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Suna

Suna

Titel: Suna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ziefle Pia
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    Er stand über seine Hacke gebeugt. Der Schweiß rann in seinen Nacken. Schon im Frühjahr hatte er bemerkt, dass ihm die Arbeit viel leichter von der Hand ging, wenn er gleich nach dem Frühstück einen kleinen Schluck nahm. Ein weiterer Schluck am Nachmittag, und er konnte sich abends neben seine Frau legen und schlafen, ohne sie zu berühren, das war die stillschweigende Übereinkunft zwischen ihnen gewesen. Nach Julkas Geburt wollten sie das Schicksal nicht noch einmal herausfordern.
    Die Sonne war schon verschwunden, als Ilija erwachte, die Hacke noch immer in der Hand. Er musste am Feldrand eingeschlafen sein. Und wenn er ehrlich war, dann war er zwischenzeitlich ziemlich betrunken. Er hörte ein Knattern.
    Direkt vor Ilija hielt ein Mann.
    »Komm, ich bringe dich nach Hause«, sagte er, »meine Schwester wartet auf dich.«
    Ilija winkte ab.
    »Ich muss noch das Feld bestellen«, sagte er.
    Milo lachte.
    »Willst du im Mondschein Unkraut suchen? Nimm die Hacke und schwing dich rauf!«
    Ilija sammelte sein Werkzeug ein und setzte sich zu Milo auf das Moped. Sie fuhren los.
    »Der Fahrtwind wird dir den Rausch aus dem Kopf pusten«, rief Milo und gab noch ein bisschen mehr Gas.
    Ilija kam es viel zu schnell vor. Milo schaltete das Licht ein, aber Ilija fand, man konnte von der Straße nicht wesentlich mehr erkennen als zuvor. Er hielt mit seiner linken Hand die Hacke umklammert, mit der rechten Hand krallte er sich am Sitz fest. Wie ein Affe auf seinem Baum, dachte er.
    An der letzten Kurve vor dem Dorf, dort wo die alten Pappeln standen, bremste Milo so stark, dass Ilija gegen ihn gepresst wurde und die Hacke im hohen Bogen durch die Luft flog. Ein lautes Quieken zeigte an, dass sie mitten im Schweinekoben vom alten Dragan gelandet sein musste. Milo lachte so heftig, dass er Mühe hatte, geradeaus zu fahren. Langsam fuhr er zwischen den Höfen hindurch.
    »Gestern hätte ich beinahe ein Huhn vom alten Dragan erwischt«, sagte er und drehte sich zu Ilija um.
    »Dann wird der ja begeistert sein, wenn ausgerechnet du ihn so spätabends noch störst«, brummte Ilija.
    Sein Kopf schmerzte jetzt.
    »Wieso denn ich?«, schimpfte Milo. »Ist es deine Hacke oder meine?«
    Wieder lachte er. Er hielt vor dem Hoftor und zündete sich eine Zigarette an.
    »Der alte Kroate wird dich schon nicht fressen«, sagte er zwischen zwei Zügen.
    Ilija stieg ab, nahm seine Tasche und murmelte etwas, das wie »Danke« klang.
    Er beschloss, erst am nächsten Morgen zu Dragan zu gehen. Man erzählte sich Geschichten über den Alten. Dass er gekämpft hatte, in allen Kriegen, und zwar gegen Bil­janas Vater. Dass er so manchem das Leben gerettet hatte, indem er mit seinem Messer Operationen durchgeführt hatte, obwohl er kein Arzt war. »Ganze Arme hat der abgetrennt, wenn’s nötig wurde«, sagten die Leute.
    Wenn das Gespräch auf den Krieg kam, dann nur, wenn Dragan nicht dabei war. Die Männer im Dorf hatten Re­spekt vor ihm, die Frauen jedoch gingen manchmal heimlich zu ihm, wenn sie die Reise in die Stadt zum Arzt nicht machen wollten. Hinter vorgehaltener Hand hieß es, er hätte so manche Ehe gerettet, indem er ein illegitim gezeugtes Kind beseitigt hätte, ohne dass es der Ehemann mitbekam. Außerdem trank er niemals Alkohol. Ilija legte daher keinen allzu großen Wert darauf, Dragan genau jetzt zu begegnen.
    Jetzt war es Zeit für Julka. Doch als er zu Hause ankam, stand nur Biljana im Eingang und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Sie sah nicht aus, als wäre sie leicht zu besänftigen. Er machte einen Schritt auf sie zu. Dabei geriet er ins Taumeln, stolperte und landete mit einem Geräusch auf der Bank, als wäre ein Kartoffelsack vom Lastwagen auf die staubige Straße gefallen.
    »Betrunken bist du auch noch!«, rief Biljana.
    »Wo ist das Kind?«, fragte er, viel langsamer, als er vorgehabt hatte, und nun merkte er, wie der Boden unter seinen Füßen schwankte. Trotzdem erhob er sich von der Bank und ging auf den Eingang zu.
    »Sie schläft schon«, zischte Biljana.
    Sie stemmte die Hände in die Hüften und versperrte ihm den Weg ins Haus.
    »Wenn du mit Milo saufen kannst, kannst du auch bei ihm schlafen.«
    Damit wandte sie sich um und schlug ihm die Tür vor der Nase zu. Ilija rieb sich den Kopf, starrte auf die verschlossene Tür und machte sich schließlich auf den Weg zum Stall hinüber. Dort standen die Ziegen dicht an dicht. Er schob sie zur Seite, suchte sich sauberes Stroh zusammen und legte

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