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Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Titel: Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Rudschies
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ihm später noch einfällt? Oder er will die Sache zu Ende bringen. Jetzt, schnell, sofort. Er wird alles auf eine Karte setzen, jedes Risiko eingehen. Dabei müsst ihr ihn fangen. Solange er sich noch nicht entdeckt wähnt, wird er umso mehr wagen. Warte noch mit deinem Vater, Liebste, bereite erst die Falle für Eck vor. Wie? Das kann ich dir nicht sagen.«
    Erschöpft schloss er die Augen. Anna Lucretia brachte ihn in die Kammer zurück, flößte ihm Gewürzwein und Hähnchenwasser ein und deckte ihn zu. Völlig entkräftet schlief er ein. Daraufhin ließ sie ihre Tante unbemerkt in die Residenz bringen. Ludwig schickte sofort nach Ulmitzer. Als dieser am Bett der Herzogin zu dozieren begann, kehrte ihre Nichte in Ursulas Haus zurück.
    »Was nun?«, fragte die Mätresse mit bebender Stimme. Anna Lucretia dachte angestrengt nach.
    »Ihr, Fräulein Ursula, bleibt auf jeden Fall hier und haltet Wache. Ihr verlasst das Haus nicht. Eure angebliche Unpässlichkeit ist Johann Albrechts einziger Schutz. Seht auch nach meiner Tante und meinem Vater, wenn Ihr könnt. Über ihre Erkrankung wird sich niemand wundern. Sie hat sich so gegrämt, dass es ja geschehen musste. Ich muss auf die Trausnitz. Dort sitzt Eck mit allen möglichen Gehilfen in der Küche oder vielleicht auch anderswo. Das Festmahl für den Dreikönigstag wird vorbereitet. Wenn er seine Pläne weiterverfolgt, dann ist er in der Hofküche zugange. Dieses Mal werde ich etwas finden.«
    Ursula nahm Anna Lucretias Hände in ihre; dicke Tränen verschleierten ihre blauen Augen.
    »Fräulein von Leonsperg, Ihr habt viel herausgefunden. Sonst wäre der Herzog längst tot und wir beide im Kloster, um unsere Sünden zu beweinen. Vielleicht geschieht das noch mit uns, obwohl meine einzige Verfehlung ist, einem Mann in Liebe ergeben zu sein, der frei ist und mich doch nicht ehelichen kann. Genauso, wie er Eure Mutter nicht heiraten konnte. Sollte das Euer Vergehen sein? Gott allein möge über uns urteilen. Liebstes Fräulein, ich will Euch nur dies sagen: Ich bereue zutiefst meine Sünden Euch gegenüber – Neid, Zorn, Misstrauen. Ich würde alles geben, um sie ungeschehen zu machen. Ich hätte Euch die ferne Mutter ersetzen sollen. Ihr hättet es verdient gehabt. Stattdessen habe ich nur gedacht, Ihr erinnert den Herzog an meine Vorgängerin. Ich war eifersüchtig. Ich bereue das heute zutiefst. Könnt Ihr mir verzeihen? Meine Seele wäre von einer schrecklichen Last befreit.«
    Auch Anna Lucretia musste jetzt weinen. Sie nahm Ursula in die Arme und drückte sie fest an sich.
    »Vergeben will ich Euch von ganzem Herzen. Werft Euch bitte nichts vor, was Ihr nicht hättet besser machen können. Meine Tante hätte niemals gestattet, dass Ihr mir näherkommt, wären nicht diese ungeheuerlichen Umstände entstanden. Ich danke Gott für diese Prüfung, denn sie bringt uns einander so nah, wie wir schon immer hätten sein sollen. Eine Sünderin bin auch ich, Fräulein Ursula, obwohl ich nicht weiß, wie es zu vermeiden gewesen wäre. Seit Mord und Tod uns auflauern, tue ich Dinge, die meinem Seelenheil abträglich sind, und kann sie doch nicht bereuen. Ich irre im Dunkel.«
    In diesem Augenblick der Verbundenheit schien die Mätresse alles zu verstehen. Zärtlich wischte sie Anna Lucretia die Tränen von den Wangen und aus der Halsbeuge.
    »Redet nicht weiter, liebstes Fräulein! Ich kenne das sehr gut. Weit besser, als Ihr denkt. Ich bin mir sicher, Ihr habt dabei niemandem geschadet. Ganz im Gegenteil. Irre ich mich?«
    »Nein, ich glaube nicht. Gewiss niemandem, der sich nicht in der Sache selbst versündigt hätte.«
    »Das allein zählt, Liebste. Ich habe Euch geschadet oder es versucht. Dem Herzog ebenso, weil ich gegen jede Vernunft dem falschen Mann vertraut habe. Ihr seid tapfer. Ihr habt Euren Vater und uns alle beschützt. Das allein zählt vor Gott. Glaubt mir!«
    Die junge Frau nickte. Sie hatte das Gefühl, ein Gift würde ihr Blut und ihren ganzen Körper verlassen.
    »Ich danke Euch aus tiefstem Herzen, Fräulein Ursula. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie viel mir Eure Worte bedeuten. Ich gehe jetzt zur Trausnitz. Ich vertraue Euch meine Liebsten an.«
    Die Mätresse lächelte glücklich. Die elegante, doch oft harte Linie ihrer dünnen Lippen war weicher geworden.
    »Sie sind in guter Obhut bei mir.«

27

    Als Anna Lucretia aus der Residenz trat, hatte sie vergessen, wie die Außenwelt aussah. Der Himmel war strahlend blau, die Luft so klar wie eisig.

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