Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
einschließen lassen, und jeden Morgen haben ihn die schwarzen Jungs auf dem Weg zum Frühstück angespuckt.«
»Ja und?«
»Bin gespannt, wie viele Zöglinge aus dem Bezirksgefängnis in Guidrys Zellenblock sein werden.«
Helen lenkte den Streifenwagen von der Straße und fuhr an den Wassereichen vorbei durch das Gras und seitlich an den Schuppen heran. Der Wind hatte aufgefrischt, und die Bananenstauden rieben sich knisternd an der Holzwand. Im Scheinwerferlicht sahen wir die roten Blütendolden in den Raintrees und Staubwolken, die der Wind über das festgebackene Erdreich wirbelte.
»Wo ist er?« fragte Helen. Bevor ich antworten konnte, zeigte sie auf die fahl schimmernden Reifenspuren im Gras, wo ein Wagen über die Weide gefahren war. Dann sagte sie: »Ich hab kein gutes Gefühl, Streak.«
»Keine Panik«, erwiderte ich.
»Was ist, wenn Scruggs dahintersteckt? Er bringt seit vierzig Jahren Leute um. Habe keinen Bock, blind in den großen Showdown zu taumeln und den Abgang zu machen.« Sie löschte die Scheinwerfer und entsicherte ihre Beretta, Kaliber Neun-Millimeter.
»Gehen wir generalstabsmäßig vor. Du wendest dich nach links, ich geh nach rechts ... Helen?«
» Was? «
»Vergiß es. Scruggs und Guidry sind Arschlöcher. Wenn du dich in Gefahr fühlst, gib ihnen den Blattschuß.«
Wir stiegen aus dem Wagen und gingen dreißig Meter getrennt über die Weide, die Waffen gezückt. Dann tauchte der Mond über einem Wolkenrand auf, und wir konnten die Stoßstange und den Kotflügel eines Autos erkennen, das hinter einem Brombeerdickicht parkte. Ich umkreiste das Gestrüpp von rechts und schlich zum Heck des Wagens, dann erkannte ich an den getönten Scheiben und den weichen hellen Ledersitzen Alex Guidrys Cadillac. Die Tür zum Fahrersitz stand halb offen, und ein graues Hosenbein und ein schwarzer Schnürschuh ragten über das Trittbrett ins Gras. Ich knipste die Taschenlampe in meiner Linken an.
»Legen Sie beide Hände auf den Fensterrahmen und keine Bewegung! Anderenfalls kann ich für nichts garantieren. Verstanden?« fragte ich.
Helen huschte an einem Raintree vorbei und stand im rechten Winkel zur Motorhaube des Cadillac, die Arme ausgestreckt, die Beretta in beiden Händen.
Guidry hievte sich aus dem Lederpolster, zog sich in die Senkrechte, indem er einen Arm über das offene Fenster hakte. In seiner Rechten erkannte ich die stumpfe Nickeloberfläche eines Revolvers.
»Lassen Sie die Waffe fallen!« brüllte ich. »Sofort! Keine Faxen! Guidry, werfen Sie die Waffe weg!«
Dann zuckte ein Blitz über den Himmel, und aus den Augenwinkeln sah er wohl Helen, die am Stamm des Raintree in Schußposition stand. Vielleicht versuchte er ja, den Revolver in die Luft zu halten und aus dem Wagen zu steigen, damit sie ihn in voller Größe sehen konnte, doch dabei stolperte er, torkelte auf die Weide zu, den rechten Arm gegen die Wunde in seiner Seite gepreßt. Sein weißes Hemd war blutgetränkt.
Helen jedoch, die in das grelle Licht meiner Taschenlampe blinzelte, sah nur, daß Guidry bewaffnet war.
Ich schrie laut auf oder glaubte zumindestens, eine Warnung ausgestoßen zu haben: » Er ist getroffen «, aber es war zu spät. Helen drückte zweimal ab. Plop, plop. Das Mündungsfeuer durchschnitt die Dunkelheit. Die erste Kugel traf ihn in die Brust, die zweite in den Mund.
Aber Guidrys Nacht in Gethsemane war noch nicht vorüber. Er wankte in Richtung Scheune, seine untere Gesichtshälfte zerfetzt wie eine geplatzte Frucht. Dabei schwenkte er seinen Revolver in Helens Richtung und drückte ab. Die Kugel zischte weit über den Bayou und schlug irgendwo mit einem dumpfen Geräusch in Holz.
Helen feuerte eine Kugel nach der anderen ab, und das Magazin warf unaufhörlich Patronenhülsen aus, die gegen den Baumstamm prallten, bis ich hinter ihr war und meine Hände auf ihre muskulösen Arme legte.
»Er ist tot. Es ist vorbei«, sagte ich.
»Nein, er ist da. Er hat noch geschossen. Ich habe den Blitz gesehen«, sagte sie, die Augen wild, die Sehnen in ihren Armen zuckend, als sei ihr kalt.
»Nein, Helen.«
Sie schluckte, atmete geräuschvoll durch den Mund und wischte sich den Schweiß auf der Oberlippe an der Schulter ab, ohne den beidhändigen Griff um die Beretta zu lockern. Ich ließ den Schein der Taschenlampe zur Nordseite der Scheune schweifen.
»Oh, Scheiße«, sagte sie, und es klang beinahe wie ein Flehen.
»Ruf die Zentrale an.«
»Dave, er liegt genauso da, ich meine wie ... seine
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