Summer Sisters
sagte: »Och, egal.«
6
»Nein, das geht schon in Ordnung«, sagte Polly, als Mrs Rollins auf der Suche nach ihrem Autoschlüssel hektisch ihre Handtasche ausleerte. »Ich muss sowieso erst zum Abendessen zu Hause sein.«
Mrs Rollins nahm Pollys Babysitter-Dienste fast immer doppelt so lang in Anspruch wie am Telefon angekündigt und Polly war fast immer damit einverstanden.
»Danke, Polly.« Mrs Rollins drehte sich zu ihrem sechsjährigen Sohn Nicky um, der am Küchencomputer spielte. »Nicholas. Hast du meinen Schlüssel genommen?«
Nicky zuckte unschuldig die Achseln, obwohl die Frage berechtigt war. Die Kinder waren fasziniert von dem elektronischen Autoschlüssel, besonders von der roten Alarmtaste, die ein lautes, lang anhaltendes Hupen auslöste.
»Katherine!«, brüllte Mrs Rollins nach oben. »Hast du meinen Autoschlüssel?«
Katherine brauchte zwei Minuten, bis sie oben an der Treppe auftauchte.
»Was?«
»Hast du meinen Schlüssel gesehen?«
»Nein!«
Polly sah sich in der Küche um. Die größte Herausforderung beim Babysitten der Rollins-Kinder waren nicht Nicky oder Katherine, sondern Mrs Rollins selbst. Sie war zwar sehr
nett und oft auch witzig, aber sie verlor ständig ihren Schlüssel oder ihre Kreditkarte, kam dauernd zu spät und redete viel mehr und viel lauter als jeder andere Mensch, den Polly kannte.
»Ist es der?« Polly hielt einen Schlüssel hoch, den sie neben dem Telefon entdeckt hatte.
»Ja!« Mrs Rollins riss ihr den Schlüssel aus den Fingern und gab ihr einen Schmatz auf die Wange. »Was würde ich bloß ohne dich machen, Polly!«
Polly lächelte. Anders als bei anderen Erwachsenen waren Mrs Rollins’ Probleme für Polly leicht zu lösen.
Nachdem Mrs Rollins gegangen war, tauchte Katherine aus dem Fernsehzimmer auf und Nicky ließ den Computer stehen. Sie setzten sich wie so oft auf den weichen Teppichboden mitten in die Diele und spielten Karten oder Memory oder das Spiel, wo das Krokodil nach dem Finger schnappt, wenn man den falschen Zahn berührt. Polly verlor meistens absichtlich und wand sich dann in übertriebenen Schmerzen auf dem Boden, woraufhin die fünfjährige Katherine selig kreischte.
Die meisten Babysitter in Pollys Alter parkten die Kinder vor dem Fernseher oder vor der Playstation und telefonierten dann stundenlang mit ihren Freundinnen oder schrieben SMS - aber Polly nicht.
Sie war stolz darauf, dass Nicky und Katherine fast nie vor der Glotze saßen, wenn sie da war. Sie nörgelten und jammerten auch nicht. Polly vermutete, dass das daran lag, dass sie wirklich gern mit ihnen spielte oder am Küchentisch mit ihnen Bilder zeichnete. Sie aß auch gern Chicken Nuggets und Pudding. Und zwar nicht nur, weil sie ein guter Babysitter war, sondern weil es genau das war, worauf sie selbst Lust hatte, wenn sie da war.
Als sie den Kindern gerade ihre Chicken Nuggets mit Mini-Möhren
servierte, klingelte es an der Tür. Polly stellte die Teller ab und ging öffnen.
Vor ihr stand ein langer, ziemlich gut aussehender, etwa zwanzigjähriger Typ, dem sie hier schon einmal begegnet war.
»Hallo«, sagte er. »Du bist Polly, ja?«
Polly nickte. Sie war so überrascht und verwundert darüber, dass er sich an ihren Namen erinnerte, dass sie ein paar Sekunden lang wie angewurzelt dastand und ihn nicht reinließ.
Beim Klang seiner Stimme waren die beiden Kinder zur Tür gestürmt und drängelten sich jetzt an ihr vorbei.
»Brian!«, schrien sie, zogen ihn durch die Tür und sprangen an ihm hoch.
Er lachte und tat so, als würde er durch die Diele taumeln und stolpern.
Polly sah ihm zu, wie er mit den Kindern erst eine Weile herumbalgte und sie dann mühelos nacheinander auf die weiche Couch im Wohnzimmer warf. Die beiden waren außer sich vor Begeisterung. Brian war für sie der Allergrößte, das wusste Polly.
»Willst du was von unseren Chicken Nuggets abhaben?«, fragte Katherine und zog ihn in die Küche.
»Na klar«, sagte Brian.
Nicky sprang auf Brians Rücken und ließ sich von ihm zum Tisch tragen. Polly holte die restlichen Nuggets und legte sie ihm auf einen Teller.
»Ich wollte ein paar DVDs für Tibby abholen«, sagte Brian, setzte sich an den Tisch und nahm sich ein Nugget. »Ich hab versprochen, sie ihr zu schicken.«
Polly nickte und goss jedem ein Glas Milch ein.
Tibby war die zwanzigjährige Schwester von Nicky und Katherine und gehörte zu der legendären Schwesternschaft der
reisenden Jeans. Sie studierte Film in New
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