Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
so, als würde jeder auf seinem eigenen Planeten leben.
»Carrie hat mir erzählt, dass du Lyrik studierst«, sagt Miranda zu L’il.
»Stimmt. Und du?«
»Miranda studiert Frauenforschung«, werfe ich eifrig ein.
»Aha.« L’il lächelt. »Nicht dass du mich jetzt falsch verstehst, aber was kann man damit später mal beruflich machen?«
»Alles Mögliche«, gibt Miranda stirnrunzelnd zurück. Wahrscheinlich fragt sie sich, was man mit einem Abschluss in Lyrik später mal beruflich machen kann.
»Miranda ist wahnsinnig engagiert«, springe ich für sie in die Bresche. »Sie setzt sich für ein Gesetz gegen Pornografie ein und arbeitet ehrenamtlich in einem Frauenhaus.«
»Du bist Feministin, verstehe.« L’il nickt.
Miranda lächelt kühl.
»Ich bin auch Feministin«, sage ich. »Alle Frauen sollten Feministinnen sein …«
»Das heißt, du hasst Männer.« L’il trinkt einen Schluck von ihrem Bier und wirft Miranda über den Tisch hinweg einen angrifslustigen Blick zu.
»Und wenn es so wäre?«, erwidert Miranda.
Oh-oh. Der Abend läuft irgendwie nicht so, wie ich es mir erhofft hatte. »Also ich hasse nicht alle Männer, sondern nur die, die meinen Flirtversuchen widerstehen«, versuche ich die Atmosphäre durch einen Scherz zu entschärfen.
Aber L’il geht nicht darauf ein. »Und wie willst du mit deinem Männerhass jemals heiraten und Kinder bekommen?«, fragt sie Miranda.
»Wenn du allen Ernstes der Meinung bist, dass der einzige Lebenszweck einer Frau darin besteht, zu heiraten und Kinder zu bekommen …« Miranda lässt das Ende des Satzes unausgesprochen in der Luft schweben und zuckt nur überheblich lächelnd die Schultern.
»Das habe ich nicht gesagt«, antwortet L’il ungerührt. »Wenn eine Frau heiratet und Kinder bekommt, bedeutet das ja nicht automatisch, dass das ihr einziger Lebensinhalt ist. Man kann Kinder haben und trotzdem alle möglichen anderen Sachen machen.«
»Da hat sie natürlich auch wieder recht«, versuche ich zu vermitteln.
»Solange wir in einer patriarchalischen Gesellschaft leben, halte ich es für falsch, Kinder in die Welt zu setzen«, erklärt Miranda entschieden. Bevor das Gespräch vollends aus dem Ruder läuft, kommen zum Glück die Samosas, die wir als Vorspeise bestellt haben.
Rasch nehme ich mir eines der frittierten Gemüsebällchen, tauche es in eine Schale mit roter Soße, die dazu serviert wurde, und stecke es mir in den Mund. Kaum habe ich »Mhm, köstlich! « gerufen, fangen auch schon meine Augen an wie wild zu tränen und mein Rachen brennt wie Feuer. Nach Atem ringend, wedle ich mir mit der Hand vor dem Mund herum, während Miranda und L’il in schallendes Lachen ausbrechen. »Warum habt ihr mir nicht gesagt, dass die rote Soße so scharf ist?«, keuche ich, als ich wieder sprechen kann.
»Weil du uns nicht gefragt hast«, kichert Miranda. »Du hast das Ding sofort in die Soße getunkt. Ich dachte, du weißt, was du tust.«
»Weiß ich auch.«
»Auch beim Sex?«, fragt Miranda und grinst hinterhältig.
»Warum müssen eigentlich alle ständig über Sex reden?«
»Weil es Spaß macht?«, schlägt L’il vor.
»Ha!«, sage ich und deute auf Miranda. »Ihr nicht. Sie hasst Sex.« Ich deute auf Miranda.
»Nur den ›Geschlechtsverkehr‹.« Miranda malt Anführungszeichen in die Luft. »Ich frage mich sowieso, warum es Verkehr genannt wird. Das Wort Verkehr steht für gesellschaftlichen Umgang, sozialen oder verbalen Austausch, aber beim Sex geht es um pure Penetration, also um das Eindringen in etwas. Das hat für mich nichts mit Geben und Nehmen zu tun.«
Unsere Currys werden serviert – drei Schalen, deren Inhalt jeweils hellbraun, dunkelbraun und knallrot gefärbt ist. Nach meiner Erfahrung von eben nehme ich mir vorsichtshalber nur von dem hellen Curry. L’il schöpft sich etwas aus der braunen Schale auf den Teller und schiebt sie dann zu Miranda rüber. »Im Idealfall ist es angeblich wie ein Gespräch ohne Worte«, sagt sie.
Miranda, die gerade den Mund voll hat, zieht nur skeptisch die Brauen hoch.
»Der Penis und die Vagina kommunizieren miteinander.«
»Klingt irgendwie seltsam«, sage ich zweifelnd.
»So hat es mir meine Mutter immer beschrieben«, erzählt L’il. »Man spricht ja nicht umsonst auch vom Liebesakt.«
»Es ist ein kriegerischer Akt«, ereifert sich Miranda. »Der Penis verlangt: Lass mich rein, und die Vagina schreit: Hau bloß ab, du widerliches Ding.«
»Oder sie seufzt und sagt: Na schön, aber
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