SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
Dutzend Ladungen C4. Der plastische Sprengstoff bereitete Saunders keine Sorgen. Er hatte unzählige Male während seiner Dienstzeit in der U.S.-Army mit dem leicht formbaren Material hantiert und Detonationen ausgelöst. Auch dieses Mal würde es an ihm sein, die Ladungen fachgerecht anzubringen und zu zünden. Saunders Bedenken bezogen sich auf ihren Einsatzort. Sie befanden sich in Aserbaidschan nahe eines Flussdeltas des Kura, in der Nähe der georgischen Grenze. Das Team war in Arbeitsjacken der staatlichen aserbaidschanischen Ölfördergesellschaft SOCAR gekleidet. Dazu schwere Stiefel, Baseballcaps, Cargohosen und dicke Arbeitshandschuhe. Der Auftrag war einfach auszuführen, aber äusserst riskant. Sie würden zu Fuß eine halbe Meile durch den Gara Yaz Nationalpark entlang des Flusses marschieren und bei den vorgegebenen Koordinaten ein Loch graben. Die transkaukasische Pipeline – auch «Baku-Tiflis-Ceyhan-Pipeline» oder kurz BTC genannt – verlief durch dieses Gebiet. Sie war bei der Konstruktion einen Meter tief in den Boden eingegraben worden, um Beschädigungen und Anschlägen vorzubeugen.
Nummer eins hatte das Team am Abend zuvor in ihrem Hotel in Tiflis über zwei Stunden lang intensiv für die bevorstehende Aufgabe instruiert. Die Nacht war kurz gewesen. Der Aufbruch früh. Die Fahrt nach Rustavi und weiter Richtung Südosten über die Grenze hatte etwas länger als eine Stunde gedauert.
Bisher war alles glatt gelaufen. Der Kontaktmann vor Ort hatte ihnen 15 Kilometer hinter der Grenze, ein Stück außerhalb eines ärmlichen Dorfes namens Yuxan Salahli, die SOCAR-Kleidung und die Taschen mit den restlichen Utensilien in einem Versteck hinterlegt.
Nummer eins drängte zur Eile. Die Pipeline wurde auf der gesamten Länge in allen beteiligten Ländern Aserbaidschan, Georgien und der Türkei durch Patrouillen einer Sondertruppe bewacht. Dazu kamen Aufklärungs-Drohnen der U.S.-Army, welche die Überwachung aus der Luft sicherstellten. Die Drohnen in der Luft würden durch die SOCAR-Uniformen leicht zu täuschen sein. Es gab öfters Wartungsarbeiten an verschiedenen Stellen der vergrabenen Pipeline zu erledigen. Das höhere Risiko stellten die mobilen Patrouillen der Abschnittswache dar. Die Einsatzkräfte hielten sich an keinen fixen Wachplan. Es konnte jederzeit einer der bewaffneten Wachtrupps auftauchen. Und diese würden bald herausfinden, dass an dieser Stelle keine Wartungsarbeiten geplant waren.
Das Team setzte sich zu Fuß in Bewegung und arbeitete sich im Schutz der Sträucher und des hochstehenden Schilfes entlang des Flusses in Richtung der angepeilten Koordinaten vor. Die Landschaft erwachte aus ihrem Schlummer. Vögel pfiffen aus den Büschen etwas weiter oben am Hang, wo die frische Brise die dürren Äste rascheln machte. Es roch nach Schmelzwasser und Laub. Das Wasser des Kura war milchig blau, die Sandbänke zwischen den Armen des Flusses schimmerten blassrosa. Die Uferregion war von örtlichen Bauern an einigen Stellen zum Anbau von Reis oder Gemüse in unregelmäßig geformte Flächen unterteilt. Der Boden war gelb, an manchen Stellen grünlich und ockerfarben.
Nach einer halben Stunde geduckten Vorrückens erreichte das Team die besagte Stelle, etwa zweihundert Schritt vom Fluss entfernt. Nummer zwei und Nummer sechs begannen auf der Stelle mit dem Ausheben der Sprengnische. Der Untergrund war lehmig und die Arbeit schwer.
Saunders benötigte eine Viertelstunde für die Anbringung der Ladung, sobald die Pipeline freigelegt war. Eine Sprengung ohne vorherige Grabung würde im schlechtesten Fall nur eine leichte Beschädigung verursachen. Das wollte Nummer eins unter keinen Umständen riskieren. Saunders machte sich daran, die Ladungen zu koppeln und für die Sprengung per Funk vorzubereiten.
Der Kommandant blieb in der Nähe der grabenden Männer, Nummer vier und Nummer fünf entfernten sich je fünfzig Schritt in entgegengesetzte Richtung, um die Umgebung abzusichern. Die Morgendämmerung zog herauf. Die ersten Sonnenstrahlen drangen über das Gebirge im Osten.
Eine halbe Stunde noch, dann steht Sonne über den Gipfeln. Wir sollten uns beeilen.
Nummer eins gab das Zeichen an Saunders. Das Loch war tief genug. Die Sprengladungen kamen eine nach der anderen, verbunden mit einem schwarz ummantelten Draht, in die Grube. Der Empfänger für das Funksignal war ebenfalls mit einem Draht an die Ladungen gekoppelt. Nummer eins machte ein weiteres Zeichen, und
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