Suesses Gift Der Liebe
schöpft. Sie muss den sicheren Eindruck bekommen, dass es kein Geheimnis gibt, das es aufzuklären gilt. Ein Tod, der aussieht wie ein Herzanfall oder Schlaganfall, genügt nicht.«
Allister machte ein finsteres Gesicht. »Hast du einen Plan?«
»Wenn Caleb Jones tot aufgefunden wird, gibt es nur eines, was seine Familie davon abhalten wird, auf der Suche nach dem Mörder London Stück für Stück auseinanderzunehmen.«
»Was denn?«
»Der Tod des Mörders.«
Allister runzelte die Stirn. »Der Verdacht soll auf einen anderen fallen?«
»Ja.« Ein ganz ähnlicher Plan hatte in der Vergangenheit schon einmal geklappt, dachte Ellerbeck. Warum sollte er nicht wieder funktionieren?
Allister schien skeptisch. »Der Vorschlag gefällt mir, doch
wenn alles überzeugend sein soll, muss der Beweis auf jemanden hindeuten, der ein ebenso starkes Motiv hat.«
»Nicht nur ein Motiv, sondern eine Vorgeschichte als Giftmörderin. Mit anderen Worten, die perfekte Verdächtige.«
Allister verstand zunächst nicht, dann dämmerte es ihm.
»Lucinda Bromley?« Sein Ton wurde vor Erstaunen höher.
»Jones soll mit ihr eine intime Beziehung haben. Miss Bromley hat ihren letzten Liebhaber vergiftet. Warum nicht noch einen?«
Allister lächelte sein träges, kaltes Lächeln. »Verdammt brillant. Es dürfte kein Problem sein, es so aussehen zu lassen, als wäre Jones vergiftet worden.«
»Ich weiß, dass du es für einfach hältst, aber wir müssen das Ganze sehr sorgfältig planen. Wir können uns keinen einzigen Fehler mehr leisten.«
»Keine Angst, ich kümmere mich um alles.«
Ellerbeck griff wieder nach dem Krug, hob den Deckel und drehte das Gefäß um. Die Spinne taumelte in den blutroten Mund der Venusfliegenfalle. Schneller, als das Auge folgen konnte, klappten die stacheligen Blätter wie Kiefer zu und besiegelten den Untergang des Insekts.
Ellerbeck beobachtete den nutzlosen Kampf der Spinne einen Moment lang. Der Plan würde funktionieren. Er musste funktionieren.
23. KAPITEL
»Mr Fletcher ist ganz sicher kein Diener«, schimpfte Patricia am nächsten Nachmittag leise. »Mehr noch, er weiß gar nicht, wie sich ein Diener benimmt. Sieh doch, er lümmelt an der Wand und vertilgt Sandwiches wie ein Gast des Hauses.«
Lucinda wechselte einen raschen amüsierten Blick mit Lady Milden. Es war halb vier Uhr nachmittags, den Salon zierten mehr als ein halbes Dutzend elegant gekleideter junger Männer. Durch das Fenster sah sie weitere ungeduldige, reichlich beklommen aussehende Gentlemen Anfang zwanzig mit Blumensträußen in der Hand die Stufen heraufkommen.
Der Raum quoll bereits vor Schnittblumen und Gestecken aller Art über. Sie hatte ihre Sinne dämpfen müssen, um den Geruch des Verfalls aushalten zu können, doch Patricia und Lady Milden schienen entzückt von den Blumengeschenken.
Es war jedoch nicht das schwach spürbare Vorhandensein so vieler toter Blumen, das ihre Nerven belastete. Schwache Strömungen psychischer Energie vibrierten leicht im Raum. Patricias Anbeter waren durchweg Mitglieder der Society. Das bedeutete, dass jeder mit einem gewissen Ausmaß an Talent ausgestattet war. Versammelte man all diese psychisch begabten Menschen in einem begrenzten Raum, würde auch
ein Mensch mit minimaler Empfindsamkeit Spannung in der Atmosphäre spüren, dachte sie.
Mrs Shute und zwei ihrer Nichten, die heute wegen der erwarteten großen Gästeschar aushalfen, brachten ständig frischen Tee und einen nicht enden wollenden Vorrat an Sandwiches und Backwerk. Erstaunlich, welche Unmengen gesunde junge Männer verzehren können, dachte Lucinda.
Für diese Art von Besuchen junger Damen und Herren im heiratsfähigen Alter galten sehr strikte Anstandsregeln. Patricia saß behütet vor der Teekanne auf dem Sofa. Lucinda und Lady Milden nahmen die Plätze ihr zur Seite auf Sesseln ein, gerade so weit entfernt, dass die Verehrer sich Patricia nähern und mit ihr plaudern konnten.
Keiner der jungen Männer hätte mehr als zehn bis fünfzehn Minuten bleiben sollen, doch es war bereits eine halbe Stunde vergangen, ohne dass sich jemand empfohlen hätte, und mit jeder Minute trafen neue Gäste ein, die der Reihe nach antraten, um Patricia Komplimente zu machen. Nur wenige schafften es, unter den wachsamen Augen Lady Mildens ein längeres Gespräch mit der jungen Dame zu führen.
»Ich gebe ja zu, dass wir Mr Fletcher unmöglich als Diener ausgeben können«, sagte Lucinda ruhig. »Deshalb beschlossen Lady Milden und
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