Sumerki - Daemmerung Roman
Guardian des Klosters der Stadt Yzamal, der die Unterstützung des Gouverneurs und das Wohlwollen des Generals seines Ordens genoss, durch einen seiner Vertrauten von diesem wundersamen Buch erfuhr. Dass sowohl jene Indios, die er taufte, als auch jene, die er folterte, ihm dasselbe berichteten: Es gebe keine heiligere Schrift als dieses Buch und keine wichtigeren Erkenntnisse als die darin verborgenen Wahrheiten, denn in diesem Buche sei die gesamte Welt enthalten vom Anfang bis zum Ende.
Dass er dieses Buch für aufrührerisch und gotteslästerlich erachtete, da es sich in Gottes Werk einmische, sowie überaus gefährlich, da es
alle Ereignisse vorherbestimme, die geschehen würden, und so den Indios wie auch den Spaniern zu beweisen versuche, dass es in niemandes Macht, nicht einmal in der unseres Herrn sei, das Vorgezeichnete zu ändern.
Dass er darum große Angst bekam, diese Chronik könne nicht nur dem Stande der Spanier in Yucatán Schaden zufügen, sondern, ins Kastilische übertragen, in den Herzen aller Katholiken Europas Unruhe stiften, und daher beschloss, sie zu vernichten. Dass er jedoch vor anderen Menschen von der Existenz dieses satanischen Buches nicht sprach, allzumal er nicht wusste, wie es aussah noch wo es zu suchen sei.
Dass alsdann jener Fray Diego de Landa andere Mönche sowie den Gouverneur und einige Offiziere davon überzeugte, dass solange die hiesigen Priester noch irgendwelche Handschriften oder Götzenfiguren besäßen, der Glaube der Indios an Jesus Christus und die Heilige Jungfrau Maria flach bleiben würde wie das Wasser an der Küste vor Yucatán. Dass als Vorwand dafür ein Vorfall diente, bei dem Fray de Landa blutverschmierte heidnische Statuen entdeckte, denen die Indios in Maní angeblich Opfer dargebracht hätten.
Dass er spanische Abteilungen in alle umliegenden indianischen Siedlungen entsandte, und diese die dort aufbewahrten alten Bücher beschlagnahmten sowie zugleich die hölzernen Bildnisse und alles Weitere, was die Heiden noch für ihren Götzendienst verwendeten. Dass ihnen allen befohlen ward, das Beschlagnahmte nach Maní zu bringen, und falls es unmöglich sei, das satanische Schriftstück ins Franziskanerkloster zu bringen, so solle es direkt vor Ort verbrannt werden.
Dass auch ich an einer dieser Expeditionen teilnahm, und mit mir Fray Joaquín, ein Mönch und Vertrauter Fray de Landas, in der Welt bekannt als Joaquín Guerrero, und die Señores Vasco de Aguilar und
Gerónimo Núñez de Balboa und außer uns noch etwa vierzig Spanier sowie indianische Wegführer. Dass Fray de Landa weder mir noch den anderen beiden Señores, sondern allein Fray Joaquín das wahre Ziel unseres Marsches mitgeteilt hatte.
Dass am zwölften Juli des Jahres 1562 a. d. Fray Diego de Landa sämtliche indianische Handschriften, welche in reicher Zahl von den Soldaten nach Maní gebracht worden waren, dem Feuer übergab und so das größte Autodafé befahl, das je in Yucatán gesehen wurde. Dass dieses aus einem einzigen Grunde durchgeführt wurde, nämlich um die ›Chronik des Künftigen‹ zu zerstören. Dass nach diesem Autodafé die Indios kein einziges Buch mehr ihr Eigen nannten und Fray de Landa somit zu dem Glauben gelangte, dass die gesuchte Handschrift mit all den anderen zerstört worden sei.
Dass aber das Buch, welches er verbrennen wollte, gerettet wurde. Und dass Gottes Absicht, nach der es für die heute Lebenden und für ihre Kinder, und für die Kinder ihrer Kinder und die Enkel ihrer Enkel aufbewahrt werden solle, durch meine Hand erfüllt wurde. Dass es mir gelang, dieses heilige Manuskript, welches mir von indianischen Priestern übergeben wurde, zu retten und nach Madrid zu bringen, wo es in den königlichen Archiven verborgen wurde.
Dass ich das Autodafé, welches Fray de Landa in seinem blinden Eifer durchführen ließ, beobachtete, nachdem ich mich in ein Kaufmannsgewand verkleidet und mein Gesicht unkenntlich gemacht hatte. Dass ich bei der Verbrennung auch Fray Joaquín erblickte, der so heimtückisch ist wie eine Schlange und ebenso langlebig - den Einzigen, der außer mir von unserer Expedition zurückgekehrt war.
Dass ich selbst nur dank der Hilfe meines treuen Freundes heimkehrte, des Indios Juan Nachi Cocom, sowie dank einiger Maya, die mich an allen Gefahren vorbei über geheime Pfade führten; Fray Joaquín aber hatte wohl der Teufel selbst geholfen.
Dass ich mich sodann mit der nächsten Karavelle nach Kastilien begab, wo ich von den
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