Summer Sisters
nicht ein bisschen zu jung für solche Sprüche?«
Jo bemühte sich um ein ernstes Gesicht. »Ich hab da so meine Erfahrungen gemacht.«
Megan lachte. Sie war groß und kräftig wie eine Hockey-Spielerin und hatte ein freundliches Gesicht.
Jo sah auf die Uhr; in einer knappen Minute musste sie mit dem Tischdecken anfangen. Sie schob den Rest des Brötchens in den Mund und stand auf, wobei sie fast gegen zwei große Jungs geprallt wäre. Das waren mit Sicherheit die sagenumwobenen neuen Kellner! Als sie aufschaute, musste sie allerdings feststellen, dass nur der eine der beiden neu war. Zumindest für sie. Denn der andere war ihr sehr bekannt, ganz besonders sein Mund.
Jo lief rot an und hätte sich fast an dem Brötchenhappen verschluckt.
Der, den sie kannte, auch wenn sie seinen Namen nicht wusste, brauchte auch einen Augenblick, um die unerwartete Begegnung zu verdauen. Wahrscheinlich erkannte er sie im
ersten Moment nicht, weil es ziemlich dunkel gewesen war, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren.
Dann aber sah Jo, wie aus seinem verwirrten Gesichtsausdruck ein freudiger wurde.
»Goldie?«, fragte er ungläubig.
Sie würgte den letzten Rest des Brötchens runter und versuchte, sich zu räuspern.
»Ich heiße Jo«, krächzte sie.
»Arbeitest du hier?«
Megan und Bryn tauchten neben ihr auf.
»Ihr kennt euch?«
»Und wie«, sagte er mit breitem Lächeln.
»Irgendwie«, sagte Jo und sah auf ihre Füße.
Polly hatte keinen Spiegel in ihrem Zimmer, weshalb sie hinter ihrer Tür wartete, bis ihre Mutter im Atelier war, und dann in BH und Slip ins Bad ging. Der große Spiegel über dem Waschbecken hing ziemlich hoch, deshalb musste sie sich recken, um sich richtig sehen zu können.
Polly betrachtete sich und ihr Spiegelbild blickte zurück.
Irgendwie war es seltsam, dass dieses Mädchen, das sie sah, sie selbst war. Sie fühlte sich nicht unbedingt wie sie. Meistens machte Polly sich keine großen Gedanken über ihr Aussehen, aber als sie sich jetzt anschaute, schien ihr Gesicht irgendwie nicht richtig zu ihr zu passen.
Hatte sie überhaupt Chancen, Model zu werden?
Sie tat so, als wäre der Spiegel eine Kamera, und lächelte sich an. Hmmmm.
Sie sollte sich mal eins dieser Zahnbleichungsmittel kaufen. Das half zwar nicht gegen ihren Überbiss, aber der fiel vielleicht weniger auf, wenn ihre Zähne weißer waren.
Polly stemmte sich hoch und kniete sich vorsichtig auf den Rand des gemauerten Waschtischs, um mehr von ihrem Körper zu sehen.
Sie hatte es noch nie laut ausgesprochen, aber: Sie hatte Körbchengröße 75 D. Irgendwie hatte sie immer gehofft, wenn sie es einfach nicht aussprach - und die Schultern ein bisschen nach vorn nahm -, könnte sie der Welt weismachen, sie hätte 75 B wie die meisten anderen Mädchen.
Sie hoffte, dass sie noch ein Stück wachsen würde, aber noch mehr hoffte sie, dass ihr Busen nicht mehr weiterwuchs. Wenn sie abnahm, würde er wahrscheinlich auch kleiner werden. Und wenn sonst gar nichts half, konnte sie ihn ja immer noch operativ verkleinern lassen.
Sie fragte sich, ob ihre Großmutter auch Körbchengröße D gehabt hatte. Damals durften Models wahrscheinlich größere Brüste haben.
Polly hatte volle Lippen. Ihre Augen waren dunkel und groß. Ihre Nase nicht gerade klein. Ihr Taille war schmal, aber die Hüften dafür relativ breit. Manchmal war sie neidisch auf diese zierlichen, dünnen Mädchen, bei denen nirgendwo etwas hervorstand oder sich wölbte. Bei ihr wölbte sich alles, Lippen, Hüften, Busen.
Ihre Haut war blass und ziemlich rein. Das war einer ihrer Pluspunkte. Als sie sich näher zum Spiegel beugte, entdeckte sie zwei winzige Pickel am Kinn. Egal. Wofür gab es Abdeckstifte? Schließlich wusste jeder, dass Models sich tonnenweise Make-up ins Gesicht schmierten.
Ihre Knie taten weh, aber sie hatte sich immer noch nicht ganz gesehen. Vorsichtig stellte sie die Füße rechts und links auf den Waschtisch und richtete sich langsam auf. Ihr Kopf war jetzt nur noch wenige Zentimeter von der Decke entfernt.
Oh nein. Ihre Unterhose war ja grottenhässlich! Warum zog
sie solche Sachen an? Es war ein alter Baumwollschlüpfer mit verblasstem lila Blümchenmuster. Models trugen keine alten Baumwollschlüpfer. Auf gar keinen Fall konnte sie in dieser Unterhose ihren Hintern richtig einschätzen.
Sie kletterte vom Waschtisch, um das alte Ding wegzuwerfen und einen anderen Slip anzuziehen. Als sie in ihrem Zimmer die oberste Kommodenschublade
Weitere Kostenlose Bücher