Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)

SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)

Titel: SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
Vom Netzwerk:
da unten …«, er deutete mit einem seiner langen, knochigen Finger in Richtung des Brunnens, »… und du wärst erfroren oder ertrunken. Ich beobachte diese feige Mörderbande schon ein paar Tage. Wenn Gorl und seine Spießgesellen nicht vor einer Stunde endlich abgezogen wären …«
    Mit einem Seufzen stemmte sich Alman a Sant auf die Beine. Er war weit über zwei Meter groß. Nachdenklich musterte er den Jungen vor seinen Füßen. »Geh nach Kalamarrn, Mun. Man wird sich dort um dich kümmern.«
    »Aber …«, widersprach der Junge und spürte, wie der Kloß in seinem Hals dicker und dicker wurde, »aber, ich … ich kenne dort doch niemanden …«
    »Hast du keine Verwandten?«, erkundigte sich Alman barsch. Plötzlich klang er wieder wie zuvor. Ungeduldig. Unfreundlich. Erbost. »Keine Tanten oder Onkel oder sonstige Familienangehörige?«
    Mun schüttelte nur den Kopf.
    »Geh trotzdem in die Stadt«, brummte der Mann. »Irgendjemand wird sich deiner schon annehmen. Ich habe bereits zu viel Zeit verloren.«
    »Kann ich … kann ich nicht bei
dir
bleiben?« Der Junge nahm seinen ganzen Mut zusammen. Mun wusste nicht warum, aber etwas an Alman a Sant erweckte sein Vertrauen, erzeugte ein unerklärbares Echo in seinem Geist, so als würde er den Mann schon ein ganzes Leben kennen, das viel länger als nur sechs Sonnenzyklen gedauert hatte.
    Für einen Moment schien Alman überrascht, dann brach er in schallendes Gelächter aus. Er lachte so laut und lange, dass Mun sich schon besorgt umsah, weil er fürchtete, dass Gorl und seine Räuberbande zurückkehren könnten, um nachzusehen, wer hier einen solchen Lärm veranstaltete. Dabei wanderte sein Blick hinüber zum Garek-Gehege. Der reglose Körper seiner Mutter lag nicht weit von der Umzäunung entfernt. Offenbar hatte Alman a Sant die Frau losgebunden, ihre Kleider geordnet und sie zur letzten Ruhe nahe des niedergebrannten Feuers gebettet – direkt neben ihren toten Ehemann.
    Sofort war der Schmerz wieder da. Was sollte er in Kalamarrn? Er hatte die Stadt nie gemocht – und die Menschen dort erst recht nicht. Die hatten stets von oben herab auf die Familie Lanaka geschaut, auf die schmutzigen Farmer, die am Ende der Welt lebten und in tausendmal geflickten Kleidern herumliefen. Nein, dort würde sich niemand um das Schicksal eines Waisenjungen scheren. Im besten Fall würde man ihn in die Obhut eines Fabrikbesitzers oder eines Schankwirts entlassen, wo er den Rest seines Daseins als billige Arbeitskraft fristen durfte.
    »Du bist ein lustiger Bengel«, sagte Alman a Sant, atemlos von seinem Lachanfall. »Was sollte ich wohl mit dir anfangen? Weißt du denn nicht, wer ich bin? Hast du noch nie von den Adepten des Zentralarchivs gehört? Ich bin ein Wissensträger, Kerlchen. Ich habe eine Aufgabe, eines
Mission
, und kann mich nicht um jeden dahergelaufenen Bauernjungen kümmern. Und jetzt troll dich. Wenn du sofort aufbrichst, wirst du vor Einbruch der Nacht in Kalamarrn sein.«
    Der hochgewachsene Mann drehte sich demonstrativ um und schritt zum Brunnen. Der gefüllte Holzeimer stand auf der Brunnenmauer. Alman a Sant nahm die Schöpfkelle und trank. Danach füllte er eine metallene Flasche mit dem kühlen Nass und befestigte sie am Gürtel seiner Hose, die er unter dem Mantel trug. Schließlich ging er in die Knie und überprüfte den Inhalt eines großen Leinensacks, der offenbar seine Habseligkeiten enthielt. Daneben lehnte ein fast zwei Meter langer, dicker Wanderstab.
    Mun kämpfte mit den Tränen, und er hasste sich selbst dafür. Warum konnte er nicht so groß und stark wie sein Vater sein? Pap hätte dem eingebildeten
Wissensträger
, was immer das auch sein sollte, die Tracht Prügel seines Lebens verpasst. Danach hätte Alman a Sant Mun nie wieder als »dahergelaufenen Bauernjungen« bezeichnet.
    Aber Mun war nicht groß und nicht stark. Er war ein sechsjähriger Junge, der nicht verstand, was geschehen war. War seine kleine Welt nicht gestern noch in Ordnung gewesen? Hatte sein Vater ihm nicht vor ein paar Tagen versprochen, ihn mit zur Aussaat zu nehmen und ihm zu zeigen, wie er die Gareks vor den Pflug spannte? Wie konnte sich all das in einer einzigen Nacht in Nichts auflösen?
    In diesen Minuten fällte Mun einen Entschluss. Er würde
nicht
nach Kalamarrn gehen. Er würde sich Alman a Sant anschließen, ob dieser es nun wollte oder nicht. Er würde dem hageren Adepten einfach folgen, wohin dieser auch gehen mochte. Das konnte ihm niemand

Weitere Kostenlose Bücher