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SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)

SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)

Titel: SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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halten. Er fror erbärmlich, zitterte am ganzen Körper. Der Lärm, den die suchenden Räuber verursachten, drang wie aus einer anderen Welt zu ihm herab, brach sich zwischen den feuchten Mauern des Brunnenschachts und erreichte seine Ohren als fernes, unbedeutendes Murmeln.
    Zum ersten Mal in seinem kurzen Leben war Mun Lanaka wirklich allein. Doch er hatte keine Angst mehr. Der Tod erschien ihm auf einmal wie ein guter Freund, ein hilfreicher Nachbar, den man zum Essen einlud und mit dem man die Freuden und Nöte des Alltags teilen konnte. Er hieß ihn mit offenen Armen willkommen, denn er wusste, dass das, was kam, nicht schlimmer sein konnte, als dass, was hinter ihm lag.

    Der Draawe war ein junges Exemplar; das erkannte Mun sofort an der fast weißen Haut um die kreisförmige Sprechöffnung. Der knapp drei Meter lange Bibliothekar neigte das obere Drittel seines Wurmkörpers weit nach vorn und verschränkte die winzigen Ärmchen ineinander. Der Adept erwiderte die Begrüßung und wartete geduldig, bis sein Gegenüber sich aufrichtete.
    Auch wenn er drei Jahre unter den Herren des Zentralarchivs gelebt hatte und von ihnen unterrichtet worden war, so verspürte Mun beim Anblick der Draawen nach wie vor eine merkwürdige Scheu. Vielleicht lag es daran, dass die Bibliothekare in vielerlei Hinsicht nicht minder geheimnisvoll und mystisch verklärt waren wie die sagenhafte Urmutter. Ein Draawe verließ das Archiv niemals, verbrachte sein ganzes Leben innerhalb der Mauern des riesigen Wissensspeichers. Zwar war es den Schülern und Adepten nicht ausdrücklich verboten, anderen über die Bibliothekare zu berichten, doch kaum einer tat es. Ob dabei Verehrung, Misstrauen, Furcht oder gar Beeinflussung eine Rolle spielten, wusste Mun nicht zu sagen. Er hatte schlicht und einfach nie das Bedürfnis verspürt, über die Draawen zu sprechen.
    Der Adept erinnerte sich gut an den Tag, an dem er zum ersten Mal eines dieser Wurmwesen gesehen hatte. Der feucht glänzende Körper, die zuckenden Fühler und das rudimentäre Gesicht, vor allem aber die fehlenden Augen, hatten ihn im ersten Moment abgestoßen. Es überstieg seine Vorstellungskraft, dass diese hässlichen und plump wirkenden Würmer etwas so großes und unerreichtes wie das Zentralarchiv geschaffen haben sollten. Es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte sich umgedreht und wäre schreiend davon gelaufen.
    In den Tagen danach hatte er fast jede Nacht von den Draawen geträumt, und es waren alles andere als angenehme Träume gewesen. Es hatte Lunarien gedauert, bevor Mun seine Befangenheit und den durch nichts gerechtfertigten Ekel vor den Bibliothekaren ablegen und sich auf den Lehrplan konzentrieren konnte. Seit er seine Ausbildung abgeschlossen hatte und auf Wanderschaft gegangen war, hatte er bereits dreimal den Weg zurück ins Zentralarchiv gefunden, und die erste Begegnung mit einem Draawen war stets aufs Neue von Unbehagen und unbewusster Zurückhaltung geprägt gewesen. Die Herren des Zentralarchivs waren unsagbar fremd – vielleicht
zu
fremd, als dass ein Mensch in der Lage war, etwas anderes als einen großen, fetten, hässlichen Wurm in ihnen zu sehen.
    Nichtsdestotrotz freute sich Mun auf das, was vor ihm lag, denn die Entbürdung war nicht nur eine notwendige Prozedur, um die in seinem Gehirn gesammelten und gespeicherten Fakten auszulesen, sondern stets auch eine Befreiung. Die Reisen eines Adepten erstreckten sich für gewöhnlich über zwei, drei, manchmal auch mehr Sonnenzyklen. Nach Ablauf dieser Zeit begann er zu spüren, dass ihn die in ihm ruhenden Informationen vollständig ausfüllten, ihn in einen Zustand der inneren Unruhe und der Beklemmung versetzten. Am Ende hatte er immer öfter das Gefühl, als müsse ihm jeden Moment der Kopf platzen. Spätestens dann machte er sich auf den Rückweg nach Lakara, denn nur im Zentralarchiv konnten die Draawen ihre Aufgabe erfüllen.
    »Bist du bereit, Adept Mun?« Die Stimme des Bibliothekars erinnerte den Mann an das Knistern von Laub im Feuer und schien direkt in seinem Kopf zu entstehen. Draawen, insbesondere die jungen Exemplare, entwickelten normalerweise während der ersten Lebensjahre eine schwache telepathische Begabung, die im Alter jedoch wieder verflog.
    »Ich bin bereit«, sagte er. Der Bibliothekar drehte sich wortlos um und verließ die Wohnzelle. Die wellenförmigen Bewegungen, mit denen er seinen schimmernden Körper über den steinernen Untergrund schob, hatten etwas Hypnotisches. Mun

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