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Suna

Suna

Titel: Suna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ziefle Pia
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Kolchose nicht anschließen mussten, solange sie einen Teil ihrer Erträge dort abgaben. Dass kein Wort von dem stimmte, was Ilija gesagt hatte, erfuhr der Beamte erst viele Jahre später.
    Jetzt aber, nach der Dürre des vorvergangenen Sommers, hatten sie aufgegeben. Ilijas Land war mit dem der anderen Dorfbewohner zusammengeschlossen worden. Er hatte sich davon mehr Sicherheit und ein besseres Auskommen für die Familie erhofft, aber weil keiner sich zuständig fühlte, fehlte es die ganze Zeit über an Wasser oder an Werkzeug oder an Saatgut, trotz (oder wegen) Brüderlichkeit und Einheit.
    Das war nie vorgekommen, solange jeder seinen eigenen Acker bewirtschaftet und seine Familie selber versorgt hatte.
    »Was willst du in der Stadt arbeiten?«, fragte Milo.
    »Was man mir gibt«, sagte Ilija.
    Er war nur selten dort gewesen, so viele Menschen auf ­engem Raum konnte er nicht lange ertragen. Dass man dort auf einen Bauern wie ihn warten würde, kam ihm zwar eigenartig vor, aber er hatte dem Anwerber im Versammlungsraum geglaubt und ihm einen ziemlich großen Teil seiner Ersparnisse gegeben für eine Adresse, die er, auf einen schmutzigen Zettel geschrieben, nun in der Tasche trug.
    Es war eine Munitionsfabrik. Offiziellen Verlautbarungen nach stellte man Maschinenteile her, in Wirklichkeit aber produzierte der Betrieb Tag und Nacht Munition für alle Arten von Waffen. Gelegentlich flog ein Teil der Fabrika­tions­anlagen in die Luft, so dass die Vorarbeiter ständig auf der Suche nach neuen Arbeitskräften waren.
    Ilija wollte sich erst neue Hosen kaufen, bevor er beim Direktor vorsprach. Er erkannte an der Reaktion der Leute, dass er in seinen schmutzigen Bauernkleidern unangenehm auffiel.
    Milo lachte ihn aus.
    »Ich gehe mir lieber erst eine Arbeit suchen und gebe dann Geld aus«, sagte er.
    Sie verabredeten sich für den Nachmittag an der Brücke über den Fluss. Ilija wanderte mit staunenden Augen durch die Stadt, betrat die Läden und kaufte sich sogar an einem Stand ein kleines Mittagessen auf die Hand.
    »Julka würde das gefallen«, dachte er.
    Er sah, wie die Mädchen in ihrem Alter gekleidet waren, und so kaufte er, statt einer neuen Arbeitshose für sich, lieber ein Kleid für seine tapfere kleine Tochter.
    Ilija gingen seine Gespräche mit Biljana durch den Kopf, während er durch die Straßen der Stadt wanderte. Er kam an der Schule vorbei, die sie sich nicht leisten konnten. Sah das Portal, die Fenster der Klassenzimmer. Er sah seine Tochter, wie sie hier hineinging, das erste Bauernkind aus dem Dorf, das in der Stadt zur Schule ging, das erste Kind auf der Universität. »Deine Phantasie geht mit dir durch, du einfältiger Esel«, dachte er, und er spürte, dass er dringend etwas zu essen und noch dringender etwas zu trinken brauchen könnte. Das Paket mit Julkas neuem Kleid hielt er fest umklammert.
    Er sah Milo schon von weitem winken, da hinten an der Brücke.
    »Ilija, ich bleibe hier, ich habe Arbeit!«, rief er.
    Ilija ging rasch auf ihn zu, das waren gute Nachrichten.
    »Wann kannst du anfangen?«, fragte er.
    »Morgen«, sagte Milo, »stell dir vor, morgen schon.«
    »Unglaublich«, sagte Ilija.
    »Morgen macht das Büro wieder auf, dann gehst du hin, vielleicht nehmen sie dich auch«, sagte Milo und legte den Arm um Ilijas Schultern. (Es sah eher so aus, als würde er ihn in den Schwitzkasten nehmen.)
    »Wir gehen was trinken«, verkündete Milo, »genau hier.«
    Damit zog er Ilija in eine kleine Kneipe, rief dem Wirt seine Bestellung zu und setzte sich zu drei anderen Männern an den Tisch. Er stellte Ilija als seinen Schwager vor. Die Männer arbeiteten alle in der Munitionsfabrik, einer war sogar Schichtführer.
    Milo pries Ilija an wie ein schlachtreif gemästetes Schwein.
    »Seht ihn euch an«, sagte er, »er ist nicht gerade groß, aber er ist stark. Er ist klug, er kann sogar schreiben, und soll ich euch was sagen? Er schreibt Kyrillisch und Latein, kann das einer von euch?«
    Ilija war das unangenehm, er rutschte auf seinem Stuhl hin und her.
    »Lass«, sagte er zu Milo, aber der zischte ihm zu »warte nur, ich beschaffe dir gerade deine neue Arbeit.«
    »Also, was ist?«, fragte Milo laut in die Runde. »Nehmt ihr ihn auch oder muss er sich vor Kummer im Fluss ersäufen? Er hat Frau und Kinder zu Hause, was sollen die sagen?«
    Der Vorarbeiter lachte zwar, aber das Lachen war kurz und kantig.
    »Red dich bloß nicht um Kopf und Kragen, Milo«, sagte er. »Wir wissen, wer du

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