SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
Tun Sie genau, was ich sage, ich lasse Sie beschatten. Kommen Sie anschließend alleine und zu Fuß zum Südtor des Burggartens für weitere Instruktionen! Keine Tricks!»
Tony folgte den Anweisungen. Ein paar Minuten später hatte sich die Nachricht in Asche und Staub aufgelöst. Das schwarze Häufchen der Überreste ruhte im Aschenbecher.
Tony richtete seinen Begleitern flüsternd aus, dass sie im Hotel auf ihn warten sollen, er wisse nicht, wie lange es dauern würde.
Dann machte er sich auf den Weg zum Südtor, welches keine drei Minuten entfernt lag. Kaum hatte er es durchschritten, wurde er von einem Mann scheinbar aus Versehen angerempelt. Tony stolperte, ein Paket fiel neben ihm zu Boden.
Der Mann mit Hut und grauem langem Mantel ging eiligen Schrittes weiter und stieg in ein am Opernring wartendes Auto mit getönten Scheiben. Kaum hatte sich Tony versehen, war das Fahrzeug samt dem Unbekannten verschwunden. Er rappelte sich auf, wischte den Straßenstaub von seinem Anzug und hob das Paket auf.
Darauf stand in dicken schwarzen Lettern mit Filzstift geschrieben «CASEY».
Tony ging zurück in den Park und setzte sich auf eine freie Bank, um das Paket zu öffnen. Es war schwerer als erwartet. Im Innern fand sich eine weitere Botschaft. Sie war gleich gestaltet wie die vorherige im Palmenhaus , nur fand sich auf diesem Ausdruck ganz zuoberst ein Portrait eines Mannes – ein Durchschnittstyp – und daneben eines einer attraktiven Frau zu sehen. Er um die fünfzig, sie knapp über dreissig.
«Schawalder betrügt seine Frau. Er trifft sich mit seiner Geliebten jeden dritten Abend in einem Stundenhotel namens Gerberich oder bei ihr zu Hause in einer Villa an der Bellevuestraße, Wien Döbling. Er fährt einen schwarzen Mercedes. Der Inhalt dieses Pakets könnte nützlich für Sie sein. Tun Sie, was nötig ist, aber Schawalder darf nicht sterben. Wenn er eingewilligt hat und Sie Ihren Auftrag erledigt haben, werfen Sie den Inhalt dieses Pakets nachts von der Brücke in der Nähe des Ölhafens in die Donau! Kommen Sie anschließend zur Monaco-Bar ! Fragen Sie den Barkeeper nach Nick! Notieren Sie sich die wichtigsten Einzelheiten und verfahren Sie mit dieser Botschaft gleich wie vorhin!»
Tony verbrannte den Zettel, nachdem er die wichtigsten Fakten auf seinem Mobiltelefon notiert hatte. Er hob den in einen Müllsack eingewickelten Inhalt des Pakets mit beiden Händen hoch und wunderte sich, was es sein könnte. Das Bündel war rechteckig und wog ungefähr drei Kilo.
Eine Sammlung von Fotos mit Schawalder beim Liebesspiel? Das würde bedeuten, wir sollen ihn erpressen. Oder die Bilder direkt gleich seiner Frau zukommen lassen, das hätte auf jeden Fall einen nachhaltigen Effekt. Aber dafür ist das Bündel zu schwer. Hm …, vielleicht eine Kamera?
Tony entfernte das Klebeband und wühlte in Plastik.
Ach du lieber Himmel! Seine Hände ertasteten kaltes Metall. Im Bündel befanden sich zwei fabrikneue Pistolen und vier volle Magazine.
3
«Wenn ihr mich fragt, dann ist der Auftrag klar. Wir sollen den Schawalder mitten im Geschehen ertappen und ihn gleich vor Ort vor die Wahl stellen. Entweder er ruft seine Frau an und gesteht ihr alles, oder wir legen seine Geliebte um. Oder er bezahlt. Was auch immer er bezahlen muss. Leider wissen wir das nicht. Ihn umzubringen müssen wir natürlich um jeden Preis vermeiden, sonst bezahlt niemand mehr was und wir kommen mit Kranyek nicht weiter.» Naoto schien sich mit solchen Dingen auszukennen. Seine Darstellung klang sehr aufgeräumt, allerdings ging es hier um einen bewaffneten Überfall und nicht um einen Business Lunch mit einem schwierigen Kunden.
Tony schwitzte Blut. Seine Hände zitterten, als er seine Stimme erhob. «Wir sollen also Schutzgeld erpressen für Kranyek? Ohne dass sich dieser die Finger schmutzig machen muss? Ein feiner Herr! Und clever. Kein Cop oder Agent der Welt würde sowas tun für den Zugang zu diesem verdammten Himmelstor. Er will uns auf die Probe stellen. Hundert Pro.»
«Was haste erwartet, Boss? Der Yuri Goldkloss is nich aus Pappe.» Vince sah das Ganze locker. Auch er schien sich nicht doll an der Aufgabe zu stören.
Tony sah ein, dass sie keine Wahl hatten. Es gab sicher einen Grund, warum der Weißrusse sie auf Schawalder angesetzt hatte. Vielleicht war er mehrfachen Aufforderungen zur Begleichung seiner offenen Rechnungen nicht nachgekommen. Vernünftiges Diskutieren unter vier Augen fiel also als
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