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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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dran!«
    »Ganz ruhig, Louis.« Dealey hielt die Kamera weiter auf Honey gerichtet, als sie sich einen Weg zwischen mehrere von Gebüsch überwucherte kleine Bäume bahnte.
    »Ich wette, sie will pinkeln«, stieß Piejack erregt hervor.
    Wahrscheinlich hat er Recht, dachte Dealey und drückte unauffällig auf den Pausenknopf.
    »Filmen Sie auch noch? Filmen Sie ja weiter!« Piejack hechelte wie ein abgehalfterter Jagdhund. »Können Sie sie sehen? Ich kann sie nicht mehr sehen.«
    Der Spinner hatte nicht mitbekommen, dass das Band angehalten worden war, also hätte Dealey ohne weiteres so tun können, als filme er weiter. Er hätte den Mund halten und vorgeben können, dass er Honey auf Film bannte, als sie sich ins Gebüsch hockte, während Piejack neben ihm vor Begeisterung auf und ab hüpfte.
    Doch sogar Dealey, dessen Lebenswerk darin bestand, unaufgefordert den intimsten Augenblicken anderer beizuwohnen und sie für seine Zwecke zu nutzen, hatte moralische Grenzen. Sexaufnahmen waren Beweismaterial, ein Pinkelfilm war Schmutz.
    Mit künstlerischer Entschlossenheit drehte sich der Detektiv um, drückte auf den Aufnahmeknopf und schritt kühn voran, die Linse direkt auf seinen Entführer gerichtet.
    Louis Piejack begann zurückzuweichen. »Was zum Teufel machen Sie denn jetzt?«
    »Einen Film«, antwortete Dealey. »Über das perverseste Stück Scheiße, dem ich je begegnet bin.«
    Auf der Kuppe des Austernhügels schlug Piejacks Miene von Verwirrung in Wut um. Er stemmte die Absätze in den Boden und richtete die Schrotflinte auf Dealeys Wanst.
    »Komm’ Sie ja nich’ näher. Sie sind erledigt«, drohte er.
    »Da bin ich mir nicht so sicher.« Dealey stellte die Belichtung neu ein und filmte weiter.
    Piejack starrte den roten Punkt an, der unter der Linse blinkte. »Machen Sie das verdammte Ding aus.«
    »Wollen Sie denn nicht berühmt werden?«
    »Wofür denn?«
    »Dafür, den ganzen Planeten zu verstänkern«, erwiderte Dealey.
    »Das reicht. Zeit zum Abkratzen, Sie Drecksack.«
    »Dann viel Glück, Louis. Sie werden’s brauchen.«
    Piejack glotzte ihn finster an. »Scheiße, was soll ’n das heißen?«
    »Viel Glück dabei, Ihr kostbares Medizinfläschchen ohne meine Hilfe aufzukriegen«, gab Dealey zurück.
    Sinnend nagte Piejack an seiner Oberlippe. »Das sind diese verdammten kindersicheren Verschlüsse. Mit einer Hand sind die echt Mord.«
    »Ach, Ihnen fällt schon was ein.« Dealey fiel der braune jodfleckige Fingerstummel am Abzug der Schrotflinte auf. Es war ein Daumen, der dort aus dem Verbandmull hervorspross, wo eigentlich ein Zeigefinger hingehörte. Er zoomte ihn kurz heran.
    »Entscheiden Sie sich, Louis.«
    Piejack grunzte. »Sie denken wohl, ich schieß nich’? Ha!«
    Dealey hörte ein dumpfes Krachen, und der Entführer verschwand aus dem Sucher. An seiner Stelle stand ein muskulöser junger Mann mit einem Gewehr in der Hand. Dealey ließ die Kamera sinken und sah Piejack leblos und mit dem Gesicht nach unten in einem Kaktusdickicht liegen.
    »Ich bin Ihnen was schuldig, Kumpel«, wandte sich der Detektiv an den Fremden, der Piejacks Schrotflinte aufhob und sie unter den Arm klemmte.
    Dann trat er an Dealey heran und kniff ihm unsanft in die Nase.
    »Sie sind nicht echt«, sagte der junge Mann anklagend.
    »Bin ich wohl«, quakte Dealey und versuchte, sich loszumachen.
    »Schauen Sie sich doch mal Ihren verdammten Anzug an.«
    »Das kann ich erklären!«
    »Lügen Sie mich nicht an«, sagte der Mann mit dem Gewehr. »Sie sind ein Todesgeist.«
    Phantastisch, dachte Dealey. Noch so ein Irrer aus Florida.
    Der Mann ließ Dealeys Nase los und sagte: »Ziehen Sie Ihre Schuhe und Ihre Socken aus.«
    Dealey verstaute die Videokamera und tat wie geheißen. Der Mann ballte die verschwitzten Socken zusammen und stopfte sie Dealey in die Backentaschen.
    »Haben Sie Wasser?«, wollte er wissen.
    Verzeihung heischend schüttelte Dealey den Kopf.
    »Verdammt«, sagte der junge Mann. Dann winkte er mit dem Gewehr. »Stehen Sie auf und kommen Sie mit.«
    Als Dealey auf seine Kamerakoffer zeigte, zuckte der Mann die Achseln. Dealey nahm die zwei Kästen auf und folgte dem Fremden mit schweren Schritten. Die zerbrochenen Austernschalen bohrten sich in die Fußsohlen des Detektivs, und schon bald hörte er sich wimmern.
    Das ist der schlimmste Job, den ich jemals angenommen habe, dachte er. Bei weitem.

15. Kapitel
    Sie glaubte, Stimmen gehört zu haben, doch das war ja nun wirklich nichts Neues. Nur

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