SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
Bekannten und Freunden.
Tony schritt zum Mietwagen, der in der Zwischenzeit bereits wieder ausgetauscht worden war.
Dieser Naoto ist wahrlich ein Profi. Niemals vergisst er irgendwas, niemals überlässt er auch nur ein Detail dem Zufall. Ich wünschte, ich wäre dermaßen abgebrüht.
Tony öffnete den Kofferraum und verstaute den Koffer unter der Abdeckung im Fach des Reserverades. Er stieg ein und fuhr los. Der Weg vom südlichen Teil Manhattans über die Brooklyn Bridge quer durch die Stadt und zurück in die Hamptons würde etwas mehr als zwei Stunden dauern. Er hatte ein ungutes Gefühl und wünschte sich, er wäre bereits zurück in seinem Strandhaus. Oben an der Straße wartete Vince in einem zweiten Wagen und würde ihm den ganzen Weg zurück folgen, quasi als Geleitschutz. Aber auch das vermochte Tony nicht vollends zu beruhigen.
Tony fuhr die Zufahrt hinauf, senkte die Fensterscheibe und tippte den Code in die Tastatur. Es piepste zweimal; das stählerne Rolltor vor ihm öffnete sich. Er trat auf das Gaspedal und gelangte zurück auf die Park Row. Es war kurz nach 22 Uhr abends. Tonys Wagen rollte in langsamer Fahrt an Vince vorbei, der auf dem Parkstreifen wartete. Sein Geleitschutz bog hinter ihm auf die Straße ein und folgte ihm in kurzer Entfernung.
Die Fahrt verlief ruhig. Sie passierten die Brooklyn Bridge, gelangten zu den Brooklyn Heights und fuhren auf den Brooklyn Queens Expressway. Einige Zeit später hatten sie das dicht besiedelte Stadtgebiet verlassen und fuhren auf dem Long Island Expressway nach Osten. Tony sah sich alle paar hundert Meter nach seinem Begleiter um. Vince folgte ihm brav in gleichbleibendem kurzen Abstand. Nach etwas mehr als einer Stunde kamen sie an Medford vorbei und fuhren von der Autobahn ab. Ein Stück südlich lag der kleine Brookhaven Airport und der Ort Shirley, wo sie auf den entlang der Küste verlaufenden Sunrise Highway gelangen wollten. Die Verbindung zwischen den beiden Autobahnen führte rund drei Kilometer an Alleen und schmucken Anwesen entlang.
Tony blickte auf die Anzeige im Cockpit unterhalb des Tachos. Es war kurz vor 23.30 Uhr. Die Straßen waren leer, es war ein gewöhnlicher Wochentag und kaum jemand zu dieser Uhrzeit noch unterwegs.
Unvermittelt tauchte vor Tony ein Polizist in reflektierender Weste und mit einem Leuchtstab in der Hand auf und deutete an, langsamer zu fahren und das Fenster runterzulassen. Er wies Tony in eine Seitenstraße ein.
«Biegen Sie hier rechts ab, und fahren Sie weiter. Stoppen Sie nicht. bis Sie zur nächsten Kreuzung gelangen, hier läuft gerade ein Einsatz! Halten Sie nicht an! Danke für Ihre Kooperation, und einen schönen Abend Sir.»
Wahrscheinlich ein Unfall weiter vorn. Oder ein Einbruch. Halb so wild!
Tony bog ab und fuhr in niedrigem Tempo weiter. Hinter ihm folgte niemand.
Hat er Vince befohlen anzuhalten? Mist! Aber er kennt ja den Weg, er wird mich schon wieder einholen.
Die Straße, in welche Tony abgebogen war, führte an zwei verlassenen Grundstücken vorbei und durch ein kleines Waldstück. Im Rückspiegel war nach wie vor niemand zu sehen. Kein Vince, keine anderen Fahrzeuge. Auf einmal preschte von der Seite ein Lichterpaar heran und bog mit quietschenden Reifen hinter Tony auf die Straße ein. Der schwere dunkle Wagen überholte Tonys Auto und bremste abrupt.
Oh Gott! Der drängt mich ab! Vince, wo bist du? Das darf doch nicht wahr sein!
Tony stoppte den Wagen. Er zitterte am ganzen Körper. Aus dem anderen Fahrzeug stiegen zwei schwarz gekleidete Gestalten und näherten sich mit erhobener Waffe. Beide trugen schwarze Sturmhauben.
Ein Pistolenlauf klopfte an sein Autofenster.
Tony öffnete die Tür, hob die Hände über den Kopf und stieg aus. Es war kühl.
Seine Hände wurden nach unten gedrückt und hinter dem Rücken mit einem Kabelbinder zusammengeschnürt. Die Gestalt schwenkte die Pistole in Richtung anderes Fahrzeug und sagte kein Wort.
Tony folgte den Anweisungen und ging in Richtung des Wagens der beiden Unbekannten. Es handelte sich um einen dunklen Chevrolet-Van. Die Seitentür wurde aufgeschoben; der Pistolenlauf in Tonys Rücken machte ihm unmissverständlich klar, dass er einsteigen sollte.
Eine der beiden Gestalten stieg ebenfalls hinzu und schloss die Tür. Ein schwaches Licht erhellte das Wageninnere. Die Person gegenüber von Tony nahm die Sturmhaube weg.
«Natalia?! Verdammt, was soll dieser Aufzug?»
«Nur ruhig, Tony, tut mir
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