit sein? Ein
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