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Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Titel: Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Rudschies
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nicht lang.«
    Grünberger schwankte leicht und verlor etwas von seinem Übermut. Außerdem waren seine Nase und seine Wangen knallrot, sodass er in der Tat zu tief ins Weinglas geschaut haben musste.
    »Die Damen? Jawohl, es gibt viele Damen in dieser Küche, also begrüße ich Euch, mein Fräulein von Leonsperg. Ich begrüße auch Euch, Kärglerin. Den Herrn Küchenmeister begrüße ich auch gern. Ich habe Fragen … wichtige Fragen … höchst wichtige Fragen. Ist es gestattet?«
    Anna Lucretia und Theresa tauschten einen kurzen Blick aus. Würden sie ihren Zorn über dieses ungehörige Benehmen zeigen? Beide entschieden sich gleichzeitig und stumm dafür, es zu ignorieren. Kärgl blieb eisig.
    »Was wollt Ihr wissen?«
    »Nun, kommt Herzog Ludwig zurück? Und wann kommt er, wenn er kommt? Bleibt dann alles beim Alten? Oder übernimmt Signor Soldani wieder einen Teil der Vorbereitungen? Gilt das Zuckerverbot nach dem Adventsfasten weiter? Wenn das freche Fragen sind, entschuldige ich mich tausendmal im Voraus. Antworten brauche ich aber trotzdem, wie mir scheint.«
    »Grünberger, da müssen wir dem Fräulein von Leonsperg gut zuhören. Darüber kann sie uns Auskunft geben. Ich bitte Euch, gnädiges Fräulein.«
    Der Oberkoch gab sich nun zerknirscht und unterwürfig, was Anna Lucretia genoss. Sie machte sich wichtig, denn ihre Wut über sein unverschämtes Benehmen war noch nicht verraucht.
    »Zu Eurer ersten Frage, Grünberger: Ja, mein Vater, Euer Herzog, und die Herzogin Sabina sind morgen beim Karpfenessen anwesend. Nach der Messe am Heiligen Abend wünscht er sich auch das Mettensauessen. Er verspürt großes Verlangen danach. Somit bleibt alles beim Alten. Eure zweite Frage ist also ebenfalls beantwortet. Auch am traditionellen Essen am nächsten Tag nehmen mein Vater und die Herzogin gewiss teil. Die folgenden zwölf Nächte werden sie auf der Trausnitz verbringen. Die 24 Gänge der letzten Jahre wünscht Euer Herzog nicht. Vor allem möchte er die süßen Gerichte reduziert wissen. Welche genau, das könnt Ihr entscheiden, sobald die Geschenke der anderen Höfe eingetroffen sind.«
    »So machen wir es, gnädiges Fräulein«, sagte Kärgl, »viel Süßes ist schon gekommen, wie es sich gehört. Aus München kamen gestern Abend die gefüllten Schweinsköpfe. Sie sind kunstvoll verziert und sehen prächtig aus. Ich schlage vor, sie als eigenständigen Gang zu servieren, nur mit verschiedenen Gemüseplatten. Vielleicht das Lauchmus mit Marzipan und die Erbsen im Malvasierwein, wie Ihr vorgeschlagen hattet, Grünberger.«
    »Signor Soldani kommt auch zurück«, fuhr Anna Lucretia fort. »Er kocht aber zunächst nur für die Italiener, was nicht bedeutet, dass mein Vater auf die Empfehlungen des Doktor Paracelsus verzichtet. Deswegen solltet Ihr Euch weiterhin mit den Zutaten Zucker und Honig für alles, was nicht vom Zuckerbäcker angefertigt wird, zurückhalten. Somit sind, denke ich, alle Eure Fragen beantwortet, Oberkoch. Fehlt noch etwas?«
    Grünberger unternahm einen Versuch, sich zu verbeugen, doch sein geschwollener Hals und der dicke Bauch behinderten ihn. Sein Dank und den Abschied verkürzte er, indem er zwei Holzjungen mit dem Tod durch Erhängen drohte, falls das Feuer in der Siedeküche nicht heftig genug brannte.
    »Und Glut brauch ich, jede Menge. Diese Rauhnudeln fressen uns alles auf.«
    Wie auch für die Klöpfernächte versorgte die Hofküche das Spital mit Rauhnudeln, einer Art Rohrnudeln aus hellem Weizenmehl, nur wenig gewürzt mit Safran und Zucker. So kamen die Bedürftigen einmal im Jahr in den Genuss eines feineren Brotteigs. Tellergroß und dann geviertelt aß man die Rauhnudeln mit Kletzenbrühe: die letzte Fastenmahlzeit am Heiligen Abend vor der Mette. Danach durften endlich Fett und Fleisch wieder auf den Tisch. Bei den Wohlhabenden würden sich auf der Mettensauplatte Braten, Kesselfleisch, Speck, Blut- und Leberwürste türmen. Die Ärmeren mussten mit der Mettensuppe, der würzigen Kochbrühe der Blut- und Leberwürste, vorliebnehmen. Die mundete köstlich mit viel frisch gebackenem Brot, reichlich Fettaugen und den Brocken der einen oder anderen geplatzten Wurst, die die barmherzigen Köche zur Feier des Herrn nicht rausfischten. Doch im Moment waren noch nicht einmal die Rauhnudeln fertig. Da sämtliche Backöfen der kleinen Mundküche besetzt waren – unzählige Brote warteten noch darauf, hineingeschoben zu werden – bereiteten zwei Mägde die Rauhnudeln auf offenen

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