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Suna

Suna

Titel: Suna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ziefle Pia
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Kollegen wieder. Ich zog mit meinen Sachen bei Zeljko ein.
    Auftragszettel, Standardwerte für Maschineneinstellungen, Gradangaben für die Trocknung, exakte Mischungsanweisungen für fotoempfindliche Beschichtungen wurden meine Begleiter: neue objektive Systeme, in die mich reindenken konnte.
    Der gesamte Keller war unser Farbenlager, und wer schon einmal in einem Farbenlager gestanden hat, weiß, dass dies das wahre Herz einer Druckerei ist. Ich verlor meines hier – an Sonderlacke, Pantonefächer und Spezialfarben.
    Es störte mich nicht im Geringsten, stundenlang alleine unter der Tageslichtlampe zu stehen und winzige Portionen Magenta abzuwiegen und in große Töpfe zu geben. Oder kaum sichtbare Spuren von Cyan.
    Bevor es Mischcomputer gab, war es ein Abenteuer, die fertige Farbe in die Maschine zu füllen und zu sehen, wie sie sich während des Produktionsprozesses verhalten würde. Es war wie im richtigen Leben. Erst in der Durchführung wird sich zeigen, ob die Annahmen verlässlich und die Vorbereitungen gründlich genug gewesen sind.
    Ich war begeistert von der körperlichen Erschöpfung am Abend – vor allem, weil es eine Ursache dafür gab.
    Vielleicht war ein Teil meiner Gelassenheit auch der ständigen Verfügbarkeit lösemittelhaltiger Farben und Reiniger geschuldet, wer weiß, und meine Erdung den schweren Stahlkappenschuhen, die ich während der Schichten trug.
    Zwischen meinen lärmenden, zischenden, auf- und zuklappenden Maschinen, den Abluftgebläsen und hydrau­lischen Hebebühnen konnte ich die Augen schließen und mir vorstellen, ich wäre am Meer.
    Immer mal wieder dachte ich an die wohlgehütete Adresse und meinen Namen, ihren Namen. Die Arbeit hatte mich ein Stück weit verfestigt, verdichtet fast, und ich traute mir ein wenig besser zu, mit Antworten umgehen zu können, auch unangenehmen. Mit Zeljkos Wagen übte ich für den Führerschein und brauchte tatsächlich nur einen Anlauf für die Prüfung. Natürlich lieh er mir sein Auto, damit ich mal hinfahren könnte zu dieser Julka Lukic. Natürlich bot er mir an, mich zu begleiten, vielleicht müsste er ja übersetzen. Natürlich sagte ich, er solle sich verpissen, das mache ich allein, diese Frau besuchen, und vielleicht würde ich nur hinfahren und das Haus angucken.
    Ich sagte, dass er sich das in seinem bekloppten Kroatenhirn so leicht vorstelle, aber was, wenn diese Frau, diese Mutter, mich hatte loswerden wollen?
    Und da sollte ich so mal eben bei Julka Lukic klingeln und mich selbst hereinbitten, zum Kaffee womöglich?
    Erzähl doch mal?
    Kann man denn wissen, was vorfallen muss, damit ein Amt kommt und ein Kind herausnimmt und hierhin und später dorthin verpflanzt?
    Ist nicht schwer, sich Ungeheuerliches zu denken, nicht, wenn man den ganzen Tag Fernsehen schaute wie ich, nachdem ich es einmal entdeckt hatte. Fernsehen gab ’ s nicht zu Hause und in der Schule auch nicht. Bei Zeljko schon – den ganzen Nachmittag RTL . Wahrscheinlich habe ich von Hans Meiser mehr über das Leben gelernt als von Aristoteles.
    Natürlich würde ich da allein hinfahren und nicht auch noch Zeugen mitnehmen. Falls es schiefging, wollte ich mir wenigstens eine gute Geschichte ausdenken können.
    Und da stand ich dann. Auf einem Parkplatz vor einem Mehrfamilienhaus an einem Güterbahnhof, mitten in der Pampa, keine Chance, irgendwie unauffällig mal rüberzugehen. Ich hatte Bier dabei und Zigaretten. Ich hörte die Züge vorbeifahren, aber ich sah niemanden. Es gab eine eingezäunte braun gelbliche Rasenfläche mit einer plastikmetallenen Wäschespinne und einer lilafarbenen Kinderschaukel, und ich stellte mir vor, wie ich hier aufgewachsen wäre, andernfalls.
    Mitten im Nichts.
    Satellitenschüsseln klebten an der gelben Hauswand, in jedem Stockwerk eine. Die Fenster waren einfach verglast, von den Rahmen platzte die Farbe ab. Graue Gardinen hingen davor. Von mir aus gesehen dahinter. Nichts regte sich.
    Ich lehnte am Wagen und schob irgendein Tape ins Kassettendeck. Ich sah mich hier spielen, in diesem Garten, auf dieser Schaukel, und weil es schon draußen so klischeehaft sonderbar aussah, wollte ich gar nicht mehr wissen, was sich tatsächlich hinter den Türen und Fenstern befand.
    Vielleicht hatte es ja doch sein Gutes gehabt, auf dieser Seite dieses schäbigen kleinen Zaunes aufgewachsen zu sein. »Hör mich nur atmen, doch das beweist nichts«, sang Blixa Bargeld, »inmitten meiner Kreise, doch deren Mitte bin ich nicht.«
    Ich sah nicht

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