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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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da oben auf dem Baum bleiben?«, erkundigte sich Sammy Tigertail.
    »Weißt du, warum ich was mit ihm angefangen habe? Einmal sind er und ein paar andere nachts zu den Keys runtergefahren und haben irgendwelche Delphine aus einem Meeresaquarium befreit. Ethan hat gesagt, sie hätten sich Sauerstoffflaschen umgeschnallt und den Maschendraht um die Lagune mit Bolzenschneidern aufgeschnitten«, meinte Gillian. »Die Story war in der Zeitung von Miami auf der Titelseite. Er war irgendwie der totale Outlaw – und sie haben ihn nie erwischt.«
    Der Seminole briet ein paar Fische, die er gefangen hatte. Er sagte zu Gillian, er würde alles allein essen, wenn sie nicht bald von dem Flammenbaum herunterkletterte.
    »Später hat er mir erzählt, was passiert ist«, berichtete sie. »Die Delphine sind durch das Loch rausgeschwommen, und dann sind sie am nächsten Morgen alle zurückgekommen, rechtzeitig zum Frühstück. Und sie sind nie wieder rausgeschwommen! Die sind immer nur in der Lagune rumgehangen und haben all diese dämlichen Flippertricks vorgeführt und um Fische gebettelt. Inzwischen hatten die Besitzer den Zaun repariert, und das war dann das Ende des großen Ausbruchs. Natürlich ist Ethan damit erst rübergekommen, nachdem ich mit ihm geschlafen hatte.«
    Sammy Tigertail spähte zu ihr hinauf. »Bist du auf Dope?«
    Gillian erhob sich und balancierte barfuß auf dem langen Ast. »Eigentlich bin ich gar nicht so kaputt. Ich warte nur darauf, dass mir was wirklich phänomenal Umwerfendes passiert.«
    »Auf dieser Insel?«
    »Ich wüsste nicht, warum nicht.« Sie hüpfte vom Baum, kam zu ihm ans Feuer und aß sogar ein wenig von dem Barsch, der süßer war als jeder Fisch, den sie jemals gekostet hatte.
    Der Indianer meinte, sie ginge zu hart mit Ethan ins Gericht. »Wenigstens hat er’s versucht. Es war doch nicht seine Schuld, dass die Delphine gar nicht frei sein wollten.«
    »Aber diesen Teil hätte er mir gleich zu Anfang erzählen sollen«, wandte Gillian ein, »damit ich nicht wochenlang rumlaufe und mich wegen was toll fühle, was dann gar nicht so war.«
    »Vielleicht wollte er dich einfach nur glücklich machen.«
    »Klar, damit ich ihn bumse.« Sie pulte eine Gräte zwischen ihren Schneidezähnen hervor. »Erzähl mir von Cindy.«
    »Da gibt’s nichts zu erzählen. Sie ist ’ne Katastrophe.«
    »Nur weil sie weiß ist?«
    »Es war mein Fehler«, sagte Sammy Tigertail. »Ich war nicht stark.«
    »Und wonach genau suchst du jetzt hier draußen?«
    »Das habe ich dir doch gesagt. Nach Frieden.« Vorsichtig goss er das warme Fett aus der Pfanne in eine rostige Bierdose. »Nicht für die ganze Welt. Nur Frieden für mich – ich muss all diesen Irrsinn ausblenden.«
    »Blödsinn. Du versteckst dich.«
    »Stimmt«, bestätigte der Seminole.
    »Der Mann, der auf deinem Boot gestorben ist – war das deine Schuld?«, wollte Gillian wissen.
    »Ich habe ihn nicht getötet. Und er weiß das auch – das hat er mir im Traum gesagt.«
    »Es ist komisch, aber ich träume so gut wie gar nicht«, sagte Gillian.
    »Wenn du zu lange hierbleibst, wirst du träumen.«
    »Ist das, ich weiß nicht, was Indianisches?«
    Sie ließ das sensible Thema des Toten auf sich beruhen. Sammy Tigertail ging ein paar Kaktusfrüchte pflücken, die sie zum Nachtisch aßen. »Fünfzehnhundert Jahre lang war das hier die Heimat der Calusa. Geister verschwinden nie.«
    Das Austernvolk, dachte Gillian. Sie hatte noch nie an ein Leben nach dem Tod geglaubt, doch sie war bereit, sich überreden zu lassen.
    »Regnet es hier im Winter eigentlich nie?«, fragte sie. »Weil, ich hätte unheimlich gern einen Schluck Wasser.«
    »Wir holen heute Nacht welches, wenn die Wolken uns einen Mond gönnen.«
    »Aber wo denn?«, wollte Gillian wissen.
    Sammy Tigertail antwortete, er wisse es nicht. »Aber wenn wir selbst keins finden können, klauen wir welches.«
    Gillian dachte an das geladene Gewehr und machte sich Sorgen. Er schien nicht der Typ dafür zu sein, jemanden wegen Wasser abzuknallen, aber was wusste sie schon von solchen Männern? Manchmal machte der Indianer auf Hardcore, manchmal genau auf das Gegenteil.
    »Ist nicht so wichtig. Eigentlich hab ich gar keinen solchen Durst«, sagte sie.
    »Also, ich schon«, erwiderte er.
     
    Als ich Van Bonneville zum ersten Mal sah, fällte er gerade einen Grapefruitbaum vor der Elks Lodge in der Freeman Street. Er trug ein ausgeblichenes blaues Halstuch und ein silbernes Medaillon mit dem heiligen

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