Sukkubus - 03 - Kopfüber ins Fegefeuer
schmerzhaft fühlte es sich an.
»Hör auf«, sagte ich, während ich meine Magie ausstreckte und zurückgestoßen wurde. »Eris, hör auf!«
»Nach allem, was du für ihn getan hast«, gurrte die Neiderin weiter, »nach allem, was du für ihn geopfert hast, wird er dich benutzen, wie jede andere auch. Er wird sich nehmen, was er will, und dann wird er verschwinden. So sind sie nun mal, Virginia. Sie verschwinden, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Ohne zurückzukehren. Sie lassen dich allein. Für immer.«
»Nein, Virginia, glaub ihr kein Wort! Sie lügt!«
Eris lächelte, als würde ich sie amüsieren. »Er ist ein Dämon, Virginia. Er lügt. Es liegt in seiner Natur. Er täuscht dich, verführt dich, verspricht dir die Welt. Verspricht dir, dass er für immer bei dir bleiben wird. Aber er wird dich verlassen. Genau wie dein Mann.«
»Oh …«, wimmerte Virginia. Tränen quollen ihr aus den Augen und versengten mich, während sie langsam ihre Wangen hinunterliefen. »Er wird mich verlassen.«
»Wie dein Mann.«
»Wie Chris.« Ihre Stimme klang wie ein Seufzer, verloren und schwach. Und unendlich verletzt.
»Virginia! Glaub ihr nicht!«
»Und du wirst wieder allein sein. Für immer allein. Und es ist seine Schuld.«
Virginias Tränen flossen nun schneller, aber ihr Schluchzen blieb lautlos. Während sie mich anstarrte, verwandelte sich der glasige Schimmer in ihren Augen allmählich in Hass.
»Er hat dich dazu getrieben, das Andenken deines Mannes zu verraten. Und wofür? Nur um dich zu verlassen, wenn er erst mal mit dir fertig ist. Um dich allein zu lassen«, sagte Eris. »Dich im Stich zu lassen.«
»Du hast mich angelogen«, flüsterte Virginia.
Ich rief ihren Namen, aber sie hörte mich nicht.
»Derselbe Schmerz wie damals, als dein Mann im Sterben lag und du nichts tun konntest, um sein Leiden zu lindern oder ihn vom Gehen abzuhalten. Derselbe Schmerz wie damals, als du die Scherben deines Lebens zusammenkehren musstest – allein.« Eris’ Stimme – hypnotisch, eindringlich. »Du fühlst es, nicht wahr, Virginia? Diese Bitterkeit, die deinen Körper befällt wie eine Erfrierung?«
Virginias Antwort, sehr leise: »Ja.«
»Diese Bitterkeit, die er verursacht hat.«
»Ja.«
»Nein!« Ich stürzte vorwärts, aber Eris hielt mich mit einer Bewegung ihres Messers zurück. Die Klinge schnitt noch tiefer in ihre Haut, und die Blutperle ergoss sich zu einem stetigen Rinnsal. Virginias Leben zerfloss zu einem roten Band. Ich musste daran denken, dass ich Virginia in Rot hatte sehen wollen – von der Erinnerung wurde mir schlecht. Ich knurrte vor Frustration und Grauen – und vor Angst, ja, verdammt, ich hatte eine beschissene Angst um sie – und ich suchte verzweifelt nach einer Lösung. Ich musste etwas tun, irgendetwas.
»Willst du ihm beweisen, wie sehr er dich verletzt hat, Virginia? Willst du ihn ebenfalls verletzen?«
»Ja …«
Nein, Puppe. Du bist stärker als das …
»Dann nimm das Messer, Virginia, und schneide dir die Pulsadern auf.«
»Nein!« Ich stülpte meine Magie über Virginia, aber Eris’ Macht hatte sich über sie gelegt wie eine Eisschicht, die sie abschirmte und zugleich verzehrte. Ich konnte nicht zu ihr durchdringen.
Als würde sie bereits in den eisigen Wassern des Neids treiben, griff Virginia langsam nach dem Messer, das Eris ihr an die Kehle hielt. Sie packte den Griff. Führte die Klinge in Richtung ihres linken Handgelenks.
»Virginia«, schrie ich, »ich werde dich nicht verlassen!«
Das Messer sank tiefer – langsam, zielstrebig. Unbeirrt.
»Bitte tu das nicht! Virginia! Ich werde dich nicht verlassen!«
»Er lügt«, sagte Eris mit einem triumphierenden Grinsen.
Und mit einem Mal wusste ich, was ich sagen musste, wogegen ich mich die ganze Zeit gesträubt hatte und was sie retten würde, die einzig richtigen Worte: »Ich liebe dich.«
Drei Worte – stärker als die stärkste Magie. Ich spürte es in meiner Brust, auf meiner Zunge: Diese drei Worte konnten Berge versetzen und Kriege auslösen und das Firmament selbst erschüttern. Drei Worte, die die Schöpfung in ihren Grundfesten berührten.
Drei Worte, die mein Herz berührten.
Virginia hielt inne. Das Messer in ihrer Hand zitterte, nur wenige Zentimeter von ihrem Handgelenk entfernt.
»Er lügt«, zischte Eris. »Schneid dir die Pulsadern auf. Hinauf bis zu den Ellbogen. Mach es richtig.«
»Ich liebe dich«, sagte ich erneut, weil sie es hören musste, und weil ich es sagen musste. »Du hast
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