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Sumerki - Daemmerung Roman

Titel: Sumerki - Daemmerung Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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zu hungern begonnen hatten.
    Dass aber weder Juan Nachi Cocom noch Hernán González sich an der Feier beteiligten, sondern mit besorgten Mienen abseits miteinander flüsterten. Dass sie dadurch meine Aufmerksamkeit erweckten und ich mich ihnen näherte, um in Erfahrung zu bringen, worüber sie redeten, sie sich aber in ihrem indianischen Dialekt unterhielten.
    Dass sie, als ich ihr Gespräch unterbrach, einen überaus bestürzten und ängstlichen Eindruck machten, sich jedoch mir gegenüber nicht verschlossen und ihre Warnungen wiederholten und Hernán González erneut sprach, er habe gesündigt, weil er uns in diese Gegend geführt habe, und dass er dies werde büßen müssen. Dass er daraufhin das Gespräch unterbrach und sich in einen stillen Winkel unseres Lagers
zurückzog, um sich dem Gebet zu widmen, und ich beschloss, ihn nicht weiter zu bedrängen, jedoch einem der Soldaten befahl, das Halbblut zu beobachten.
    Dass alle anderen an jenem Abend feierten und fröhlichen Sinnes waren, und dass es, obwohl sich viele betranken, nicht zu den üblichen Prügeleien kam. Dass allein ich die Gefahren nicht vergessen konnte, von denen die Wegführer gesprochen hatten, und in der Nacht das Lager durchstreifte, in der Erwartung eines Angriffs von Indios oder wilden Tieren. Dass ich dies so lange tat, bis mich der Schlaf überwältigte, und doch nichts Seltsames oder Verdächtiges finden konnte.
    Dass die Soldaten bis zum Morgen feierten und tranken und ich sie nicht daran hinderte, da sie schon einen großen Teil des Weges zurückgelegt und also eine gute Erholung verdient hatten. Dass einige noch immer zechten, als ich mich schlafen legte, und ich ihre Ausrufe hörte. Dass ich erst im Morgengrauen erwachte, da ich den Schrei eines Tieres hörte, den ich für das Brüllen eines Jaguars hielt. Dass das Tier jedoch zu weit entfernt war und der Schrei sich nicht wiederholte und ich mich deshalb nicht von meiner Schlafstatt erhob und erneut einnickte.
    Dass an jenem Morgen, nachdem die Wache uns geweckt hatte, ein Soldat herbeigelaufen kam und mir mitteilte, unser Wegführer Hernán González habe sich in dieser Nacht mit einem Strick aufgeknüpft und sich so das Leben genommen. Dass ich das Halbblut tatsächlich von dem Ast eines Baumes hängend entdeckte, einige Schritt von jenem Ort entfernt, wo er sein Nachtlager eingerichtet und ich ihn am Vorabend im Gebet zurückgelassen hatte.
    Dass der Wächter, den ich bei ihm postiert hatte, keine Erklärung fand, wie dies hatte geschehen können und zu welcher Stunde Hernán González sich das Leben genommen hatte. Dass er nur sagte, er habe González die ganze Nacht nicht aus den Augen gelassen,
ohne dass dieser etwas bemerkte. Nachdem er gebetet hatte, habe er sich hingelegt und sei ruhig und tief eingeschlafen und habe dabei sogar geschnarcht. Dass der Soldat sagte, er wisse nicht mehr, wann ihn die Müdigkeit überwältigt habe, und er mich anflehte, ihm seine Unaufmerksamkeit zu verzeihen. Dass ich ihn dafür hart auspeitschen ließ, da nun unser Schicksal von einem einzigen Wegführer abhing, der am Leben geblieben war.«
     
    An dieser Stelle endete das Kapitel plötzlich.
    Das war es also. Die beiden Indios hatten ihren Verrat erst begangen, als sie die Spanier durch die todbringenden Sümpfe geführt hatten. Sie wussten, dass sie es mit zwei Dutzend schwer bewaffneten Soldaten nicht aufnehmen konnten, also hatten sie beschlossen, sie einfach ihrem Schicksal zu überlassen. Ohne Führer war den Fremdlingen der Weg zurück verschlossen - die Sümpfe würden sie verschlingen, bevor sie auch nur eine halbe Legua vorangekommen waren.
    Worüber hatten Juan Nachi Cocom und Hernán González in der Nacht des Festmahls gesprochen? Hatten sie gemeinsam gebetet? Hatten sie gewürfelt, wer zuerst zu den Ahnen zurückkehren sollte? Hatten sie besprochen, was der eine tun würde, sobald der andere sich das Leben genommen hatte? Beide hatten gewusst, dass diese Nacht ihr Schicksal bestimmen würde, und daher nicht an dem Gelage teilgenommen.
    Weder das Kreuz an der Kette noch sein christlicher Taufname noch die plumpen, von den Mönchen selbst an die Wände der Klosterkapelle von Izamal gemalten Fresken mit den Szenen des Fegefeuers hatten Hernán González daran gehindert, eine der schrecklichsten Sünden zu begehen,
die der Glaube seines geistigen Ziehvaters kannte: den Selbstmord.
    Die Götter, von denen ihm seine indianische Mutter erzählt hatte, waren doch mächtiger gewesen,

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