Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Süßer Tod

Süßer Tod

Titel: Süßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Brown
Vom Netzwerk:
landete schließlich auf der Süßkartoffelranke.
    Sie verlieh dem Zimmer wirklich etwas Heimeliges.
    Die Dusche wurde abgedreht. Er ging wieder ins Wohnzimmer, wartete dort, bis er die Tür zum Bad aufgehen hörte, und stellte sich dann in die Schlafzimmertür. Sie hatte das T-Shirt und die Boxershorts angezogen, die er ihr hingelegt hatte. Natürlich verschwand sie fast in beidem. Die Shorts saßen gefährlich tief auf ihren Hüften, und die Ärmel des T-Shirts hingen bis über ihre Ellbogen, trotzdem sah sie halbwegs anständig aus.
    Ihre Haare waren noch nass. Unter den Augenhöhlen lagen dunkle Ringe, und die Augen selbst blickten ihn ungewöhnlich groß und leer an. Er bezweifelte, dass auch nur einer ihrer Fernsehzuschauer in dieser abgezehrten Elendsgestalt die Prominente aus dem Fernsehen erkennen würde, die ihnen die neuesten Nachrichten servierte.
    »Setz dich aufs Bett«, sagte er. »Ich tu dir was auf deine Schnitte. Es brennt, aber das zeigt, dass es wirkt.«
    Widerspruchslos ging sie zum Bett und setzte sich. Er kehrte mit einer Flasche Desinfektionsmittel und einer Rolle Toilettenpapier aus dem Bad zurück. Wattebäuschchen besaß er nicht.
    Vor ihr hockend riss er einen Streifen Toilettenpapier ab und tränkte ihn mit der stark riechenden Flüssigkeit. Dann strich er damit über einen Kratzer an ihrem Arm. Sie sog zischend die Luft ein. »Ich habe dich gewarnt«, sagte er.
    »Es geht schon.«
    »Es dauert nicht lange.« Er nahm sich die nächste Wunde vor, diesmal an ihrem Knie. »Ich musste dich durch die Windschutzscheibe ziehen.«
    »Ich habe sie nicht kaputtbekommen.«
    »Ich hatte einen Schraubenschlüssel dabei und habe auf das
Glas eingedroschen, bis es zersprungen ist. Das hast du nicht mehr mitbekommen?« Sie schüttelte den Kopf. »Du hast nichts verpasst«, sagte er.
    »Ich kann mich noch erinnern, wie der Wagen auf dem Wasser aufschlug. Der Airbag platzte mir ins Gesicht und ließ dann langsam die Luft ab. Der Wagen kippte allmählich nach vorn. Der Sicherheitsgurt hielt mich fest. Ich weiß noch, dass ich mich wunderte, wie schnell alles ging. Dabei schien gleichzeitig alles in Zeitlupe abzulaufen, verstehst du?«
    Nickend riss er eine neue Lage Toilettenpapier ab und tränkte sie.
    »Die Scheinwerfer und alle Lichter im Armaturenbrett gingen aus. Es war so dunkel. Stockdunkel.«
    »Du brauchst nicht darüber zu sprechen, Britt.«
    »Dann lief der Wagen mit Wasser voll.« Sie redete weiter, als hätte sie ihn gar nicht gehört. Wahrscheinlich hatte sie das auch nicht. »Schließlich stand es mir über dem Kopf. Ich konnte noch den Sicherheitsgurt losmachen und fing an, auf das Fenster einzuschlagen, aber…« Sie sah langsam von links nach rechts. Tränen standen ihr in den Augen. Sie bebte am ganzen Körper. »Ich wollte die Scheibe zertrümmern, aber das schaffte ich einfach nicht. Und ich konnte die Luft nicht mehr anhalten.«
    »Britt, frierst du?«
    »Nein.«
    Trotzdem klapperten ihre Zähne. Er stand auf, zerrte die Decke vom Bett und legte sie ihr über. Sie krallte die Finger in den Stoff, zog die Arme vor die Brust und kuschelte sich in die weiche Wärme.
    Wieder ging er vor ihr in die Hocke, um sich eine Schnittwunde an ihrer Schläfe zu besehen. »Ziemlich schlimm, aber nicht so schlimm, dass sie genäht werden müsste. Vielleicht bleibt dir eine kleine Narbe, wenigstens anfangs. Wenn du geschminkt bist, ist sie wahrscheinlich nicht zu sehen. Schon gar nicht vor der Kamera.«

    Er redete, um sie zu beruhigen. Vielleicht redete er auch, um sich selbst zu beruhigen. Einer von beiden musste die Ruhe bewahren, und sie war schwer traumatisiert und im Moment extrem anfällig.
    Was sie im Moment durchmachte, war eine typische Reaktion. Erst jetzt, wo die unmittelbare Gefahr abgewendet war, setzte die Erkenntnis ein, dass sie um ein Haar gestorben wäre. Er hatte das bei vielen Geretteten erlebt, die aus einem brennenden Gebäude oder einer anderen lebensbedrohlichen Situation entkommen waren. Sobald der Adrenalinrausch abebbte und sie wirklich begriffen, in welcher Todesgefahr sie geschwebt hatten, drohten sie hysterisch zu werden.
    Er hörte, wie sie nach Luft schnappte, und fragte erschrocken: »Hast du Probleme beim Atmen?«
    »Nein.«
    Er tränkte das nächste Toilettenpapierbündel mit Desinfektionsmittel und bestrich damit die Schnittwunde an ihrer Stirn. Wieder schluchzte sie leise. Die Tränen, die in ihren Augen gestanden hatten, rannen jetzt über ihre Wangen. »Es tut mir

Weitere Kostenlose Bücher