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vielleicht wie bei As’mala ein ungünstiger Moment? Immerhin war die Diebin auch schon einmal nicht in der Lage gewesen, auf psimagische Weise Schlösser zu öffnen.
Eine sehr eigenwillige Kraft war das, die von Sternkonstellationen abhing, mal funktionierte und mal nicht. Shanija verstand die Wirkung der Psimagie nach wie vor nicht.
Die Fiogan trugen sie in eisige Höhen hinauf. Bald schon konnte Shanija einzelne Schwebebrocken entdecken, die in der Luft über ihnen trieben. Und noch darüber hinaus verschleppten sie ihre Entführer.
»Wohin bringt ihr uns?«, rief sie nach oben.
Zu ihrer Überraschung antwortete der Fiogan über ihr sofort. »Zum ewiigen Herrrn«, schnarrte er kehlig. Shanija erkannte die Stimme. Es war derselbe Fiogan, der sie bereits zum Marktplatz geflogen hatte. »Warum verschleppt ihr uns?«
»Derr Tag ist gekommen. Hab keine Furrcht. Geh deinen Weg.«
»Kannst du auch mal eine verständliche Antwort geben?« Shanija versuchte, den aufsteigenden Ärger zu unterdrücken.
Ruhig bleiben, ganz gleich in welcher Lage
. Sie biss die Zähne aufeinander und bemühte sich um einen reservierten Ton. »Welcher Tag ist gekommen? Und wer ist dein Herr?«
»Frremde Göttin.« Die Stimme des Fiogan klang liebevoll. Shanija zuckte bei diesem Klang zusammen. »Du stellst zu viele Frragen. Ich hätte dich gerrn vorr ihm verrsteckt, aberr es ist zu spät. Jetzzt trrägst du das Schwert, also wirrst du kämpfen.«
Fremde Göttin? Shanija schüttelte den Kopf. »Du verwechselst mich. Ich bin keine Göttin. Ich bin ein Mensch.«
»Der Kampf wirrd es entscheiden«, schnarrte der Fiogan. »Wirr sind gleich da.«
In der Tat sah Shanija nun ein großes Bergmassiv vor sich, auf das problemlos ein Raumschiff der Transportklasse gepasst hätte. Karge Felsen schossen in die Höhe wie die Wände eines Vulkans. Shanija meinte das Brüllen eines Tieres zu hören, aber noch konnte sie den Boden des schwebenden Kraters nicht ausmachen.
Neben ihr keuchte Capus: »Habt ihr das gehört?« Der Dieb sah mit weit aufgerissenen Augen zu ihr herüber. »Das … das ist …«
Der Kraterschlund offenbarte sich ihren Blicken. Entsetzt sah Shanija hinab. »Was … bei den sieben Höllen …«
»Das ist Slintan.«
Sie erwachte von leisem Schluchzen. Es war fremd und erschreckend, wie kaum ein Laut, den sie bisher gehört hatte. Angespannt lauschte As’mala ins Zwielicht. Wo befand sie sich? Ihre Augen gewöhnten sich an das schwache Morgenlicht, das durch die breiten Fenster fiel. Langsam kehrte die Erinnerung zurück. Sie war im Präfektenpalast, in dieser seltsamen, dekadenten Stadt. Eigentlich hatte sie Maltes nur ablenken wollen, aber dann war da dieses Feuer in ihr gewesen, diese Lust, die er in ihr geweckt hatte. Aber warum war sie noch hier? Sie musste direkt nach dem Akt vor Erschöpfung eingeschlafen sein. Dabei hatten sie sich nur zweimal geliebt. Einmal auf dem Boden und danach auf einer schweren, mit Blattgold beschlagenen Truhe. Hatte Maltes sie danach in sein Bett gelegt? As’mala blinzelte.
Maltes
schluchzte. Warum weinte er? Hatte es mit ihr zu tun?
»Maltes?« Ihre Hand suchte nach ihm. Er saß am Rand des Bettes. As’mala setzte sich auf und blickte über seine Schulter. In seinen Händen befand sich die Pergamentrolle mit den winzigen goldenen Tierbildern. Die kräftigen Finger hielten das Pergament umklammert. Sie schlang ihren Arm um ihn, er regte sich nicht. Sein Schluchzen verklang, als habe er niemals einen Laut von sich gegeben.
»Maltes«, wiederholte sie lauter. »Was ist mit dir?«
Er saß steif und unbeweglich, eine Statue aus Stein. »Woher ist das?«, flüsterte er heiser. Der Tränenfluss auf seinen Wangen war ungebrochen. Sie beugte sich weiter vor und fühlte die Nässe an ihrer Haut. Mit einer plötzlichen Bewegung fuhr er herum, packte As’mala und drückte sie mit überraschender Kraft auf die Matratze. »Woher, bei allen Baumgöttern, hast du
das?«
As’mala schluckte. »Du … du kannst es lesen?«
Sie starrten einander an. Maltes’ Blick brannte auf ihr. »Ich will wissen, woher du das hast!«
As’mala überlegte kurz, ihn anzulügen. Und entschied sich dagegen. Im Notfall musste sie ihn eben bewusstlos schlagen und fliehen, aber noch bestand Hoffnung, dass er ihr sagte,
was
er gelesen hatte. Was ihn so aus der Fassung brachte.
»Das stammt aus dem Büro deines Vaters«, erklärte sie gelassen. »Es besteht der Verdacht, dass dein Vater einen Menschen verschleppt hat,
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