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Sumerki - Daemmerung Roman

Titel: Sumerki - Daemmerung Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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Unaufrichtigkeit Fray de Landas wohl merkte und nach diesem Gespräch Fray Joaquín und Señor Vasco de Aguilar zu mir bat, um ihnen meine Gedanken mitzuteilen, und sie fragte, ob sie etwas über das uns Aufgetragene wüssten, was mir vorenthalten worden sei, und ob der Guardian sie mit anderen Dingen beauftragt habe als den mir bekannten.
    Dass sowohl Fray Joaquín als auch Vasco de Aguilar sich wunderten und sagten, sie wüssten nichts dergleichen. Dass sie fragten, wer
mir dies berichtet habe. Dass ich ihnen daraufhin von der Erzählung des Wegführers berichtete und sie ermahnte, diesen Bericht geheim zu halten.
    Dass ich dann sah, wie Señor de Aguilar Hernán González beiseite nahm und mit ihm sprach, und wie dieser ganz verwirrt war. Dass wir uns an jenem Tage berieten und beschlossen, dennoch weiterzugehen, obwohl uns der Wegführer vor neuen Gefahren gewarnt hatte, die auf uns warteten.«
     
    Von Gold noch immer kein Wort. Dafür schienen sich meine Vermutungen über die Wegführer allmählich zu bewahrheiten. Das Halbblut gab den Spaniern anscheinend noch eine letzte Chance, sich zu besinnen und umzukehren, ja er war sogar bereit, seinen Mentor zu verleumden, nur um sie am Weitergehen zu hindern. Wollte er damit unschuldige Leben retten oder seine unsterbliche Seele?
    Wie auch immer, es würde den Wegführern nicht gelingen, die Spanier von ihrem Vorhaben abzubringen. Es waren nur noch wenige Tage bis zum Ziel der Expedition - und genau in dieser Zeit würden sich die entscheidenden Ereignisse zutragen, die diesem Bericht seinen Sinn verliehen!
    Aber auch Diego de Landa war offenbar kein Kind von Traurigkeit. Der befragte Indio hatte sich gewunden, hatte versucht einer Antwort auszuweichen, und erst die Angst vor dem Feuer hatte bewirkt, dass er seinen Paten verriet. Schade nur, dass der Konquistador nicht hartnäckiger gewesen war und sich mit Hernán González’ spärlichem Gestammel zufrieden gegeben hatte. Hielt er den Wegführer
am Ende für geistesgestört und fürchtete, dieser könne endgültig den Verstand verlieren?
    Ein gewisser Gegenstand, der nicht nur für die Maya, sondern für alle Menschen von Bedeutung war? Hier ging es nicht mehr nur um irgendwelche Schätze. Aber worum es ging, das entzog sich meiner Vorstellungskraft. Was genau benötigte der künftige Bischof von Yucatán so dringend, und wofür? Bücher? Götzenstatuen? Zu welchem Zweck? Glaubte er vielleicht, dass sie über magische Kräfte verfügten, und versuchte er, diese alten Artefakte an sich zu reißen, weil sie die Macht und die Geheimnisse jenes einst großen Volkes in sich bargen?
    Natürlich gab es auch noch eine andere Möglichkeit: Die Indios logen weiter, hofften noch immer, die Anführer der Truppe einzuschüchtern und unter den einfachen Soldaten Verwirrung zu stiften. Was immer sie auch bewegte: Mit jedem Tag führten sie die Spanier immer weiter vom eigentlichen Ziel fort - immer tiefer ins Dickicht, in wilde Gegenden, in die wahrscheinlich noch nie zuvor ein Mensch seinen Fuß gesetzt hatte.
    Zur Sicherheit untersuchte ich bei Kümmerling akribisch sämtliche Karten Yucatáns, auf denen die Orte eingezeichnet waren, wo die Maya in unterschiedlichen Epochen gesiedelt hatten. Es gab eine frühe, klassische und postklassische Periode (auf Letztere fiel die Eroberung durch die Spanier). Lage und Namen der Siedlungen änderten sich, unergründliche Migrationsströme zogen die Indios von einer Gegend in eine andere, hier wurden Städte verlassen, dort neue errichtet, wieder andere erhoben sich erneut aus ihren Ruinen - doch jenes Gebiet, in das die Wegführer
meine Spanier führten, war über Jahrtausende unberührt geblieben. Selbst auf dem Höhepunkt ihrer Zivilisation, als die Maya ein mächtiges Reich errichtet hatten, dessen Macht über die Grenzen Yucatáns hinausreichte, wagten sie es nicht, in diese Gebiete im Südwesten der Halbinsel vorzudringen.
    Ich lief in die Küche, machte Wasser heiß und nahm den frisch aufgebrühten Tee in der Kanne mit in mein Zimmer. Es wäre mir wie Ketzerei vorgekommen, faul auf dem Sofa herumzusitzen, bis der Tee gezogen hatte, ganz zu schweigen von der Zeit, die für die Zubereitung des Abendessens draufgehen würde. Ich verspürte ohnehin keinen Hunger, und der süße Tee besänftigte die noch undeutlichen Regungen meines Magens, so dass ich mich alsbald wieder an die Lektüre machen konnte.
     
    »Dass wir alsdann eine ungute und verderbte Gegend betraten, wo der Boden

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