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SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)

SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)

Titel: SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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zufügte, waren nichts im Vergleich zu dem Schmerz, der in seiner Brust wühlte, den ihm jeder Gedanke an seine Eltern bereitete. Wann immer auch das Gesicht seiner Mutter oder seines Vaters vor seinem inneren Auge auftauchte – es war jedes Mal so, als würde er sie aufs Neue verlieren.
    Zweimal war Alman a Sant stehen geblieben, um seinem kleinen Verfolger drohende Blicke zuzuwerfen, doch Mun ließ sich nicht einschüchtern, hatte die Blicke sogar trotzig erwidert. Und dieser Trotz in ihm wurde mit jedem zurückgelegten Kilometer stärker, half ihm, den Schmerz zu verdrängen; zumindest vorübergehend. Aus heutiger Sicht glaubte Mun, dass er damals den Schritt vom Kind zum Erwachsenen vollzogen hatte. Zwangsweise, denn als Kind hätte er die kommenden Sonnenzyklen niemals überlebt.
    Natürlich war dieser Übergang alles andere als einfach gewesen. Im Gegenteil. Er hatte ihn viel von dem gekostet, was ihn seiner Meinung nach einst ausgemacht hatte. Seinen Glauben an das Gute beispielsweise, den ihm erst Taardar wieder zurückgeben konnte. Oder die Fähigkeit, komplizierte Sachverhalte auf ihre Grundlagen zu reduzieren. Das und mehr hatte er verloren, vieles davon für immer.
    Als Gegenleistung lernte er Fähigkeiten, auf die er keinen besonderen Wert legte, die er jedoch dringend brauchte, um an Almans Seite zu bestehen. Kaltschnäuzigkeit, Phlegma, vor allem aber Leidensfähigkeit. Er lernte, sein Schicksal zu akzeptieren und die Hoffnung auf Besserung unter einem Mantel aus Duldsamkeit und vermeintlicher Unterwerfung zu verstecken. Hunger und Durst wurden seine besten Freunde, und wenn er sich nachts unter einer dünnen Decke oder einem löchrigen Moospolster zum Schlafen niederlegte, gesellten sich Kälte und Verzweiflung hinzu.
    Mun erhob sich vom Bett und nahm das Rasiermesser aus seinem Lederbeutel. Die Euphorie der Entbürdung klang noch immer in ihm nach, und er freute sich daher besonders auf das Ritual. Die regelmäßige Rasur war für die meisten der Adepten eine oftmals rituelle Pflicht, derer sie sich mit größtmöglicher Beflissenheit hingaben. Im Zentralarchiv existierten zu diesem Zweck ausgedehnte Waschräume, ein Luxus, den man auf Reisen normalerweise nicht in Anspruch nehmen konnte.
    Der Tag war noch jung und der Waschraum fast leer. Zwei weitere Adepten sahen kurz auf, grüßten Mun respektvoll und wandten sich dann wieder ihrer Morgentoilette zu. Der Wissensträger zog seinen Mantel und die restliche Kleidung aus, stellte sich unter eine der zahlreichen Springquellen und ließ sich das warme Wasser über Kopf und Körper laufen. Unwillkürlich kehrten seine Gedanken zu Alman a Sant zurück. Taardar hatte ihm viele Jahre später die Wahrheit über den Peerer eröffnet, und damit auch den Grund für seine, Muns Berufung zum Adepten. Damals hatte er von all dem natürlich nichts geahnt, denn Alman hatte keine Gelegenheit versäumt, seine körperliche Überlegenheit zu demonstrieren. Bis zum Schluss hatte er Mun nicht als Gleichberechtigten, ja nicht einmal als Schüler oder Freund betrachtet. Auf gewisse Weise erfüllte das den Adepten mit Bedauern. Ja, der Peerer war ein grausamer Tyrann gewesen. Vermutlich hatte er die Misshandlungen, die Schläge und Tritte, die er seinem Zögling, seinem
Sklaven
bei jeder sich bietenden Gelegenheit hatte angedeihen lassen, sogar genossen. Doch irgendwo tief in seinem erkalteten Herzen war ein Funke Wärme verborgen geblieben. Eine winzige Portion Barmherzigkeit, die sich ab und an, selten zwar, aber immerhin, an die Oberfläche seiner Persönlichkeit wagte.
    Mun hatte nie wieder einen Adepten kennengelernt, der so zwiespältig und in seinem Verhalten den Idealen der Gilde scheinbar so vehement widersprechend agierte. Wenn der Peerer sich abends am gemeinsamen Lagerfeuer betrank, sich über die Schlechtigkeit der Welt im Allgemeinen und die Undankbarkeit Muns im Besonderen ausließ, und den Jungen am Ende grün und blau schlug, wertete dieser das als Zeichen der Zuneigung. Der hagere Wissensträger zeigte seine Sympathie eben auf ungewöhnliche Weise.
    Manch einer hätte Mun ob solcher Interpretationen für verrückt erklärt, und vielleicht war Alman tatsächlich nur ein trunksüchtiger, menschenverachtender Psychopath gewesen, aber er hatte den Sechsjährigen schließlich aufgenommen und ihn vieles gelehrt, von dem der heute Neununddreißigjährige immer noch zehrte.
    Mun erinnerte sich nur zu gut an jenen Morgen, an dem er unterkühlt, halb verhungert und

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