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Sumpffieber

Sumpffieber

Titel: Sumpffieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicente Blasco Ibañez
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zu reden . . . eine Sache, die er nicht bis morgen verschieben möchte.
    Von den neugierigen Blicken der Menge gefolgt, gingen die beiden ein wenig abseits. Der Schankwirt steuerte ohne Umschweife auf den Kernpunkt los.
    »Tonet, dir fehlen die Mittel, um die Sequiota auszubeuten. Stimmt das?... Nun gut, ich, dein aufrichtigster Freund, bin bereit, dir zu helfen. Du hast den Platz, ich habe das Geld. Machen wir die Sache gemeinsam.«
    Und als Tonet, der nicht wußte, was er sagen sollte, schwieg, setzte ihm Cañamel, in Angst, das lukrative Geschäft zu verlieren, noch dringlicher zu. »Du denkst doch etwa nicht daran, dir Geld bei diesen französischen Halsabschneidern in Catarroja zu leihen? Schnüren sie deinem Vater nicht die Kehle zu mit ihren Wucherzinsen? ... Bei mir hast du es mit deinem besten Freund zu tun, denn nie, zum Teufel, kann ich vergessen, daß Neleta in eurer Hütte groß wurde und daß sie dich wie einen Bruder liebt. Und wenn du zu mir kein Vertrauen hast, will ich sie rufen, damit sie dir sagt, wo dein Vorteil liegt. Soll ich sie rufen?«
    So verlockend auch das Anerbieten klang, schwankte der Kubaner doch, ob er es annehmen sollte. An die ernsten Ratschläge seines Vaters denkend, ließ er sein Auge unschlüssig über die Plaza schweifen. Da sah er, wie der Großvater ihm eifrig mit dem Kopfe zunickte.
    Paloma, der selbst schon die Hilfe des reichen Cañamel in Betracht gezogenhatte, ahnte, was dieser so eifrig seinem Enkel zutuschelte. Und er ermutigte Tonet durch neue Zeichen.
    Der Kubaner entschied sich. Neletas Gatte, der in Tonets Gesicht die Zustimmung las, beeilte sich, sofort die Bedingungen des Vertrages festzulegen. »Also, ich gebe alles notwendige Geld, und du übernimmst mit deinem Großvater die ganze Arbeit. Der Gewinn geht zur Hälfte an mich. Einverstanden?...«
    »Einverstanden!« Die beiden Männer bekräftigten ihr Abkommen durch Handschlag, um dann Neleta und den alten Paloma herbeizuwinken. Der Vertrag sollte durch ein gutes Essen in der Taverne gefeiert werden. Schnell wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht, daß der Kubaner und Cañamel Halbpart machen würden.
    Die Samaruca mußte auf Befehl des Alkalden mit Gewalt fortgeschafft werden. Wie eine Besessene tobte sie auf der Plaza umher und schrie unter Anrufung ihrer toten Schwester aus vollem Hals:
    »Dieser schamlose Cañamel! Um eines fetten Geschäfts willen entblödet er sich nicht, den Liebhaber seiner Frau ins eigene Haus zu setzen! ...«

5.
    T onets Stellung in Cañamels Etablissement änderte sich vollständig. Nun war er nicht mehr ein Gast: er war des Hausherrn Sozius, der beim Betreten der Taverne mit hochmütiger Miene dem Gezischel von Neletas Feindinnen Trotz bot.
    Wenn er jetzt den ganzen Tag dort verbrachte, so geschah das, um das große Geschäft zu besprechen. Ungeniert betrat er die Privatwohnung oder sprang zum Zeichen, wie sehr er sich zu Hause fühlte, über den Schanktisch und setzte sich neben Cañamel. Häufig verkaufte er, wenn das Ehepaar ins Innere des Hauses gerufen wurde, inzwischen die Waren aus dem kleinen Kramladen, wobei er unter dem Gelächter seiner Freunde Stimme und Gesten von Onkel Paco nachahmte.
    Der Wirt war mit seinem Sozius zufrieden.
    »Ein ausgezeichneter Junge!« äußerte er sich in Tonets Abwesenheit zu denStammgästen. »Falls er fortfährt, sich gut zu führen und hinter der Arbeit her ist, wird er es unter meiner Protektion noch weit, sehr weit bringen.«
    Auch der alte Paloma kam häufiger als bisher zur Taverne. Eine lärmende Auseinandersetzung in der stillen Hütte noch am Abend der Verlosung hatte bewirkt, daß sich die Familie in zwei Lager teilte. Toni und Borda fuhren weiter an jedem Morgen zu der kleinen Lagune, wo sie den Kampf mit dem See fortsetzten, während Tonet mit seinem Großvater den Weg zur Kneipe nahm, um mit Cañamel über das bevorstehende Unternehmen zu beratschlagen, bei welcher Gelegenheit letzterer immer wieder die Großzügigkeit rühmte, mit der er auf das Geschäft eingegangen war.
    »Ich riskiere mein Geld, ohne zu wissen, wie der Fischfang ausgehen wird, und begnüge mich mit der Hälfte vom Gewinn. Wie machen es hingegen die fremden Geldverleiher an der Küste? Gute Hypotheken und Wucherzinsen!« Sein ganzer Haß gegen diese Eindringlinge, die grimmige Rivalität in der Kunst, den Nächsten auszubeuten, vibrierte in seinen Worten. »Und wer sind diese Leute, die sich allmählich des ganzen Landes bemächtigen?... Franzosen!

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