Sumpfblüten
Christopherus , das die Polizei nach dem großen Hurrikan in dem versunkenen Wagen seiner Frau finden sollte.
Beim Arbeiten rann Van der Schweiß an den Sehnen des Halses hinab und glänzte auf seiner nackten Brust. Seine Arme waren wie Schiffstaue, und seine Schultern wirkten so breit wie eine Tiefkühltruhe. Doch es waren seine dunklen, wetterharten Hände, die mich in ihren Bann schlugen – sie waren mit langen, hellen, zarten Narben bedeckt. Van musste gemerkt haben, dass ich ihn anstarrte, denn er lächelte.
Ich hatte Tito ausgeführt, den Zwergpudel meiner Nachbarn, der 14 Jahre alt war und unter Blasenproblemen litt. Tapfer mühte er sich ab, sich an der Hecke der Elks Lodge zu erleichtern (Van erklärte mir später, es sei eine Ficushecke), und ich zerrte ihn wie einen Karren den Gehsteig entlang. Der arme Hund kläffte und hüpfte und versuchte , ein Bein in der Luft zu behalten, doch ich bemerkte es gar nicht. Ich konnte den Blick nicht von diesem prachtvollen Fremden mit der Kettensäge abwenden.
Plötzlich stürzte der Baum zu Boden, und Van wich gerade noch rechtzeitig zurück. Eine durch die Luft fliegende Grapefruit traf ihn an der Schläfe , doch er zuckte nur die Achseln und legte die Säge weg.
Das Erste, was er zu mir sagte, war: »Krebs. «
»Was?«
»Zitronenkrebs« , erklärte er. »Deswegen musste dieser alte Baum sterben. «
In jener Nacht berührte ich diese wunderbaren Hände zum ersten Mal, und sie berührten mich.
Boyd Shreave klappte das Buch zu und drehte sich um, um mit aufwallendem Verlangen die Verfasserin zu betrachten, die neben ihm tief und fest eingenickt war. Er wollte Eugenie wecken und sie lieben, wie wahnsinnig, unter Geheul und so, dass es ihm das Kreuz verbog. Er wollte den Trailer erschüttern, dass es ihn von seinen Betonpfeilern riss. Das war es, was Van Bonneville getan hätte, oder jedenfalls glaubte Shreave das, nachdem er Eugenies atemlose erste Absätze gelesen (und wieder gelesen) hatte. Er wusste nicht mehr, wann er das letzte Mal ein Buch ohne Bilder in die Hand genommen hatte, doch keins der Handvoll, die er tatsächlich gelesen hatte, hatte ihn so aufgewühlt wie dieses. Halb hoffte er, dass Genie die Augen öffnete und das Exemplar von Storm Ghoul auf dem Bett liegen sah. Es war ihm gleich, wie sie reagierte, solange sie überhaupt reagierte. Seit sie in dieser abgehalfterten Ökolodge angekommen waren, war sie wie ein Eiszapfen gewesen.
Und jetzt begann sie zu schnarchen, ein feuchtes Trillern, das durch den Stecker in ihrer Zunge noch verstärkt wurde. Als Shreave nach ihr griff, blickte er verzagt auf seine ganz und gar nicht wunderbaren Hände, die keinerlei maskuline Narben oder auch nur eine Schwiele von der Größe eines Pennys aufzuweisen hatten. Es waren Hände, die ein ganzes Leben in der warmen, fusseligen Geborgenheit von Taschen zugebracht hatten. Shreave hatte nur eine einzige echte Narbe – die schwach lilafarbenen Punkte in seinem Schambereich, die von jenem lange zurückliegenden Auffahrunfall mit dem Zierkaktus herrührten –, doch bis jetzt schien Eugenies Interesse eher klinischer als erotischer Natur gewesen zu sein.
Als er jetzt versuchte, sie in seine Arme zu ziehen, verzog sie im Schlaf finster das Gesicht und stieß ihn weg. Eine muskulöse Frau, dachte Shreave sehnsüchtig. Nachdem er so viel Hoffnung in ihren heimlichen Ausflug nach Florida gesetzt hatte, konnte er den Gedanken kaum ertragen, dass Eugenie seiner vielleicht schon überdrüssig wurde. Sie war seine Zukunft, seine Freiheit. Für Shreave schien es überhaupt nicht in Frage zu kommen, nach Fort Worth – genauer gesagt, zu seiner Frau – zurückzukehren. Lily war keine Idiotin. Sie würde bald dahinterkommen, dass er seinen Job bei Relentless verloren hatte und dass es keine berühmte Klinik für Aphenphosmphobiker im Süden Floridas gab, was Boyds Reise als den klammheimlichen Seitensprung entlarven würde, der sie war. Lily würde ihm bei der Scheidung das letzte Hemd ausziehen, während seine Mutter die verbliebenen Brosamen seines Selbstwertgefühls zertrampeln würde. Und was noch tragischer war, pleite und arbeitslos wären seine Chancen gleich null, eine Geliebte zu finden, die so schön, so hochgewachsen und so aufregend war wie Eugenie Fonda.
Nachdem er Storm Ghoul in seine Reisetasche geschmissen hatte, erhob sich Shreave, um die kitschige Dekoration des Schlafzimmers zu bewundern. Honey, ihre dämliche Tourführerin, hatte es wie das Innere
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