Süßer Tod
Bedienungshandbuch, der zusammengefalteten Landkarte und dem Merkzettel über den Airbag herum. Sie riss eine leere Seite aus dem Handbuch. »Hast du was zu schreiben?«
Hatte er nicht, aber der Vorbesitzer hatte einen Kugelschreiber im Handschuhfach liegen lassen. Er war fast ausgetrocknet, und die Spitze schabte, aber er funktionierte immerhin so weit,
dass sie ein paar Worte auf das Papier kratzen konnte. Dann reichte sie es ihm. »Deine Einkaufsliste. Wenn sie die Marke nicht haben, kannst du auch eine andere kaufen, aber eine qualitativ hochwertige. Natürlich werde ich dir alles bezahlen.«
Er las, was sie geschrieben hatte, und nickte dann. »Lass den Kopf unten. Ich brauche nicht lang.«
Nach nicht einmal zehn Minuten war er mit einer Tüte zurück, die er unter den Arm geklemmt hatte, sowie mit zwei Pappbechern Kaffee in der Hand. Sobald sie wieder unterwegs waren, stellte sie den Kaffee in den Dosenhalter und begann, die Tüte auszupacken. Raley verfolgte aus dem Augenwinkel, wie sie die Schachtel mit dem Camcorder aufriss.
»Kannst du damit umgehen?«
»Ob ich damit umgehen kann«, murmelte sie abfällig. Dann erzählte sie ihm von den kleinen Lokalsendern, bei denen sie während ihrer Praktika alle Seiten der journalistischen Arbeit kennengelernt hatte. Zum Teil hatte sie auch Handlangerdienste verrichten müssen.
Als sie fertig war, meinte er ironisch: »Falls du als Reporterin keinen Job mehr findest, kannst du immer noch putzen gehen.«
»Haha.« Sie stöpselte das Adapterkabel in den Zigarettenanzünder, damit sich die Batterie des Camcorders auflud. Dann stellte sie den kleinen Bildschirm ein, der als Sucher diente, hantierte am Zoom herum und testete das eingebaute Mikrofon. »Ich habe schon mit wesentlich komplizierteren Kameras gearbeitet. Dieses Ding kann jedes Kind bedienen. Ich bin kein Spielberg, klar, aber Bild und Ton kann ich allemal aufzeichnen. Außerdem kann ich noch stundenlang üben.«
»Nicht einmal zwei«, sagte er.
»Der Termin ist doch erst um elf.«
»Da ist der Termin, aber nicht unser Treffen mit dem Attorney General.«
»Woher weißt du, wo er wohnt?«, fragte Britt, als Raley auf die imposante Backsteinvilla im Kolonialstil deutete. Sie rollten langsam daran vorbei und bogen ohne anzuhalten um die nächste Ecke.
»Nach seiner Wahl bin ich ihm einmal vom Kapitol aus nach Hause gefolgt.«
»Um ihn zur Rede zu stellen?«
»Nein, nur um meine Wut zu schüren. Ich hatte zu viel Zeit und nichts weiter zu tun, als mich in meiner Verbitterung zu suhlen. Er hatte mich als Sprungbrett benutzt, um an die Spitze zu kommen. Mich und Suzi Monroe. Ich war fest entschlossen, das eines Tages gerade zu rücken.«
»Heute ist dieser Tag gekommen.«
»Und zwar keinen Tag zu früh.« Er parkte in der Nebenstraße, stellte den Motor ab und hielt Britt dann am Arm zurück, bevor sie die Tür aufdrücken konnte.
Er verstand und respektierte ihr Bedürfnis, aktiv zur Lösung ihres Problems beizutragen. Für sie stand genauso viel auf dem Spiel wie für ihn, vielleicht noch mehr, weil sie mehr zu verlieren hatte als er. Sie verdiente eine Chance, das ihr angetane Unrecht wiedergutzumachen. Theoretisch fühlte er mit ihr.
Aber rein persönlich hatte er schreckliche Angst, dass etwas schieflaufen und sie verletzt werden könnte. »Das könnte hässlich werden, Britt. Du solltest nicht mitkommen.«
»Ich rechne damit, dass es hässlich wird, und ich muss ganz sicher mitkommen.«
Er nickte, weil er ihr zugestehen musste, dass sie für sich selbst entscheiden konnte und jedes Recht dazu hatte. Aber dieses Wissen trug nicht dazu bei, seine Ängste zu beschwichtigen. »Das ist eine Art Verzweiflungsakt. Wir gehen damit ein immenses Risiko ein.«
»Manchmal lohnt es sich, ein Risiko einzugehen.« Ihre ruhige Antwort und der Blick, den sie ihm dabei zuwarf, verrieten, dass sie damit nicht nur ihren geplanten Überfall auf Fordyce meinte.
»Wie recht du hast.« Er schob seine rechte Hand in ihren Nacken, gab ihr einen kurzen, innigen Kuss und ließ sie gleich wieder los. Dann fuhr er mit dem Daumen über ihre feuchte Unterlippe und meinte heiser: »Gehen wir.«
Sie folgten dem Bürgersteig um den Block herum. Es war ein vornehmes Viertel mit eigener Polizeistation und Schildern, auf denen Einbrecher vor »wachsamen Nachbarn« gewarnt wurden. Darum schlenderten sie gemütlich dahin, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Ein Hund bellte sie hinter einer Grundstücksmauer hervor an, und
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