Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman
und den Kellereigebäuden; das unsichtbare, dennoch mollige Schlaflager; vor allem aber Niklas Überreiter selbst, dessen männliche Pracht sie aufs Höchste beglückte. Ihr Mann, der penible, bedächtige, noch dazu fromme und viel ältere Küchenmeister, kam seinen Ehepflichten nur selten nach. Der üppigen, deutlich jüngeren Theresa passte das ganz und gar nicht. Nach einigen Versuchen am Hof und in der Stadt brachte ihr der Bau des neuen Weinkellers ungeahntes Glück. Der Baumeister, verwitwet und völlig unsicher, ob er eines Tages die Tochter des Herzogs heimführen würde, nahm sie, so oft sie nur wollte, und schwieg wie ein Grab.
An diesem Montagabend nach Gaudete ritt sie mit wohlig geschlossenen Augen auf ihm, was er besonders liebte. Schnelligkeit bedeutete Überreiter nichts. So hatte er die ganze Zeit der Welt, sie abwechselnd an den Hüften und an den Pobacken zu fassen, während sie ihre dunklen Brustspitzen selbst so kunstvoll bearbeitete, dass er mehrmals das Beben langer Lustwellen in ihrem Bauch spürte, bevor er explodierte. Nachdem er noch hingebungsvoll ihre weiche, etwas schlaffe Haut gestreichelt hatte, verschwand die Kärglerin. Überreiter war gerade dabei, seine Schamkapsel wieder an seiner Hose zu verknoten, als Sebastian Langhahn, der Soßenkoch, still und langsam wie eine Schlange den Kopf zwischen zwei Fässern hervorstreckte. Er nickte zustimmend.
»Herzlichen Glückwunsch, Baumeister! Ein heißes Weib. Sagt kein Wort und saugt einem die Seele aus dem Leib.«
Überreiter erschrak so sehr, dass die Schamkapsel ihm aus der Hand fiel und, erst halb verknotet, auf seinem Schenkel hängen blieb.
»Was tust du da, Judas? Mach dich aus dem Staub, bevor ich dir das Maul mit der Faust stopfe!«
Der Rothaarige verzog angewidert sein blasses Gesicht.
»Da haben wir es wieder mal! Rotes Haar und Verräter! Der ewige Pechvogel! Dabei bin ich ein so guter Bursche. Was sagt Ihr dazu, Baumeister? Ich weiß schon lange vom Brandfeuer im Leib der Kärglerin und wie schön Ihr es löscht, wenn sie es nicht mehr aushält. Habe ich jemals etwas gezeigt oder gesagt?«
Überreiter hatte sich von dem Schreck erholt und verknotete ruhig seine Schamkapsel.
»Woher soll ich wissen, was du gesagt hast? Und auch wenn, dann steht eben dein Wort gegen meins. Überhaupt: Wenn du bisher so verschwiegen warst, warum bleibst du es nicht? Macht es nicht mehr genug Freude, das Zusehen? Willst du etwa mitmachen?«
»Aber ich habe schon längst mein Vergnügen gehabt mit der Kärglerin.« Langhahn bekam einen seltsam starren Blick; seine Augen färbten sich rötlich und seine Lippen weiß. »Mein Wort gegen Euer Wort, sagt Ihr? Und Eures soll stets mehr gelten. Wohl möglich, wenn es nur um ein Weibsstück geht. Doch wie sieht es aus, wenn es sich um die Löwen handelt und um ein feines, gebildetes Stück Fleisch, das spät am Abend in der Löwengrube landet? Gilt da mein Wort, das Wort des Soßenkochs, immer noch weniger als Euer Wort, Herr Baumeister des Weinkellers?«
Die Bestürzung schnürte Überreiter die Luft ab. Er konnte sich nur mühsam auf seinen plötzlich schwachen Beinen halten. Langhahn zeigte sich nun ganz.
»Weiche Knie, nicht wahr? Ist es der Schreck? Oder ist es die Empörung? Bin ich nicht feinfühlig? Ich sehe mit den Augen, mit den Ohren, aber noch besser mit dem Herzen. Ja, ja, mein Guter, mit dem Herzen!«
»Was willst du von mir?«, stammelte Überreiter. »Geld? Wie viel?«
Der Soßenkoch lächelte zufrieden.
»Geld? Das ist eine Idee, auf die ich nicht gekommen wäre. Darüber sprechen wir vielleicht später. Nein, Meister Niklas, ich will nur eine gute Tat von Euch, eine Vergeltung für Eure Sünden, so könnte man sagen.«
» Eine gute Tat ?« Der Baumeister verstand die Welt nicht mehr. »Kein Geld?«
Der Rothaarige holte aus seiner Gürteltasche eine winzige Holzdose, öffnete sie und zeigte auf den bräunlichen Inhalt.
»Übermorgen wird das Fest zur Einweihung des ersten Riesenfasses gefeiert. Tut bei dieser Gelegenheit etwas von dem Pulver in den Weinbecher des Herzogs.«
»Ich soll ihn umbringen? Niemals!«
»Aber nicht doch, Baumeister. Ich habe auch nicht vor, unseren Herrn umzubringen.«
»Was ist das für ein Pulver?«
»Mistelbeerenpulver, nichts Böses. Wenn der Herzog davon mit seinem Wein trinkt, wird ihm nach dem Festessen speiübel. Mag sein, dass sein Bauch auch mächtig rumort. Nach einer Nacht bei Minzesud und Ingwersirup ist er wieder der Alte.«
»Aber
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