SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
hinten genähert, es in den Würgegriff genommen und das japanische Kampfmesser oberhalb der schusssicheren Weste seitlich im Torso des Mannes versenkt. Die kleine ungeschützte Stelle zwischen Achsel und zweitoberster Rippe hatte sich einmal mehr bewährt.
Takeda packte den Mann mit beiden Händen unter den Achseln und schleppte den Körper in die Dunkelheit.
Ich sollte mich beeilen. Vince, Tony und die Frau müssen sich hier irgendwo befinden. Wahrscheinlich in einem der Räume im zweiten Stock. Ich darf sie nicht verlieren, sonst werde ich scheitern. Sie haben mich nicht enttäuscht. Aufrichtige Leute, zumindest dieser amerikanische Banker. Er hat meinen Respekt verdient.
Takeda steckte die Klinge zurück in seine Halterung am Oberkörper und lauschte in die Finsternis. Die weitläufige Bauleiche aus Beton, in deren Erdgeschoss er sich befand, stand auf der Flanke eines bewaldeten Hügels einige Kilometer landeinwärts.
Allem Anschein nach war das hier ursprünglich als gigantisches Anwesen geplant. Irgendwann ist der Bauherrschaft wohl das Schwarzgeld ausgegangen.
Takeda war es im Schutz der Dunkelheit gelungen, dem Kleintransporter ohne Aufsehen hierhin zu folgen. Er hatte von der Straße aus beobachtet, wie Tony und die anderen von den Schergen Sidorenkos in den Van verfrachtet worden waren.
Dieser Vince! Verdammtes Großmaul. Ich hab doch gewusst,dass sein Plan nicht aufgeht. Hab ihm gesagt, wir warten auf eine bessere Gelegenheit. Viel zu gefährlich, viel zu unübersichtlich da an der Küste. Es war klar, dass Tony und Natalia nicht auf der Stelle umgebracht werden, tot wären sie von keinerlei Nutzen für Sidorenko. Aber warum waren sie überhaupt verfolgt worden nach der Flucht vom Schiff? Etwas muss schiefgelaufen sein bei der Übergabe des «Geschenks». Vielleicht hat jemand an Bord der Yacht den Braten gerochen.
Takeda bewegte sich lautlos von einem Raum zum nächsten und versicherte sich, dass er keine Wachposten übersehen hatte. Die drei Sicherheitsmänner, die er beseitigt hatte, lagen gut versteckt in einer Nische unter dem Betonverbau, welcher die Treppe nach oben bildete.
Er wartete ein paar Minuten und horchte gespannt. Die drei anderen Angestellten Sidorenkos, welche Tony und die anderen nach oben geschleppt hatten, schienen sich ihrer Sache sehr sicher zu sein. Es war nichts zu sehen oder zu hören von ihnen.
Die haben bestimmt einen der Räume im oberen Stock für besondere Gelegenheiten eingerichtet. Schalldichte Tür. Schalldämmende Wandverkleidungen.
Takeda zog sich in eine Nische des Gebäudes zurück, holte sein Mobiltelefon hervor und aktivierte es. Seine linke Hand schirmte den schwachen Schimmer des Display-Lichts gegen außen ab.
«Alles ruhig, bleibe in der Nähe der Zufahrt.»
Haverings Nachricht war vor zehn Minuten abgeschickt worden.
Der Amerikaner ist Gold wert. Professionell und zuverlässig. Den möcht ich um keinen Preis zum Gegenspieler haben.
Mit der Gewissheit, dass Havering sich um die Absicherung der Umgebung kümmerte, prüfte Takeda nochmals seine Ausrüstung.
Alles klar. Auf nach oben!
2
Der Schlag traf ihn mitten ins Gesicht, gefolgt von einem Schwall eiskalten Wassers. Tony stöhnte auf. Langsam kam er zu sich. Sein Kopf schmerzte heftig und wummerte gefährlich nahe an Übelkeit und Schwindelgefühl. Der Raum schien sich seit geraumer Zeit um die eigene Achse zu drehen.
«Wach auf, Hurensohn! Wer hat euch geschickt?! Los! Raus mit der Sprache!»
Der Lauf einer massiven Pistole bohrte sich in Tonys linke Wange. Mehr Schmerz durchzuckte Tony’s Kopf.
Diese gottverdammte Quälerei. Hört das denn nie auf …?
Der bullige Schatten, welcher sich vor Tony aufgebaut hatte, und zu dem der kräftige Arm samt Waffe gehören musste, sprach in gebrochenem Englisch.
Tonys Kopf drehte sich langsam nach rechts. Sein linkes Auge war zugeschwollen, sein rechtes Auge ebenfalls lädiert. Sein verschwommener Blick fiel auf den Umriss einer Frau, an einen Stuhl gefesselt, den Körper mit blauen Flecken übersät und blutig, fast nackt, der Kopf schlaff herabhängend.
Natalia! Ich sehe nicht scharf. Was ist hier los?
Tony drehte seinen Kopf langsam in die andere Richtung, soweit das möglich war. Er schlotterte. Der karge Betonboden war von einem grellen Bauscheinwerfer erhellt. Wände und Decke bestanden ebenfalls aus rohem Beton, überzogen mit grober Wellpappe. Die Fensternischen waren zugemauert. Weiter links, etwas
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