Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
nicht jedem toten Krieger einen Hund zu Füßen gelegt?« fragte er.
»Wie bitte?«
»Dachte gerade an die Familie, die er beim Camping ermordet hat. Der Vater hat ihm einen Wahnsinnskampf geliefert, um seine Tochter zu beschützen. Ich hoffe, Breedlove beguckt sich die Radieschen dort in der Nähe von unten.«
Nach Büroschluß mußte ich mich auf die Suche nach einem Boot machen, das ein Besoffener in einen Baumstumpf gedonnert und mit defektem Propeller auf einer Sandbank zurückgelassen hatte. Ich hievte den Außenborder ins Boot und wollte den Kahn schon ins Wasser schieben, als ich sah, warum der Besoffene durch das Flachwasser an Land gewatet und zu Fuß zu seinem Wagen zurückgegangen war: Im Boden der Aluschale klaffte ein großer Riß.
Ich zwängte ein Luftkissen in die Öffnung, damit ich das Boot über den Bayou und ins Schilf schleppen konnte, um es später von dort mit meinem Bootsanhänger abzuholen. Hinter mir hörte ich einen Außenborder in die Bucht einbiegen. Ich hörte, wie der Mann im Heck die Geschwindigkeit drosselte, als er mich zwischen den Weiden im Wasser entdeckte.
»Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, daß ich hier rausgekommen bin. Der Afro-Amerikaner hat mir gesagt, es sei schon in Ordnung«, meinte Billy Holtzner.
»Reden Sie von Batist?«
»Ja, kann sein, daß er so heißt. Macht einen guten Eindruck, der Mann.«
Er schaltete den Motor ab und lenkte sein Boot auf die Sandbank. Als er zum Bug ging, begann das Boot heftig zu schwanken, er bückte sich automatisch und suchte Halt am Dollbord. Dabei grinste er dümmlich.
»Bei Booten kenn ich mich nicht besonders aus«, sagte er.
Meiner Erfahrung nach vollzieht sich der physische und emotionale Wandel, dem letztendlich jeder brutale Maulheld unterworfen wird, immer nach dem gleichen Muster. Der Katalysator ist Angst, und die Auswirkungen sind wie Kerzenwachs in einer Flamme. Der geringschätzige Zug um den Mund und die Verachtung und der Ekel in den Augen schmelzen dahin und werden durch ein selbstgefälliges Lächeln ersetzt, Zeichen der eigenen Schwäche ohne Reue, und durch die zuckersüße Affektiertheit guten Willens in der Stimme. Diese Unaufrichtigkeit ist wie Öl, das aus jeder Pore trieft; und wie Gestank, der in den Kleidern hängenbleibt.
»Was kann ich für Sie tun?« fragte ich.
Er stand auf der Sandbank, die Baumwollshorts aufgerollt, die nackten Füße in Tennisschuhen, das weiße Trekkinghemd voller Taschen. Er sah zum Bayou zurück, horchte auf das Dröhnen eines Außenborders, seine weichen Züge rosafarben angehaucht im Licht der untergehenden Sonne.
»Es gibt Männer, die könnten meiner Tochter was antun«, sagte er.
»Ich glaube, Sie fürchten eher um Ihre eigene Haut, Mr. Holtzner.«
Als er schluckte, machte sein Mund ein hörbares Schmatzgeräusch.
»Sie haben mir gesagt, ich muß entweder eine Summe zahlen, die ich nicht habe, oder sie halten sich an Geri. Diese Männer lassen Köpfe rollen. Und das meine ich wörtlich«, sagte er.
»Kommen Sie zu mir ins Büro, und erstatten Sie Anzeige.«
»Und wenn die davon Wind bekommen?«
Ich hatte mich abgewandt, um das beschädigte Boot an meinen Außenborder zu ketten. Jetzt richtete ich mich auf und sah ihm ins Gesicht. Seine Worte hatten einen fauligen Geruch in der Luft hinterlassen, und die Blöße, die er sich gegeben hatte, war ein schmutziges Aushängeschild. Er wich meinem Blick aus.
»Rufen Sie mich während meiner Dienstzeit an. Alles, was Sie mir sagen, wird vertraulich behandelt«, sagte ich.
Er setzte sich in sein Boot und begann sich verlegen von der Sandbank abzustoßen, indem er ein Paddel in den Sand versenkte.
»Haben wir uns früher schon mal irgendwo getroffen?« fragte er.
»Nein. Warum?«
»Ist Ihre Feindseligkeit. Sie verbergen sie nur ungenügend.«
Er versuchte seinen Motor anzuwerfen, gab dann auf, ließ sich von der Strömung zum Anleger treiben, die Schultern gebeugt, die Hände auf seinen wabbeligen Schenkeln, die Brust eingesunken, als habe ihn eine mittlere Kanonenkugel getroffen.
Ich mochte weder Billy Holtzner noch die Schicht, die er repräsentierte. Aber in Wirklichkeit hatten einige meiner Gefühle nichts mit seinem Verhalten zu tun.
Im Sommer 1946 war mein Vater im Lafayette-Bezirksgefängnis, weil er einen Polizisten niedergeschlagen hatte, der in Antlers Pool Room versucht hatte, ihm Handschellen anzulegen. Es war derselbe Sommer, in dem meine Mutter einen Corporal aus Fort Polk namens Hank Clausson
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