Süßer Tod
kennst doch die Mönche, die sich geißeln? Das Feuerzeug ist meine Peitsche. Ab und zu hole ich es heraus und rufe mir ins Gedächtnis, was ich getan habe.«
Er schwieg einen Moment, während Raley die Sekunden zählte. Wann würde endlich die Polizei eintreffen? Britt musste Candy inzwischen von dem Abend in Jays Haus erzählt haben, von dem Mordversuch, von dem Mann, der heute Morgen offenkundig Fordyce erschossen hatte, nachdem sie geflohen waren.
Fordyce.
Etwas nagte an Raley, aber er hatte keine Zeit, sich damit auseinanderzusetzen, denn George sprach schon weiter.
»Wir versuchten uns ganz normal zu verhalten und warteten auf den Alarm des Rauchmelders. Aber plötzlich stand die ganze verfluchte Wand in Flammen, das war nämlich nur eine eingezogene Sperrholzwand, und die Flammen hatten sich einfach durch das Holz gefressen. Da gerieten wir wirklich in Panik. Um Jones brauchten wir uns nicht mehr zu kümmern. Wir wussten, dass er tot war. Wir versuchten so viele Menschen wie möglich aus den Büros und aus dem Gebäude zu holen. In der Verwirrung und dem ganzen Qualm konnte niemand was sehen. Niemand wusste, wo die Schlüssel zur Arrestzelle steckten.« Sein Kinn begann zu beben, und ein Schluchzer erschütterte seinen mächtigen Leib. »Ich kann heute noch die Männer in der Zelle schreien hören.«
Er wischte sich wieder die Nase. »Dass man uns zu Helden machte, war ein Schock für uns«, sagte er mit einem Lachen, das
von den Tränen auf seinen Wangen Lügen gestraft wurde. »Wir dachten, dass wir verhaftet würden, sobald das Feuer gelöscht war. Du kannst dir also ausmalen, wie wir uns fühlten, als … Ach, du weißt, wie das damals war. Dieses Foto.« Er sah auf das Bild an der Wand.
»Es musste einen Grund dafür geben, dass alles so gekommen war, redeten wir uns ein. Einen tieferen Grund, wie Jay es nannte. Was für ein Quatsch«, meinte er verächtlich. »Jedenfalls schlossen wir einen Pakt. Niemand sollte je die Wahrheit erfahren. Niemand durfte sie je verraten.
Wir dachten, dass damit alles erledigt wäre. Wir dachten, dass wir damit durchkommen würden. Brunner schien sich mit unserer Erklärung zufriedenzugeben.« Er sah Raley seufzend an. »Aber du warst so verflucht stur und so verdammt gut. Jay versuchte, dich auszubremsen, aber was Cleveland Jones anging, wolltest du einfach nicht lockerlassen. Wir hatten eine Scheißangst vor dir.«
Raley nickte bedächtig. »Darum habt ihr euch überlegt, wie ihr mich zum Schweigen bringen könntet.«
Britt wollte wissen, was es für Neuigkeiten aus Columbia gab, aber die Richterin bestand darauf, dass sie sich zuerst anhörte, was Britt zu erzählen hatte.
Candy Mellors hatte die vergangenen zehn Minuten zugehört, während Britt hastig und atemlos die Geschehnisse der letzten Tage geschildert hatte, angefangen von dem Treffen mit Jay bis zu ihrer und Raleys Flucht aus dem Haus des Attorney Generals. Weil sie wusste, wie wenig Zeit die Richterin heute hatte, hatte sie an Worten gespart und die Details knapp zusammengefasst.
Sie endete mit dem Satz: »Raley und ich flohen Hals über Kopf.«
Candy lehnte sich zurück und atmete tief durch, so als hätte sie selbst eben zehn Minuten lang gesprochen. »Jesus Christus. Jetzt verstehe ich, warum Sie sich nicht der Polizei stellen wollen.«
Britt nickte.
»Wo ist Raley?«
»Er versucht, George McGowan vorzugaukeln, dass Fordyce ihn verraten hat. Er hat den Camcorder mitgenommen, weil er hofft, dass er McGowan überlisten kann, seine Mitschuld zu gestehen und Fordyce zu belasten.«
»Eine solche Aufnahme würde vor Gericht nicht als Beweis zugelassen.«
»Das ist mir klar und Raley auch. Aber es wäre besser als nichts.«
»Sie haben das Band von Ihrem Gespräch mit Fordyce?«
Britt zog die kleine Kassette aus der Jeanstasche und reichte sie über den Tisch. »Fordyce gibt nicht wirklich zu, in die Sache verwickelt gewesen zu sein. Aber wenn Raley McGowans Geständnis bekommen kann, wird die Rolle des AG deutlich werden, und dann verfügen wir über ein Video, auf dem er uns anlügt, was bei einem möglichen Prozess die Anklage stärken würde.«
»So viele Tote«, sagte die Richterin kopfschüttelnd. »Ich kann nicht fassen, wie perfide sie vorgegangen sind.«
»Noch erstaunlicher ist, dass sie fünf Jahre damit durchgekommen sind.«
»Und Sie sind sicher, dass der Mann, der heute Morgen in Fordyces Haus aufgetaucht ist, dieser falsche Wachmann, damals auch in Jays Stadthaus
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