Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
hatte mit einem Meißel Steine aus der Krypta gebrochen und einen Sarg aufgehebelt. Dann hat er der Leiche die Ringe vom Finger, ein Paar Reitsporen und ein silbernes Medaillon abgenommen, das, wie Archer Terrebonne behauptet, das Bild zweier kleiner Mädchen enthalten hatte, die von einer Negersklavin vergiftet worden waren.
Ich habe Boxleiter mit Handschellen an eine Autostoßstange gefesselt und bin zum Haus hinaufgegangen und hab Terrebonne gesagt, daß sich ein Leichenschänder in seiner Familiengruft zu schaffen gemacht hat. Der Typ hat Eiswasser in den Adern. Er hat kein Wort gesagt. Er ist mit einer Lampe runtergegangen, hat die gelockerten Steine herausgenommen, den Sarg herausgezogen, das Gerippe und die Stoffetzen wieder hübsch zurechtgelegt und die gestohlenen Sachen der Leiche wieder angesteckt, ohne mit der Wimper zu zucken. Er hat Boxleiter nicht mal eines Blickes gewürdigt.«
»Was hast du mit Boxleiter gemacht?«
»Ihn heute früh gefeuert.«
» Du hast ihn gefeuert?«
»Billy Holtzner neigt dazu, in einigen Situationen seine Autorität zu delegieren. Er hat mir einen Zweihundertdollarbonus versprochen und ist in seinem Wohnwagen verschwunden, während ich Boxleiter abserviert habe. Hast du diesem Broussard gesagt, daß seine Frau ermordet worden ist?«
»Er ist nicht zu Hause.«
»Dave, ich sagʼs noch mal. Laß ihn nicht auf den Set, um sich zu rächen, okay?«
»Er ist kein schlechter Kerl, Clete.«
»Ja, von der Sorte gibtʼs im Camp J ne ganze Menge.«
Früh am nächsten Morgen saß ich mit Cool Breeze auf der Veranda seines Vaters und erzählte ihm in allen Einzelheiten, was der Gerichtsmediziner herausgefunden hatte. Broussard, der auf der Schwingschaukel geschaukelt hatte, hielt inne, kratzte sich am Kopf und sah zur Straße hinüber.
»Die Abschürfungen an ihrem Hinterkopf und die Druckstellen an ihren Schultern, könnten Sie das gewesen sein?« fragte ich.
»Ich habe sie die Treppe runtergestoßen. Aber sie hat mit dem Kopf nur die Fliegengitter gestreift, sonst nichts.«
»War es Ihr Baby?«
»Zwei Monate alt? Nein, wir haben nicht ... Kann unmöglich mein Kind gewesen sein.«
»Sie wissen, wo sie hin ist, nachdem sie Ihr Haus fluchtartig verlassen hatte, stimmtʼs?« sagte ich.
»Ich weiß es jetzt.«
»Bleiben Sie Alex Guidry vom Leib. Versprechen Sie mir das, Breeze.«
Er schwieg und starrte auf die Straße.
»Sonntag abend habe ich mit Harpo Scruggs geredet«, sagte ich. »Er macht n ziemlichen Wind, weil Sie gegen die Giacanos und Ricky Scarlotti ausgesagt haben.«
»Warum lochen Sie ihn nicht ein?«
»Früher oder später landen sie alle im Loch.«
»Ex-Cop, Ex-Gefängnisverwalter, der hat Nigger in Angola aus purem Spaß abgeknallt wie die Hasen. Was Sie wegen Ida gemacht haben, is mir nich entgangen. Danke.«
Dann ging er ins Haus zurück.
An diesem Tag aß ich zu Hause zu Mittag, aber Bootsie setzte sich nicht zu mir an den Küchentisch. Ich hörte sie hinter mir die Spüle säubern, Geschirr in Schränke räumen, Konservendosen im Vorratsschrank ordnen.
»Boots, allen Ernstes ... Ich glaube wirklich nicht, daß Megan Flynn romantisches Interesse an einem alternden Cop von der Mordkommission einer Kleinstadt hat«, sagte ich.
»Wirklich nicht?«
»Als ich ein Kind war, war mein Vater häufig betrunken oder im Gefängnis, und meine Mutter hatte Affären mit anderen Männern. Ich war viel allein, und aus einem unerfindlichen Grund fühlte ich mich zu Leuten hingezogen, die irgendwie nicht ganz dicht waren. Da waren eine große, fette Nonne und Alkoholikerin, die ich immer gemocht hatte, ein halbblinder Ex-Sträfling, der die Provostʼs Bar fegte, und eine Nutte an der Railroad Avenue, die mir immer einen Dollar gezahlt hat, damit ich einen Eimer Bier zu ihr in den Puff bringe.«
»Und?«
»Ein Kind aus einer zerrütteten Familie findet sich selbst in Menschen wieder, die das Leben nicht mit Samthandschuhen angefaßt hat.«
»Willst du damit sagen, daß du Megan Flynns Lieblings-›bête noire‹ bist?«
»Nein, ich bin nur ein Säufer.«
Ich hörte, wie sie schweigend hin und her ging, dann blieb sie hinter meinem Stuhl stehen und fuhr mit den Fingerspitzen durch mein Haar.
»Dave, es ist in Ordnung, wenn du dich bei den Sitzungen so nennst. Aber für mich bist du kein Säufer. Und sie sollte dich lieber auch nicht so nennen.«
Ich fühlte, wie ihre Finger über meinen Nacken glitten; dann verließ sie das Zimmer.
Zwei Tage später fuhren Helen
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