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SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

Titel: SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Dives
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Wort.  
    Der Kämpfer mit der Kalaschnikow stand direkt neben ihm und hielt ein Paket in der linken Hand, den rechten Zeigefinger im Mund. Weißes Pulver klebte an seinen Händen, den verschwitzten Unterarmen, am abgegriffenen Tank-Top und an den ausgefransten Army-Shorts. Auch am Boden rund herum hatte sich das Zeug ausgebreitet beim übermütigen Aufreißen der Verpackung. Der Mann mit dem Finger im Mund schaute aus wie ein Kind, das eine Packung Süßigkeiten ergattert hatte.  
    Allerdings ist das kein Milchpulver, schoss es Nabadoon durch den Kopf.  
    Er entriss dem Mann das Paket und schaute ihn grimmig an. Jetzt benetzte er seinen rechten Mittelfinger und steckte ihn zwischen Papier und innliegender Plastikfolie in die weiße Substanz. Er betrachtete das Pulver, das nun an seinem Finger klebte, mit einer Mischung aus Argwohn und Verwunderung.  
    Nabadoon roch daran. Leicht bitterlich, irgendwie chemisch, aber kein ausgeprägter Geruch.  
    Er öffnete den Mund und rieb sich das Pulver auf das Zahnfleisch oberhalb seiner Schneidezähne, wie er es in zahlreichen Gangsterfilmen gemeinsam mit seinen Jungs auf alten Videokassetten gesehen hatte. Er liebte besonders Scarface und Casino , mit den berühmten amerikanischen Stars Alpatschino und Robbydanero. Er wusste immer noch nicht genau, wie man ihre Namen aussprach, aber sie waren auf jeden Fall grosse klasse.  
    Kokain war in Somalia in etwa so selten wie Regen in der Trockenzeit. Nabadoon hatte noch nie zuvor echten Stoff gesehen, aber er hatte aufgrund der Filme eine vage Vorstellung davon, wie es sich anfühlt, wenn man es probiert. Wie es wirkt.
    Kaum hatte er seinen Finger, den er theatralisch ausgiebig am Zahnfleisch herumgerieben hatte, wieder aus dem Mund genommen, fühlte er sowas wie einen inneren Weckruf. Seine Oberlippe war taub. Sein halber Mund war taub. Seine Zunge war taub.  
    Das Zeug ist stark.  
    Prickelnd vor Reinheit wie ein Schluck Mineralwasser aus den gekühlten Flaschen der untätigen UNO-Blauhelme, die in seiner Jugend noch zahlreich in Muqdisho vertreten gewesen waren. Erfrischend wie die Blätter des Kath-Strauches 14 . Nur viel stärker. Und bitterer.  
    Und viel gefährlicher. Wir müssen den Stoff vor den anderen geheimhalten.
    Nabadoon verschloss das Paket behelfsmäßig wieder, steckte es zurück in den Karton. Er sammelte die anderen Päckchen ein und verstaute sie ebenfalls zurück in der Box, welche er anschließend in die Lücke auf Kopfhöhe im Innern des Containers zurückschob. Er verriegelte die Tür und hämmerte den Verschlussbolzen so tief in die Arretierung, dass der Container ohne schweres Werkzeug nicht mehr zu öffnen war.
    « يَقِف !»  
    Nabadoon fauchte seine Männer in jemenitischem Arabisch an, die gängige Sprache seines Volkes, und befahl ihnen, sofort mit ihrem Tanz und Geheul aufzuhören.  
    «Verfluchte Ziegenscheiße! Ihr habt wohl zuviel Kath gefressen, als ihr klein wart. Wenn ihr nicht sofort wieder zu Vernunft kommt, werde ich euch alle eigenhändig erschießen! Direkt in den Kopf!» Er zeigte mit Zeige- und Mittelfinger mitten auf die Stirn seiner Kämpfer, welche die Hände über ihre Köpfe hielten und lange Gesichter zogen, wie wenn man sie bei einem Streich ertappt hätte. Sie waren verstummt, hatten ihre Köpfe eingezogen. «Und dann zerschneide ich euch mit meinem Messer in kleine Stücke! Allah sei mir gnädig! Ich schwöre, ich mache Hackfleisch aus euch! Kein Wort zu den anderen! Wer nicht gehorcht, den werde ich eigenhändig den Haien zum Fraß vorwerfen.»  
    Der eine Mann, der offenbar unter der Wirkung einer gehörigen Portion des Stoffes betend in Tränen ausgebrochen war, stellte sich wie auf Kommando stockgerade hin, machte kehrt und verschwand aus den Augen ihres Anführers. Die anderen beiden machten sich ebenfalls geduckt von dannen. «Zurück auf eure Posten! Aber sofort! Und kein Wort darüber zu irgendwem!», zischte ihnen der Boss nach.
    Nabadoon wusste genau, dass er die Situation in null Komma nichts wieder unter Kontrolle bringen musste, sonst geriet unter Umständen ihr aller Leben in Gefahr. Eine vollgekokste Schar von kaltblütigen Somalis wollte niemand an Bord eines Frachters haben, zuletzt der Anführer. Die Stellung von Lösegeldforderungen und ein geregelter Ablauf des Buisiness wäre unter solchen Umständen unvorstellbar gewesen. Ganz zu schweigen von drohenden Rangeleien und Pöbeleien in der Truppe.
    Und was wenn plötzlich ausländische

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