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Summer Sisters

Titel: Summer Sisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Brashares Nina Schindler
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verglimmenden Holzscheite des abendlichen Lagerfeuers hinweg ansah. Sie musste wegschauen, weil sie ganz genau wusste, wie ihre Haare aussahen.
    Wenn meine Haare nicht so schrecklich wären, würde ich ihm zulächeln. Ich würde mit ihm reden. Ganz bestimmt.
    »Wir bereiten uns allmählich auf das Ablassen vor, also das Absteigen mit dem Seil am Schluss der Tour«, teilte Daniel der gähnenden Gruppe mit. Sie waren zehn Kilometer durch dichten Wald gewandert und Ama hatte von jedem Kilometer mindestens eine Blase und eine Zerrung. »Es geht ungefähr hundertzwanzig Meter abwärts, deshalb möchten wir, dass ihr euch mit den Seilen und der Ausrüstung vertraut macht - und auch mit solchen Höhen.«
    Ama hob die Hand.
    Daniel sah sie an. »Ama, du musst hier nicht aufzeigen.«
    Ama ließ verlegen die Hand sinken. Es war nicht das erste Mal, dass sie das zu hören bekam. Sie räusperte sich.
    »Was ist Ablassen?«
    »Das ist der sicherste und schnellste Weg, von einem Felsvorsprung oder an einer steilen Felswand runterzukommen. Wir sichern dein Seil oben am Felsen, und dein Sicherungsmann oder deine Sicherungsfrau lässt Seil nach, während du runtergehst. Wir möchten, dass ihr das ganz langsam angeht.« Daniel warf Jonathan, der als waghalsig galt, einen vielsagenden Blick zu.
    Ama hielt ihre Hand fest, damit sie sie nicht wieder hochhob.

    »Was ist ein Sicherungsmann?«
    »Das ist der Partner, dem du vertraust. Er oder sie sorgt dafür, dass dein Seil gesichert ist, und gibt langsam Seil nach, während du absteigst. Sei nett zu deinem Sicherungsmann, egal wer es ist. Er hält dein Leben in seinen Händen.«
    Ama durchzuckte das nackte Entsetzen. War sie zu irgendjemandem nett gewesen? Wem hier konnte sie ihr Leben anvertrauen? Sie sah sich im Geist den Felsen hinunterstürzen und einen schmerzhaften Tod sterben.
    »Das Ablassen ist eine Art Abschlussexamen«, erklärte Maureen. »Es ist ein wichtiger Bestandteil eurer Note. Wir werden morgen mit dem Klettern anfangen, damit ihr euch darauf vorbereiten könnt.«
    Ama hatte ihre Hand schon wieder halb erhoben, bevor sie sie sinken ließ. »Was meinst du mit Note?«
    »Deine Bewertung für diesen Kurs«, sagte Maureen.
    »Die Bewertung für den Kurs? Man kriegt eine Note für diesen Kurs?« Amas Ton war alles andere als locker.
    »Wenn ihr ihn bei eurer Bewerbung später als Zusatzleistung aufführt, wie es die meisten von euch tun wollen, müssen wir euch benoten. Ich finde das nicht besonders sinnvoll, aber so ist es nun mal.«
    »Man bekommt also eine Note dafür und die steht dann in unserer Bewerbung?«, hakte Ama nach.
    »Wenn du den Kurs einreichen willst, ja.«
    »Reicht denn nicht ein Teilnahmeschein, so wie bei manchen Sportkursen?«
    »Nein, Ama. Du bekommst eine Zensur.«
    »Und man muss sich von einem Berg stürzen, um eine gute Note zu kriegen?«
    »Wir nennen es ablassen«, sagte Maureen geduldig.
    In der Nacht lag Ama im Schlafsack und grübelte. Die
Nachtluft war feucht und der Stoff des Schlafsacks klebte an ihrer Haut. Geistesabwesend beobachtete sie, wie ein Schatten über die orangegelben Wände ihres Nylonzelts huschte, und fragte sich, ob sie zu einem Mann, einem wilden Tier oder einem Jugendlichen gehörten.
    Was, wenn sie gleich die allererste Note in der Highschool vermasselte?
    Wie sollte sie das überleben?
    Das war unmöglich.
    Unvorstellbar, was ihre Eltern dazu sagen würden.
    Unter normalen Umständen liebte Ama Noten. Sie mochte sie, weil sie etwas so Greifbares waren. Sie gehörte zu denen, die enttäuscht waren, wenn die Lehrerin sagte: »Macht euch keine Sorgen, hierfür gibt es keine Noten.«
    Aber am meisten liebte sie Noten, weil sie immer Einsen bekam. Sie liebte Einsen. Sie liebte ihre gerade, spitze Kontur im Gegensatz zu den runden Zweien oder Dreien. Aber wie in aller Welt konnte sie für diesen Kurs eine Eins bekommen?
    Unmöglich.
    Das überforderte sie. Sie war hier falsch.
    Sie dachte an das Abseilen. Und dass alles nur noch schlimmer werden konnte.
    Etwa um Mitternacht schlüpfte Carly mit einem Jungen ins Zelt. Ama erstarrte in ihrem Schlafsack und wagte nicht, den Kopf zu heben.
    »Keine Sorge, die schläft«, hörte sie Carly flüstern.
    »Bist du sicher?«, fragte der Junge. Er hörte sich an wie Jonathan. Carly war also wieder bei ihm angekommen.
    »Ja, die schläft immer gleich ein.«
    Nein, ich schlafe nicht!, hätte Ama gern gebrüllt. Wie soll ich schlafen können, wenn meine allererste Highschool-Note eine

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