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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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klarkommen.«
    »Dann bleiben Sie bei mir.«
    »Scheiß drauf«, knurrte Boyd. »Hauen wir ab.«
    Honey sah ihnen nach, als sie den Pfad hinunter zum Wasser eilten. Dann lehnte sie den Kopf gegen eine der Reisetaschen und hoffte, dass sie entgegen aller Wahrscheinlichkeit allein nach Everglades City zurückfinden würden. Sie wollte sie wirklich nicht wiedersehen. Ihre Ansprache war schiefgegangen, und jetzt erschien ihr der ganze Plan deprimierend fehlgeleitet. Es war ihr schrecklich aufzugeben, doch anscheinend war Boyd Shreave ein hoffnungsloser Fall.
    Der Himmel hatte die Farbe gewechselt, und Honey spürte, wie der Wind sich drehte und kühler wurde. Es machte ihr nichts aus, die Nacht allein zu verbringen; Wilderer gingen ihrer Beschäftigung typischerweise im Verborgenen nach, und die mit dem Gewehr waren bestimmt längst weg. Sie würde ein Feuer anzünden und vor Sonnenuntergang nackt im Fluss baden. Morgen früh würde sie aufs Festland zurückkehren und nach der Schule auf Fry warten. Sie hatte vor, den Rückweg mit Hilfe von Skinners GPS zu finden, in das sie mehrere Orientierungspunkte einprogrammiert hatte, während sie die Texaner zwischen den Inseln hindurchgelotst hatte.
    In weiter Ferne hörte sie ein Flugzeug, und bald wurde das Dröhnen der Maschine zu einem leichten, summenden Chor. Die Melodie, wenngleich hübsch, war ihr nicht vertraut. Sie versuchte mitzusummen, konnte jedoch die Tonart nicht genau ausmachen. Ganz in der Nähe raschelte es, und Boyd Shreave erschien; seidige Spinnwebstränge hingen ihm von beiden Ohrläppchen. Er kam auf die Lichtung gestapft und sagte: »Okay, kommen Sie in die Gänge.«
    Honey setzte sich auf. Genie tauchte zwischen den Bäumen auf und verkündete: »Sie haben gewonnen. Wir sind die Gelackmeierten.«
    »Wieso gelackmeiert? Sie haben doch gesagt, Sie fahren zurück.«
    »Ach, und wir sollen wohl schwimmen, wie?«, fauchte Shreave.
    Honey spürte einen Klumpen im Bauch. »Die Kajaks sind weg?«
    »Na, so eine Überraschung«, bemerkte Eugenie dünn.
    Mit einem Ruck zog Boyd Shreave eine Pistole mit kurzem Lauf und richtete sie auf Honeys Herz. »Sitzen Sie da nicht so unschuldig rum. Sagen Sie Ihren Kumpels, sie sollen unsere gottverfluchten Boote zurückbringen.«
    Honey versicherte, dass sie keine Kumpels auf dieser Insel hätte. »Ich weiß nicht, wer die Kajaks gestohlen hat. Ehrlich.«
    Eugenie Fonda musterte die Pistole in Shreaves Hand skeptisch. »Ich weiß nicht recht, Boyd. Bei Tageslicht sieht das Ding echt aus wie ein Spielzeug.«
    Er legte die Waffe flach auf seine Handfläche und inspizierte sie. »Das ist kein Spielzeug«, behauptete er, nicht gerade mit einem Übermaß an Überzeugung.
    »Von mir aus. Steck das verdammte Ding weg«, wies Eugenie ihn an. »Sie sagt die Wahrheit.«
    »Toll. Jetzt stellst du dich auch noch gegen mich.«
    »Ich weiß, wo er das Teil her hat«, sagte Honey Santana. »Das hat er unter meinem Bett vorgeholt. Und er hat Recht, das ist kein Spielzeug.«
    Shreave grinste Eugenie triumphierend an. »Hab ich doch gesagt. Ha!«
    Trotzig rammte er die Waffe wieder in seine Hose, die unter gedämpftem Knistern hell aufleuchtete. Shreave jaulte laut auf und kippte nach hintenüber, als habe ihn ein Güterzug gestreift. Fast eine halbe Minute lang zuckte und zappelte er am Boden und umklammerte sein Gemächt mit gekrümmten, knochenweißen Fingern.
    Eugenie Fonda sah dem Schauspiel kommentarlos zu. »Eigentlich ist das auch keine Pistole«, erklärte Honey. »Das ist ein elektrischer Taser.«
    Eugenie seufzte. »Was für ein gottverdammter Schwachkopf.«
    »Ich würde ihn jetzt noch nicht anfassen.«
    »Keine Sorge.«
     
    Die gestohlenen Kajaks im Schlepptau, steuerte Sammy Tigertail die Südostecke der Insel an. Er entfachte ein neues Lagerfeuer, während Gillian sich mit Dealey amüsierte.
    Als sie ihm die zerknüllten Socken aus dem Mund zog, fragte er: »Wer sind Sie?«
    »Thlockos Geisel.«
    »Dann sind wir ja wohl zu zweit.«
    »Nein, Sie sind nur auf Zeit hier. So was wie ein Kriegsgefangener«, erwiderte sie. »Er wird auch ›Tiger Tail‹ genannt. Das ist ein Seminolenhäuptling.«
    »Bekomme ich eine Chance, alles zu erklären?«
    »Glaube ich nicht. Er ist ziemlich hardcore.« Gillian öffnete einen der Koffer und begann, mit der Nikon herumzuspielen.
    »Lassen Sie das«, sagte Dealey. Als er nach der Kamera griff, gab sie ihm eins auf die Finger.
    Sammy Tigertail blickte von seinem Feuer auf und drohte, sie beide

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