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Sumerki - Daemmerung Roman

Titel: Sumerki - Daemmerung Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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Glaskugeln und hirnlose Lieder geholfen hatten, sämtliche Gedanken an die Ereignisse des heutigen Tages in einem dunklen Verlies meines Gedächtnisses einzuschließen. Doch jetzt begannen diese immer lauter und dreister an der Tür zu kratzen, forderten Aufmerksamkeit, versprachen, mich dafür zu belohnen, mir die Augen zu öffnen, mir Geheimnisse mitzuteilen …
    Ich konnte machen, was ich wollte. Auch wenn ich mir die Ohren zuhielt, die Augen zusammenkniff und schrie: »Ich sehe nichts! Ich höre nichts!« - der Alptraum ging weiter, ganz gleich ob ich daran teilnehmen wollte oder meine Rolle darin richtig verstand. Die trockene, staubige Erde des Iran war bereits mit Blut getränkt, doch war ihr Durst offenbar noch nicht gestillt. Der Ozean, der innerhalb weniger Minuten Hunderte taiwanischer Wolkenkratzer fortgeleckt und Zehntausende Menschenleben mit sich gezogen hatte, schien aus seinem erdzeitalterlangen Schlaf gerade erst zu erwachen. Die tektonischen Platten hatten sich wie Zahnräder der Apokalypse in Bewegung gesetzt und trieben dabei ungeheuere Mühlsteine an, die ganze Städte, Länder und Völker zu Staub zerrieben. Ob nun das Ende der Welt anbrach oder nur das Ende einer weiteren Epoche in der Geschichte unseres Planeten - der Mensch war wohl
kaum mehr darauf vorbereitet als seinerzeit die Dinosaurier. Die Vorahnung des nahenden Weltuntergangs hing in der Luft und zog sich durch die hysterischen Schlagzeilen der Zeitungen. Die Schneedecke, die Moskau zum Jahresende einhüllte, erschien mir jetzt wie ein weißes Totenhemd, und selbst die allgemeine Festtagsstimmung, von Behörden und Salesmanagern gemeinsam beschworen, wirkte bei genauerem Hinsehen äußerst angestrengt. Hatte es einen Sinn, weiter am gemeinsamen Tisch zu feiern, wenn ich im Gegensatz zu allen anderen offenbar als Einziger nüchtern denken konnte und bereits die Pestbeulen an ihrem Körper sah?
     
    Die vier Reiter der Apokalypse waren nicht zur vorbestimmten Stunde erschienen, und anstatt einer letzten Schlacht zwischen Gut und Böse hatten die offenbar postmodernistisch inspirierten Götter beschlossen, den Weltuntergang sinnlos und unpersönlich zu gestalten. Das Jüngste Gericht, dessen Sitzung man mit unterschiedlichen Vorwänden immer wieder verschoben hatte, war endgültig abgesagt worden, und jene, die auf dem Ölberg - dem teuersten Friedhof der Welt - ruhten, hatten sich ganz umsonst die besten Plätze im Parkett gesichert. Keine Engel würden Posaunen blasen, kein Weltgericht war anberaumt, keine Gerechten und keine Sünder, keine Auferstehung, kein Eden und kein Inferno; uns allen stand nichts weiter bevor als das Ende unseres Daseins.
    Augenwischerei hatten sie betrieben, die biblischen Propheten. Und die bärtigen muslimischen Weisen waren genauso darauf reingefallen wie die christlichen Theologen. Alles würde völlig unspektakulär ablaufen.

    Die Zuckungen der Erde würden einfach immer schlimmer werden, bis ein gewaltiger Kataklysmus die Kontinente unter den Füßen der Menschheit zermalmen und in die Tiefe des Ozeans hinabstürzen würde.
    Die Kinder, die am Meer im Sand spielten, konnten ihre Burgen verstärken, Wasserkanäle buddeln und mit Pflastersteinen Schutzwälle errichten, so viel sie wollten. All diese Kniffe der Ingenieurskunst würden nur so lange aushalten, bis die nächste Flut sie ebenso gleichgültig fortschwemmte wie die taiwanischen Wolkenkratzer. Verglichen mit der Urgewalt des Ozeans war der Mensch eine winzige Laus, und deshalb würden die amerikanischen Städte genauso in den salzigen Wassermassen untergehen wie die japanischen, deutschen oder russischen. Und machtlos würde er dann die Arme ausbreiten, der allmächtige, gottgleiche Sergej Kotschubejewitsch Schaibu.
    Einknicken und im Abgrund versinken würden die Petronas-Zwillingstürme in Kuala Lumpur, bersten würde das müde Tragwerk des Eiffelturms, als Marmorkrümel würden die Paläste und Tempel des ewigen Rom vergehen, die Hunderte von Generationen überlebt hatten, unter den sich schließenden Wellen würde zum Abschied, wie eine in den Brunnen geworfene Goldmünze, die Kuppel der Al-Aqsa-Moschee aufleuchten, der darunter verborgene Fels würde zerbersten, und ein Strudel von nie dagewesener Kraft würde die gigantischen Blöcke der Klagemauer samt den Fetzen jüdischer Gebetszettel mit sich reißen.
    Auch wenn bis jetzt kaum jemand daran glaubte, so würde mit jedem neuen Erdbeben, Tsunami, Vulkanausbruch die
Zahl der Ahnungsvollen

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