Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
oder der Gedanke an einen bezahlten FBI-Spitzel im Kopf rum«, meinte Helen.
»Woher nehmen Sie diese Information? Ihr glaubt wohl ...«, sagte sie.
»Scruggs ist der Typ, der sich im Dunstkreis des Ku-Klux-Klan bewegt. Damals in den Fünfzigern hattet ihr solche Leute auf der Gehaltsliste«, sagte ich.
»Sie reden von Dingen, die vier Jahrzehnte zurückliegen«, erwiderte Adrien Glazier.
»Angenommen, er war einer der Männer, die Jack Flynn umgebracht haben? Was, wenn er den Mord begangen hat, während er Angestellter bei der Regierung gewesen ist?« fragte ich.
»Mr. Robicheaux, Sie sitzen hier in meinem Büro. Also unterlassen Sie diese Verhörmethoden.«
Wir starrten uns stumm an, und ihre Augen erfaßten, welche Erkenntnis sich in meinem Blick abzuzeichnen begann.
»Das ist es also, was? Sie haben gewußt , daß Scruggs Megans Vater umgebracht hat. Sie wußten es die ganze Zeit. Deshalb hassen Sie sie so sehr.«
»Entweder Sie gehen jetzt freiwillig, oder ich lasse Sie rauswerfen«, sagte sie.
»Hier ist Kleenex. Ihre Augen sind verräterisch feucht, Madam. Ich kann Ihre Situation verstehen. Ich habe für das New Orleans Police Department gearbeitet und mußte die ganze Zeit über für männliche Gehirnamputierte lügen und den Kopf hinhalten«, erklärte Helen.
Wir fuhren ins Quarter und genehmigten uns Beignets, Kaffee und heiße Milch im Café du Monde. Während Helen Pralinen für ihren Neffen kaufte, ging ich über die Straße zum Jackson Square, an den Künstlern auf dem Bürgersteig vorbei, die ihre Staffeleien entlang des spitzen Eisenzauns am Park aufgestellt hatten, vorbei an der Fassade der St. Louis Cathedral, wo eine Stringband spielte, und hinüber zu einem kleinen Bücherladen in der Toulouse.
Jeder von den Anonymen Alkoholikern weiß, daß man als Säufer teilweise nur überlebt hat, weil die meisten Mitmenschen den Kontakt zu psychisch Kranken fürchten und sie in Ruhe lassen. Dasselbe Schicksal teilen jene, die mit der Gabe der Kassandra geschlagen sind. Gus Vitelli war ein zierlicher, knochiger Sizilianer, Ex-Pferdetrainer und professioneller Boureespieler, dessen linkes Bein seit einer Polioerkrankung gelähmt war und der vermutlich fast jedes Buch gelesen hatte, das im Buchhandel in New Orleans je zu haben gewesen war. Er war besessen von dem, was er »unter den Teppich gekehrte Geschichte« nannte, und sein Buchladen war voll von Material über jede Art von Verschwörungen.
Er erzählte jedem, der es hören wollte, daß die Hauptakteure sowohl beim Attentat auf John F. Kennedy als auch auf Martin Luther King aus der Gegend von New Orleans stammten. Einige der Namen, die er zu bieten hatte, waren die italienischer Gangster. Falls den Mob seine Verdächtigungen jedoch in irgendeiner Form beunruhigten, gaben sie es nicht zu erkennen. Gus Vitelli galt in New Orleans schon lange als unheilbarer Irrer.
Dabei war Gus in Wirklichkeit ein vernünftiger, intelligenter Mensch. Zumindest sah ich das so.
Er trug ein T-Shirt mit dem Aufdruck »Ich kenne Jack Shit« und schrieb Preise auf antiquarische Bücher, während ich ihm die Geschichte vom Mord an Jack Flynn und von der möglichen Beteiligung eines FBI-Spitzels erzählte.
»Würde mich nicht überraschen, wennʼs unter den Teppich gekehrt worden wäre. Hoover war kein Freund der Rosaroten und Veteranen der Lincoln-Brigade«, sagte er. Er trat an einen Büchertisch und begann einige Taschenbuchstapel neu zu arrangieren, wobei sein linkes Bein bei jedem Schritt unter ihm wegknickte. »Ich habe hier ein Handbuch über die CIA, das als Lehrbuch für Folterungen bei der honduranischen Armee geschrieben wurde. Sieh dir das Erscheinungsdatum an. 1983. Meinst du, die Leute glauben das?« Er warf mir das Handbuch zu.
»Gus, hast du je was über einen Mordauftrag an einem Kerl namens Willie Broussard gehört?«
»Du meinst eine Sache, an der die Giacanos oder Ricky Scarlotti beteiligt sind?«
»Volltreffer.«
»Von einem Mordauftrag weiß ich nichts. Aber es heißt, Ricky Scar schwitzt Blut und Wasser, weil er möglicherweise eine asiatische Verbindung aufgeben muß. Um die Wahrheit zu sagen, solche Sachen interessieren mich nicht. Leute wie Ricky bringen alle Italiener in Verruf. Mein Urgroßvater hat Bananen und Pizza von einem Lastwagen verkauft. Hat damit dreizehn Kinder großgezogen. Sie haben ihn 1890 an einer Straßenlaterne aufgehängt, weil der Polizeichef ermordet worden war.«
Ich dankte ihm und wollte gehen.
»Spielst du auf
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