Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
schön sauer. L’il hat es ihr nämlich erst kurz vorher gesagt.«
»Und wann kommt sie wieder?«, frage ich mit panisch ansteigender Stimme.
Das Mädchen hebt ratlos die Schultern.
»Hat sie eine Adresse oder eine Telefonnummer hinterlassen? «
»Nein, nichts. Sie hat nur gesagt, dass sie nach Hause muss.«
»Okay, danke«, sage ich resigniert, als mir klar wird, dass nicht mehr aus ihr herauszuholen ist.
Verwirrt mache ich mich auf den Rückweg zu Samanthas Apartment und versuche zu begreifen, was der Grund für L’ils überstürzte Abreise sein könnte, während ich gleichzeitig mein Hirn nach allem durchforste, was ich über sie weiß. Ihr richtiger
Name ist Elizabeth Reynolds Waters, das ist schon mal ein Anfang. Aber wie heißt noch gleich die Stadt, aus der sie stammt? Ich weiß nur, dass sie aus North Carolina kommt und Capote schon länger kennt. Sie hat irgendwann einmal erwähnt, dass sich praktisch alle Südstaatler untereinander kennen. Wenn sie am Sonntag abgereist ist, müsste sie mittlerweile zu Hause angekommen sein, selbst wenn sie mit dem Auto gefahren sind.
Mir bleibt nur eins: Ich muss mich auf die Suche nach ihr machen.
26
Nachdem ich eine Weile ziellos umhergewandert bin, stelle ich plötzlich fest, dass ich in der Straße gelandet bin, in der Capote wohnt. Ich erkenne das Haus sofort wieder. Sein Apartment liegt im zweiten Stock, die altmodischen gelben Vorhänge vor seinem Fenster sind nicht zu übersehen.
Zögernd bleibe ich davor stehen. Wenn ich jetzt bei ihm klingele und er da ist, wird er bestimmt denken, dass ich gekommen bin, um weiterzumachen, wo wir neulich Abend aufgehört haben. Möglicherweise bildet er sich sogar ein, der Kuss hätte mir so gut gefallen, dass ich mich Hals über Kopf in ihn verliebt habe. Vielleicht reagiert er aber auch abweisend, weil er befürchtet, dass ich ihm nachträglich wegen seines ungebührlichen Verhaltens eine Szene machen will.
Und wenn schon. Ich mache mir viel zu große Sorgen wegen L’il, als dass ich mir darüber den Kopf zerbrechen will, was dieser dämliche Capote denken könnte. Entschlossen drücke ich auf die Klingel.
Einen Augenblick später geht das Fenster im zweiten Stock auf und Capote streckt den Kopf heraus. »Wer ist da?«
»Ich bin’s«, rufe ich winkend.
»Oh. Carrie.« Er wirkt nicht sonderlich erbaut darüber, mich zu sehen. »Was willst du?«
Ich stemme die Hände in die Hüften. »Hättest du vielleicht die Güte, mich reinzulassen?«
»Ich hab aber nicht viel Zeit.«
»Sehr gut. Ich auch nicht.« Großer Gott. Was für ein arroganter Mistkerl.
Er verschwindet und taucht kurz darauf einen Schlüsselbund schwenkend wieder im Fenster auf. »Der Drücker ist kaputt«, ruft er und wirft ihn zu mir herunter.
Wahrscheinlich ist er kaputt, weil ständig irgendwelche Frauen bei ihm klingeln, denke ich, während ich die Treppe hochgehe.
Capote steht in einem zerknitterten weißen Hemd und einer schwarzen Smokinghose in der Tür und nestelt an einer glänzenden Fliege herum. »Was hast du denn vor?«, frage ich spöttisch und betrachte seine Aufmachung.
»Wonach sieht es denn aus?« Er tritt einen Schritt zur Seite, um mich hereinzulassen. Falls er sich überhaupt an unseren Kuss erinnert, lässt er sich jedenfalls nicht das Geringste anmerken.
»Keine Ahnung, ich hätte nur nicht erwartet, dich in so einem Pinguinanzug anzutrefen. Passt irgendwie nicht zu dir.«
»Anscheinend schätzt du mich da falsch ein«, entgegnet er eingeschnappt.
»Das rechte Ende muss unter dem linken durchgezogen werden«, sage ich und zeige auf die Fliege. »Warum nimmst du nicht eine, die schon vorgebunden ist?«
Wie erwartet bringt ihn meine Bemerkung sofort in Rage. »Niemals! Ein wahrer Gentleman trägt immer eine echte Fliege. «
»Klar.« Ich streiche mit den Fingerspitzen über einen Stapel Bücher, der auf dem Couchtisch liegt, und mache es mir dann auf dem durchgesessenen Sofa bequem. »Wohin gehst du?«
»Auf eine Benefizgala.« Er nimmt stirnrunzelnd zur Kenntnis, dass ich mich gesetzt habe.
»Für wen oder was wird gespendet?« Ich greife mit demonstrativer Gelassenheit nach einem der Bücher und blättere darin.
»Für Äthiopien.«
»Ach, das heißt, du denkst ausnahmsweise auch mal an andere und nicht nur an dich?«
»Darüber macht man keine Witze, Carrie. Die Menschen dort verhungern.«
»Und um das zu ändern, lasst ihr euch auf der Gala ein exquisites Sieben-Gänge-Menü servieren? Warum schickt ihr
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