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SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

Titel: SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Dives
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schwarzen Rollkoffer in die Ecke. Er ging hinüber zum Sideboard aus massivem Kirschbaumholz. Alles war blitzblank rein. Das Putzpersonal hatte während seiner langen Abwesenheit ganze Arbeit geleistet.  
    Er öffnete seinen Veston aus festem Wollstoff, griff in die Innentasche und holte ein schwarzes mehrfach zusammengefaltetes Seidentuch heraus. Er zog den Veston aus und legte ihn behutsam auf das Sideboard. Er öffnete das mit kunstvollen schwarzen Drachenmustern – schwarz schimmernd auf dem dunklen Grund – verzierte längliche Tuch und legte es auf das Holz neben dem Veston. Er ertastete die filigranen Schnallen des Waffengürtels, welchen er stets unter dem Anzug am Brustkasten trug. Eine Maßanfertigung – wie alle anderen Kleidungsstücke, Schuhe und Nahkampfwaffen, die Takeda besaß. Unter seiner linken Achsel steckte seine Glock 9mm im Halfter, auf der rechten Seite eine zweite identische Handfeuerwaffe als Backup.  
    Weiter unten auf beiden Seiten von den Lenden bis hinauf unter die Halfter der Pistolen ruhten die Hamidashi flach am Körper, Spitze nach oben. Kurzer Griff, Klinge von 25 Zentimeter Länge, scharf wie Rasiermesser.  
    Takeda entfernte erst das rechte, dann das linke Messer nach unten weg aus der Scheide und betrachtete die Klingen im grellen Licht der Deckenbeleuchtung.  
    Leicht matt glänzend, tadellos.  
    Takeda legte die Kampfmesser auf das Tuch, ohne dass dabei ein Geräusch zu hören gewesen wäre. Er nahm die beiden Pistolen aus den Halftern – erst die rechte, dann die linke – entlud sie, entfernte das Magazin und legte sie ebenfalls auf das schwarze Tuch neben die eleganten schmalklingigen Tant ō .  
    Als Letztes öffnete er die Gürtelschnallen und schichtete den Waffengurt mit den Halftern und Messerscheiden fein säuberlich daneben.    
    Er betrachtete sein Arsenal einen Moment lang und war zufrieden. Schließlich wandte er sich ab und schaltete die HiFi-Anlage auf der anderen Seite des Raumes ein. Er stellte das Internetradio auf einen Lounge-Kanal und trat an die Glasfront seines Wohnzimmers. Es lief Moonlite von Monte La Rue – ein sanfter, leicht verwitterter Ambient Track. Wie passend , dachte der Krieger der Yakuza.  
    Musik hatte ihm schon immer zugesagt. Er mochte Musik. Sie half ihm in den wenigen Momenten, die er für sich selbst hatte, seine Gedanken aufzufrischen und zu klären. Daneben gab es nicht viel mehr als die Härte seiner Lebensweise, seine unerbittliche Disziplin. Und einen gelegentlichen Drink. Er trat zur Hausbar, die alle möglichen ungeöffneten Spirituosen enthielt, welche bereits bei der Wohnungsübergabe darin gestanden hatten. Er schenkte sich einen doppelten Wodka einer Edelmarke aus dem Gefrierfach ein und gab zwei Eiswürfel dazu. Er legte die Flasche, die mit einigen Wildgänsen verziert war, zurück in die Kälte. Es war das Einzige, was er trank, außer Tee und Sake. On the rocks.  
    Eins muss man den Westmännern lassen: Guten Sh ō ch ū machen sie.  
    Er schaute hinaus in die über die Stadt hereinbrechende Nacht und trank.  
    Und eins muss man uns lassen: Gigantische glitzernde Metropolen bauen wir.
    Seine Gedanken schweiften ab zur Schriftrolle. Sie ruhte noch in seinem Koffer, nachdem er sie im toten Briefkasten in einer Seitengasse neben einer nahegelegenen U-Bahn-Station abgeholt hatte vor seiner Rückkehr in die Wohnung. Er trat zum kompakten Gepäckstück, stellte das leere Glas zur Seite, nahm das Schriftstück heraus und begab sich zurück ans Fenster. Er wusste bereits, was es enthielt.  
    Die Lichter der Großstadt funkelten, soweit seine müden Augen blicken konnten. Rote und gelbe Scheinwerferpaare näherten und entfernten sich unten auf den Straßen wie zwei Herden dahintreibender Tiere. Ganze Ketten davon in der Ferne. Er öffnete die Schiebetür, trat auf die Terrasse. Ein frostiger Abendwind streifte seinen Nacken, auf dem Geländer lag eine dünne Schneeschicht. Der Ausblick reichte zu seiner Linken von den Docks der gigantischen Hafenviertel Hinode und Shibaurafuto mit der Rainbow Bridge im Süden über das Distrikt Minato hinweg bis nach Meguro hinüber und weiter nördlich rauf nach Shibuya zu seiner Rechten. Er atmete tief ein und aus, der Hauch seines Atems wurde sichtbar in der eisigen Luft.  
    Allem Anschein nach hat es sich der April mit dem Frühling verscherzt. Und mein Schicksal wurde ebenfalls durchkreuzt. Ich stehe vor dem Nichts. Wie damals. Nie werde ich den Tag vergessen, als der

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