Sumpfblüten
das Blut vom Gesicht.
»Wovon genau sollen Sie ’n Film für diese Texaslady machen?«, fragte Piejack.
»Was glauben Sie denn?«
»Ist das Ihr Ernst? Ist ja ’n Klassejob, den Sie da haben, Mister.«
Dealey zuckte die Achseln. Er hatte üble Kopfschmerzen und war nicht in der richtigen Stimmung für eine Moralpredigt.
»Und ich dachte immer, Krabbenverkaufen wär schon ’n stinkiges Geschäft.«
»Kann ich jetzt gehen?«, fragte Dealey. »Nehmen Sie die verdammte Kamera, wenn Sie wollen.«
Der Mann grinste. »Ich sag Ihnen was – ich hätte nichts gegen ’n paar Heimkinofilme von Miss Honey Santana.«
»Das Ding gehört Ihnen, Louis.«
»Aber seh’n Sie, hier ist das Problem.« Er hob seine bandagierte Pratze. »Ich kann all diese winzig kleinen Knöpfe nicht bedienen, wo meine Hand so eingepackt ist – den Fokus und den Zoom und was nicht noch alles. Scheiße, ich find ja kaum den Abzug an diesem verdammten Teil.« Er nahm die Schrotflinte von Dealeys Brustkorb und zerschoss beiläufig das Fenster auf der Fahrerseite. Dealey schrie auf und hielt sich die Ohren zu.
Auch Piejack selbst schien von der Wucht der Entladung benommen. Er öffnete die Beifahrertür einen Spalt weit, damit die Innenbeleuchtung anging, und betrachtete verdrossen die Glassplitter.
Dealey, der wie viele Privatdetektive ein Talent fürs Lippenlesen entwickelt hatte, sah, wie Piejack sagte: »Scheiße, ich dachte, das Kackfenster wär unten gewesen.«
»Lassen Sie mich gehen!«, flehte Dealey. »Nehmen Sie meinen Videokamera, meine Kreditkarten, was immer Sie wollen. Aber lassen Sie mich gehen.«
»Nicht ehe Sie mir ein paar knackige Filmchen von Honey geschossen ha’m. Dann könn’ Sie gehen«, sah Dealey den Mann antworten. »Aber bis dahin, Mr. Dealey, arbeiten Sie für mich .«
»Bitte nicht.«
»Willkommen an Bord«, sagte Louis Piejack.
13. Kapitel
Im Morgengrauen stand Fry auf, um laufen zu gehen. Das Wetter war ideal, klar und kühl. Er lief bis zu dem Warnlicht am Tamiami Trail, wo eine Touristenfamilie aus einem Wohnmobil geklettert war, um Bilder von einer toten Python auf der Straße zu schießen. Auf dem Rückweg in die Stadt bog Fry in den Trailerpark ein, wo seine Mom wohnte. Er kam an zwei nicht angeketteten Pitbullterriern vorbei, die neben einem leeren schwarzen Geländewagen schliefen, und dachte, das könnte vielleicht ein gutes Omen sein. Normalerweise waren die Hunde wach und warteten nur darauf, ihm nachzujagen.
Als Fry die Straße erreicht hatte, in der seine Mutter wohnte, setzte er sich unter den Mangobaum ihrer Nachbarn. Von dort aus konnte er den bemalten Wohnwagen sehen und drei Gestalten im Vorgarten; das mussten seine Mom und das Paar sein, das zu Besuch gekommen war. Sie schnallten gerade die Kajaks auf das Dach ihres Wagens – oder versuchten es zumindest.
Fry überlegte, ob er hingehen und ihnen helfen sollte, beschloss jedoch zu bleiben, wo er war. Wenn seine Mutter ihn sah, würde sie angerannt kommen und ihn umarmen, und dann würde sie anfangen, vor dem Besuch mit seinen Lauftrophäen anzugeben oder so was. Fry hatte so früh am Morgen keine Lust auf eine Szene.
Der Gedanke, dass seine Mutter eine Expedition in die Ten Thousand Islands führen sollte, machte ihm Kopfzerbrechen. Jeder Idiot konnte am Küchentisch auf einer Seekarte einen Kurs einzeichnen, doch wenn man erst einmal dort draußen in diesem Dschungellabyrinth war, konnten sich selbst erfahrene Paddler verirren. Fry wusste, dass seine Mutter seit Jahren nicht mehr gepaddelt war, seit vor der Scheidung, obwohl sie behauptete, sie hätte geübt, während er in der Schule gewesen sei. Hoffentlich entwickelte sie keinen allzu großen Ehrgeiz. Ein gemächlicher Tagesausflug um die Chokoloskee Bay wäre genau das Richtige – von dort aus konnte selbst eine blinde Wildgans zum Festland zurückfinden.
Als er zusah, wie die Besucher ins Auto stiegen, spürte Fry den nagenden Verdacht, dass das gar keine alten Freunde seiner Mutter waren. Sie war zu vage gewesen, was die Beziehung anging. Er hatte keine Ahnung, warum sie lügen sollte, wenn es um die beiden ging, doch er war sich fast sicher, dass sie irgendetwas im Schilde führte.
Nachdem sie weggefahren war, trat Fry aus dem Schatten des Mangobaumes und setzte seinen Lauf in die entgegengesetzte Richtung fort. Er kam bis zur Ecke, wo ihn beinahe ein tannengrüner Pick-up gestreift hätte, in dessen Fahrerkabine zwei Männer saßen. Fry war mit einem Satz von der
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